Volltext: Neuer Braunauer Kalender 1901 (1901)

gleichsam ein Sprühen. Der Wald, ein alter Fichtenbestand, hatte das Mädchen auf¬ 
genommen. Sie mochte wohl eine halbe Stunde gegangen sein, als sie plötzlich 
Schritte hinter sich hörte. Sie drehte sich um und erblickte den sie schon lange mit 
Heiratsanträgen verfolgenden Forstgehilfen Bender. 
„Du willst mich also nicht, Marie", hub Bender ohne weitere Einleitung an. 
„Du willst also nicht mein Weib werden?" 
„Ich hab' Euchs schon einmal g'sagt, Herr Bender, lass't mich in Ruh'; wann 
ich sag', ich will Euch nicht, so ist's bestimmt." 
„Du willst 
mich also nicht, 
Mädchen", 
sagte der Forst¬ 
gehilfe, tief 
Athem holend, 
„nun, so sollst 
Du auch nie 
einen anderen 
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A* M 
zum Manne be¬ 
kommen, merk' 
Dir's," wieder¬ 
holte der Forst¬ 
gehilfe mit zit¬ 
ternder Stimme. 
Ohne eine Ant¬ 
wort abzuwar¬ 
ten, kehrte er 
um und gieng 
vom Wege ab 
in den Wald. 
„Das sollst 
Du mir büßen, 
spröde Dirne, 
und musste ich 
Dich erschla¬ 
gen", sprach er 
zu sich selbst. 
„Erschlagen", 
tönte es in ihm 
tönt es, eine schwere Ahnung bedrückte ihr Gemüth. Die Worte des Forstgehilfen, 
die er ihr beim Abschied zugerufen, tönten noch immer in ihr fort. 
Plötzlich schrack sie zusammen. War das nicht der Schritt eines durch's Gehölz 
schleichenden Menschen? Zeigte sich nicht der Schatten eines Mannes dort am Wege? 
Nein, es waren Gebilde ihrer überreizten Phantasie, Gebilde, die fast jeder 
sieht, wenn er des Nachts durch den Wald geht. 
Doch halt, einige Schritte von ihr knackte es im Holze. Erschreckt fuhr sie 
zusammen, scheu nach der Gegend, von wo das Geräusch kam, hinblickend. 
„Hilfe!" scholl es langezogen durch den dunklen Forst. Doch nur einmal tönte 
der Ruf und es war wieder so ruhig wie früher. Es rieselte noch immer der feine 
Sprühregen vom Himmel herab. 
und vom Fieber¬ 
froste geschüt¬ 
telt, blieb er 
stehen, die mit 
kaltem Schweiße 
bedeckte Stirne 
trocknend; „ja, 
erschlagen, er¬ 
schlagen", 
flüsterte ihm ein 
böser Dämon 
ein, „thue es, 
bevor Dich die 
Eifersucht auf¬ 
zehrt, thue es." 
„Ich thue es, 
sprach er zu sich 
und die hohe 
Brust hob und 
senkte sich, 
gleichsam, als 
würden Riesen¬ 
gewichte auf ihr 
lasten. Ich 
thue es." 
* * 
* 
Marie gieng 
noch immer im 
Walde, in ihr 
stürmte und
	        
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