Volltext: Neuer Braunauer Kalender 1899 (1899)

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Junggeseüenfreuden. 
Humoreske von Paul B liß. 
Eduard Franke war wüthend. Alles ging heute verkehrt, 
nichts gelang. Es war eben ein Unglückstag, einer von den¬ 
jenigen Tagen, an denen sich alles verschworen zu haben 
scheint, unsere Pläne zu durchkreuzen, indem sich ein Mi߬ 
geschick an das andere reiht. 
Es war ein Donnerstag, trüb und regendrohend mit 
kalten Nordwestwinden. 
Und gleich am frühesten Morgen hatte das Pech für 
Eduard begonnen. 
Als er sich um acht Uhr vom Lager erhob, stieß er gegen 
den Nachttisch, so daß die Wasserflasche umfiel, in Scherben 
dalag uno das kalte Wasser über seine nackten Füße sich ergoß. 
Fluchend rettete Eduard sich ins Trockene, fteibete sich 
schnell an und rief dann seine Wirthin, die mit einem 
Scheuertuch der Überschwemmung Einhalt gebot. 
Das zweite Mißgeschick ereilte ihn, als er das Früh¬ 
stück nehmen wollte. Die Theekanne war so heiß, daß er 
sich die Finger verbrannte, vor Schreck ließ er die Kanne 
sinken und zerschlug so das feine japanische Service. 
Wüthend ging er in seinem Zimmer auf und ab. Nun 
kam die Morgenpost. Natürlich nur schlechte Nachrichten, 
unverhoffte Aergernisse und Enttäuschungen — anders konnte 
es auch heute ja nicht sein, denn es war eben ein Unglückstag. 
Um zehn Uhr gieng er aus. Der Erste, der ihm ent¬ 
gegenkam, war ein Freund, der ihm zwanzig Mark abborgte. 
Resigniert lächelte Eduard Der Zweite, der ihn ansprach, 
war sein Schneider. — er wollte gerade einen Wechsel prä¬ 
sentieren, — geduldig lächelnd ging Eduard mit dem Be¬ 
kleidungskünstler zurück in seine Wohnung und zahlte den 
fälligen Betrag. Da gewahrte er zu seinem Erstaunen ein 
Brieschen auf dem Schreibtisch: seine Wirthin steigerte ihn 
um zehn Mark; aber auch dazu lächelte er nur noch, er war 
eben heute auf alles gefaßt. 
Um elf Uhr gieng er zum zweiten Mal aus. 
Durch die anderen Unfälle vorsichtig geworden, schritt 
er nun behutsam aus, um nicht gar mit Jemand zusammen¬ 
zurennen oder zu fallen.
	        
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