streckten sie ihre Arme aus und riefen um Hilfe; aber die
Städter, obschon sie die Köpfe undeutlich wahrnahmen, hörten
keinen 9tuf. Als die Dämmerung ganz dem Dunkel gewichen
nnd der Vollmond aufgegangen war, begannen die Kleinen
zu frieren. Da nahm Hely ihre Schürze und schlang sie um
das Krnd, indem sie zärtlich sagte: „Das ist alles, was die
Schwester hat, um Dich warm zu halten, armer Johanni,
aber sie will Dich in ihre Arme nehmen und wir wollen
beten und Du sollst dann schlafen." So hoben die beiden
kindlichen Wanderer ihre gefalteten Händchen empor und
beteten das kleine fromme Gebet: Ich will heute schleifen gehen.
Vierzehn Englein um mich stehen u. s w.
„Der liebe Gott kann das recht gut hören, denn wir
sind ja ganz nahe bei ihm", sagte der unschuldige Johann.
Bald schlief das jüngere Kind, aus dem Boden der Gondel
sitzend und den Kopf in den Schoß seiner Schwester gelegt,
so gesund, als schliefe es zu Hause in seinem Bettchen, während
das ältere die langen, langen Stunden durchwachte, indessen
der Ballon in der stillen Nachtluft langsam dahinschwebte,
bis er im frischen Morgenwinde zn schaukeln uud zu wiegen
begann. Als sich der Morgen zeigte, leitete endlich ein glück¬
licher Zufall die tastende Hand des Mädchens zu einer Schnur,
welche mit der Klappe des Ballons in Verbindung stand.
Ein gewisses Gefühl sagte ihr, sie solle daran ziehen. Sang«
saut und sanft, als ob er von vorsichtigen Händen niederge¬
lassen würde, oder als ob ihn irgend ein himmlischer Steuer¬
mann durch die wilden Lnslströmungen führte, ihn weder in
den See, noch in den hohen Wald, noch in den unergründ¬
lichen Sumpf fallen lassend, sank der Ballon zur Erde nieder.
Die Sonne war noch nicht aufgegangen, aber das Zwie¬
licht war da, als das kleine Mädchen, übet den Rand der
Gondel blickend, die alte theure Erde näher kommen, zu ihnen
hinaufsteigen sah, wie es sagte. Aber als die Gondel festsaß,
war es zu seiner größten Enttäuschung nicht auf dem Boden,
sondern in den obersten Aesteu eines Baumes. Aber es sah,
daß sie sich in der Nähe eines Hauses befanden und bald
Hilfe kommen könnte. Deshalb weckte es seinen Bruder und
sagte ihm die gute Neuigkeit. Beide wachten dann und war¬
teten auf ihre Befreiung, einander vor Freude uud der Wärme
wegen umarmend, denn es fror sie bitter.