Die Nase.
Eine humoristische Betrachtung und Geschichte.
Die hohe Bedeutung des „Gesichtserkers" oder, wie
sich die deutschqesinnte Genossenschaft (1643) energisch aus¬
drückte, „des Löschhorns" wird schon lange und das haupt¬
sächlich von der Zeit ab, wo das Schnupfen außer Mode
gekommen ist, nicht nach Recht gewürdigt, ja geradezu ver¬
nachlässigt. Die Herren Dichter besingen Korallenlippen^
Blauäuglein, Schwanenhälse, Lilienhände, Raben- und Flachs¬
locken, ja sogar diverse Oehrchen, aber die Nase, dieses schönste
Objekt des menschlichen Antlitzes, verherrlichen sie niemals;
ein einziger nur, der große Dichter und Künstler des Hohen¬
liedes, hat es gewagt, aber selbst er hat, wie es scheint, nicht
besonders Glück damit insofern gehabt, als die Nase, die
„wie der Thurm gen Damascus schaut", sich keiner großen
Sympathie erfreut.
Wie groß sind dagegen die Schimpfereien auf dieses
edle Organ! Ganze Folianten könnte man anfüllen! Eine
anständige Nase nennt man z. B wegwerfend „Schmecker",
„Gurke" und manchen Menschen sehn die Leute es schon an
der Nase an, weß' Kind er ist. Item zeigt sich Einer sehr
wißbegierig — doch gewiß lobenswerth — so heißt es gleich:
»Der steckt die Nase in Alles" und wenn Einem etwas nicht
recht ist, urtheilt man: „Er zieht die Nase in die Höh'",
weicht man aber einer Unannehmlichkeit bei Zeiten aus, so
heißt es: „Der hat eine verdammt feine Nase" u. s. f. Die
Gymnasiasten lieben den Publius Ovidius Naso nicht gar
zu stark und das dankt dieser gute Mann jedenfalls nur
seinem unglückseligen Namen.
Ja, der Mensch kann nicht vorsichtig genug sein bei der
Wahl seines Namens und Gesichtsvvrsprunges. Das schönste
Mädchen, der vollendetste Engel in Menschengestalt, wird
durch em etwas abnormes Naschen entstellt und der näselnde
Ton macht auch den besten Redner unverdaulich.
Die unangenehmste Sache von der Welt ist aber, wenn
man zu ferner angeborenen Nase noch eine andere, fremde
erhält, wobei es sehr leicht passieren kann, daß auch ein mit
einer klassisch gestalteten Nase begabter Mensch ein höchst