Volltext: 9. Heft 1914 (9. Heft 1914)

00000000000000000 000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000 
Proben, die den Vertretern der deutschen und ausländi¬ 
schen Presse vorgelegt wurden, die barbarischen Dum- 
Dum-Geschosse wieder einmal ihre mörderische Rolle. 
Besonders sind es die auf die Höhe ihrer Zivilisation 
und ihre Menschlichkeit so pochenden Franzosen und 
Engländer, die sich nicht gescheut haben, entgegen allem 
Völkerrecht (Haager Landkriegsordnung, 23. Abs. le) 
solche Geschosse gegen uns zu verwenden. Die ganze 
Kulturwelt muß es unserm Kaiser Dank wissen, daß er in 
einer an den Präsidenten der Vereinigten Staaten ge¬ 
richteten Erklärung mit flammenden Worten gegen die 
Greuel einer derartigen Kriegsführung lauten Ein¬ 
spruch erhoben hat. Die Dum-Dum-Geschosse sind eine 
derjenigen philanthropischen Erfindungen, mit denen die 
Engländer im Verlauf ihrer Kolonialkriege die Welt 
beglückt haben. Ihren seltsamen Namen tragen sie nach 
einer indischen Ortschaft in 
der Nähe Kalkuttas, wo diese 
Geschosse ursprünglich her¬ 
gestellt worden sind. Die 
Engländer bedienten sich ihrer 
zum ersten Male im so¬ 
genannten Tschitral - Feld- 
znge, als sie mit ihren klein« 
kalibrigen Geschossen gegen 
den Ansturm der wilden 
Gebirgsvölker Kafiriftans 
nichts auszurichten vermochten. 
Die von einer oder mehreren 
Kugeln Getroffenen fochten 
oft noch stundenlang fort. 
Da sie nun nicht in aller 
Eile die Weite des Gewehr¬ 
laufes ändern konnten, än¬ 
derten sie das Geschoß der¬ 
art, daß es beim Austreffen 
nicht mehr glatt den Körper 
durchschlug, sondern, sich 
abplattend ober sich entfal¬ 
tend, zerrissene ttnb zersetzte 
Wunben setzte. Solche Wir¬ 
kung würbe erreicht, inbem 
man ben Bleikern der Ge¬ 
schosse nur zur Hälfte mit 
einem Mantel aus härterem 
Metall bekleidete und den 
Mantel weiterhin schlitzte; 
die zutage liegende Bleispitze 
wirkte geradezu sprenggeschoßartig. Später hat man 
dann die Form mehrfach verändert, und heute versteht 
man unter der Bezeichnung Dum-Dum-Geschosse eigent¬ 
lich Hohlspitzkugeln, wie solche typische Form auch eine 
der hier abgebildeten Kugeln auf weist. Im übrigen ge¬ 
nügt auch schon ein Abflachen der Geschoßspitze, sowie 
ein Anfeilen oder Aufschlitzen des Geschoßmantels an dieser 
oder jener Stelle, um dumdumartige Verwundungen 
zu erzeugen. Es darf vielleicht hervorgehoben werden, 
daß die Kugeln der mobernen Hanbfeuerwaffen für 
Kriegszwecke Spitzgeschosse sinb, aus einem Bleikern 
bestehenb, bessen Gewicht betn Geschosse den Luftwider¬ 
stand leicht zu überwinden gestattet, und einem Stahl¬ 
oder Nickelmantel, dessen Hätte die Durchschlagskraft 
des Geschosses wesentlich steigert. Während die Durn- 
Dum-Kugel infolge ihrer bis zu explosionsartiger Zer¬ 
reißung des Bleikerns beim Auftreffen aus Widerstände 
führenden Deformierung, wie man sich leicht vorstellen 
kann, entsetzliche Verwundungen erzeugt, sind bie Wun¬ 
ben, bie bie moberne Spitzkugel verursacht, gewöhnlich 
ganz glatt unb heilen in ben meisten Fällen geradezu 
überraschenb schnell. 
* * * Dr. A. Hn. 
Beobachtungsstellen. 
Im heutigen Feuerkampfe ist Trumpf: „Sehen 
und schießen, ohne selbst gesehen zu werden!" 
Der Infanterist gräbt sich bis zur Nasenspitze ein, so 
daß er nur die Augen zum Zielen und die Hände fürs 
Gewehr frei hat. Sogar der stolze Reiter muß, wenigstens 
auf unserem westlichen Kriegsschauplatz, recht oft vom 
Roß herunter und im Schützengraben das Los des 
Fußsoldaten tage-, manchmal wochenlang teilen. Nicht 
besser geht es dem Artilleristen, und zwar gleichermaßen 
dem „leichten" wie dem 
„schweren". Lange vorüber ist 
die Zeit, da die Batterie, 
im Galopp heranpreschend, 
dem Feinde auf 300 Schritt 
ihre Kartätschen entgegen¬ 
spie. Heute muß Barbaras 
Jünger seine Geschütze 
mit äußerster Ausnutzung 
aller Deckungen, welche das 
Gelände bietet, für den 
Gegner unsichtbar aufstellen, 
damit es diesem nicht gelingt, 
sie in kürzester Zeit kampf¬ 
unfähig zu machen; wird er 
doch, im feindlichen Lande 
fechtend, nur allzu oft von 
„patriotischen" Einwohnern, 
sowie von den Herren Mctues 
oder Cures hinterlistiger¬ 
weise durch Winke vom Kirch¬ 
turm oder mit Hilfe ver¬ 
borgener Fernsprechleitungen 
unterstützt. 
Natürlich muß eine 
verdeckt stehende Batterie ihr 
„Auge" haben, um ihre 
Schußwirkung beobachten zu 
können. Dieses Auge ist die 
Beobachtungsstelle. Ihr 
Sehnerv, der das Wahrge¬ 
nommene an den kräftig zu¬ 
schlagenden Arm — die Geschütze — übermittelt und 
damit dem wuchtigen Hiebe seine Richtung gibt, ist die 
Fernsprechleitung. Die Linse jenes Auges ist der 
Batteriechef mit seinem Scherenfernrohr. Das mensch¬ 
liche Auge wird durch seine Einlagerung in die knöchernen 
Höhlen des Schädels vortrefflich geschützt; man kann 
damit den Panzerschutz der Beobachtungsstände in 
Festungen vergleichen. Für den Feld- und Stellungs¬ 
krieg aber hinkt dieser Vergleich: hier fehlen oft Zeit 
und Mittel, der Beobachtungsstelle einen besseren Schutz 
zu geben als durch möglichst versteckte Lage. Ist nur 
wenig Zeit bis zum ersten Schuß, so gilt es, den ersten 
besten Punkt zu benutzen, der Übersicht gewährt. Also 
hinauf auf den nächsten Hügel, auf den Kirchturm oder 
aufs Scheunendach, auch auf die Gefahr hin, daß der 
Feind in wenigen Minuten dagegen eingeschossen ist 
und uns „wegputzt". Hoffentlich wird er unseren „Hirsch¬ 
käfer" — so nennt man zuweilen spöttischerweise den 
Phot. 81. wrotz, Berlin. 
Die völkerrechtswidrigen Dum-Dum-Geschosse in Frankreich unb 
Belgien.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.