Volltext: Neuer Braunauer Kalender 1901 (1901)

73 — 
Als ein Zeichen meiner unsagbaren Verehrung drücke ich hier im Geiste einige Küsse 
auf Deine weiße Hand." (Hier schnalzte ich laut dreimal mit den Lippen). 
Dies war gethan. Nun blieb mir noch übrig, ein Briefchen an Miß Arabella 
zu schreiben, sie zu bitten, den Phonographen mit sich in ihr Zimmer zu nehmen 
und zu hören, was er zu sagen habe und ihn dann mit ihrer Antwort sobald wie 
möglich zurückzusenden. Doch ehe ich mein Schreibzeug zurechtgelegt hatte, trat meine 
Wirthin bei mir ein und meldete, daß meine Waschfrau unten warte und nicht eher 
das Hans verlassen wolle, als bis ihr bezahlt würde, was ich ihr schulde. Ich bat 
nun meine Wirthin, mich von dem Plagegeiste zu befreien, sie möchte doch die Aus¬ 
lage machen, doch sie verweigerte es in lieblosester Weise. Es gab heftige Aus¬ 
einandersetzungen, die ein Ende durch Geläute draußen erhielten. Die Wirthin ging; 
ich athmete auf. 
Als sie fort war, beeilte ich mich, meinen Brief zu schreiben. 
Arabellas Herz auf diese Weise zu gewinnen, schien mir außer Zweifel. Ich 
meine Ohren in wenigen 
Minuten hören. 
Sobald mir der Diener 
den Phonographen über¬ 
geben hatte und meiner 
Wohnung den Rücken 
kehrte, stürzte ich in's 
Haus. Der Apparat war 
in mein Zimmer gestellt. 
Mit zitternden Händen 
traf ich die nöthigen Vor¬ 
kehrungen, band die elek¬ 
trische Batterie und setzte 
den Zylinder in Be¬ 
wegung. 
Zuerst hörte ich meine 
eigene Rede. Ich horchte 
athemlos zu, um die 
Worte zu verstehen. Dann 
kamen drei Küsse, die 
meine Ansprache been- 
packte nun den Phono¬ 
graphen ein, um ihn Ara¬ 
bella zu schicken. Um 
sicher zu gehen, über¬ 
brachte ich das Packet 
selbst mit dem Briefchen 
und nachdem ich von dem 
Diener, der die Thür 
öffnete, hörte, daß Miß 
Arabella zu Hause sei, 
ging ich fort und spa¬ 
zierte mit fieberhafter 
Unruhe und Erregung 
durch die meiner Woh¬ 
nung nahe gelegenen 
Straßen. Nach fast einer 
Stunde ängstlichen War¬ 
tens bemerkte ich einen 
Diener, der mein Packet 
trug, das mein Schicksal 
enthielt. Was werden 
beten. Dann trat eine Pause ein. Ich hörte mein Herz mächtig klopfen; ich strengte 
jeben Nerv an, um bie süßen Töne von Arabellas Silberstimme aufzufangen 
Horch! bas ist sie! Nein, bas ist nicht ihre Stimme. Was heißt bas? 
„Bitte, bie Waschfrau ist braußen unb forbert mit aller Entschiedenheit ihr 
Geld, sie wird nicht eher das Haus verlassen, bis sie bezahlt worden ist!" 
Was ist das? O weh! Ich hatte den Apparat nach meiner Liebeserklärung 
noch weiter arbeiten lassen und so war bie ganze Unterredung zwischen mir unb 
meiner Wirthin aufgenommen. In äußerster Bestürzung faß ich ba; starr horchte 
ich aus bie verräterischen Enthüllungen der Maschine. Meine eigene Stimme wurde 
nun hörbar. 
„Meine liebe Frau Budkins", begann es wieder. 
„O nicht liebe Frau Bndkins", sagte die andere Stimme zurückweisend. „Wenn 
Sie ein Ehrenmann sind, dann geben Sie mir den ganzen Betrag!" 
„Es steht augenblicklich nicht in meiner Macht", antwortete meine Stimme.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.