Volltext: 73. Heft 1914/16 (73. Heft 1914/16)

Mazedonien in Besitz zu nehmen. Tetowo, bisher ein 
vorgeschobener Posten der bulgarischen Stellungen, der 
der Absperrung des nördlichen serbischen Kriegsschau- 
Platzes vom südlichen gedient hatte, konnte jetzt um so eher 
als Basis für die letzte Unternehmung in Mazedonien 
dienen, weil seit dem 28. November auch Prizren im 
Besitz der Bulgaren war. Von dort — es war der letzte 
Stützpunkt der Serben vor dem Merschreiten der albani- 
schen Grenze — waren allein wieder 3000 Gefangene 
eingebracht worden. Nun galt es, so schnell als möglich 
von Tetowo aus Dibra zu besetzen und sich dieser Gegend 
so zu versichern, daß die letzten Versuche der Serben, 
etwa von dort aus noch die Vereinigung mit den Eng- 
ländern und Franzosen herzustellen, vereitelt werden 
konnten. Ferner kam es darauf an, rechtzeitig Ochridaund 
Strug a — beide am Ochridasee — zu erreichen, von wo 
den Serben der Übertritt nach Albanien besonders er- 
leichtert worden wäre. Um noch den letzten Druck aus- 
zuüben, wurde eine Abteilung, die der Besatzung von 
Monastir den Rückzug abschneiden sollte, über Smilewo 
gegen die Straße Resna—Monastir in Marsch gesetzt. 
Wie es unterdessen in der Stadt Monastir selbst 
aussah, davon hat uns wiederum ein italienischer Bericht- 
erstatter ein anschauliches Bild gegeben. Als die ersten 
bulgarischen Patrouillen während heftigen Schnee- 
gestöbers bis auf eine Entfernung von zwei Stunden vor 
der Stadt vorgedrungen waren, brach eine förmliche 
Panik aus. Das war schon am 26. November gewesen, 
und schon damals wurden von den Behörden alle Vor- 
kehrungen für den Einzug der Bulgaren getroffen. Bald 
darauf begann eine verzweifelte Flucht. Am schreck- 
lichsten fand der Berichterstatter den Anblick einiger 
hundert österreichischer Gefangener, die in Monastir in- 
terniert gewesen und die, zu Skeletten abgemagert, mit- 
getrieben wurden. Viele stürzten noch in der Stadt zu- 
sammeu. Verschiedene serbische Läden sowie besonders 
die Bäcker wurden geplündert. Die Bulgaren aber 
schmückten ihre Häuser mit Blumen. Ein bulgarischer 
Bandenführer erließ einen Aufruf, in dem er die Bevölke- 
rung erinnerte, daß die fünfhundert Jahre türkischer 
Unterdrückung für Mazedonien nicht so schlimm gewesen 
seien 
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wie die drei Jahre serbischer Herrschaft. Unter 
solchen Umständen war na- 
türlich der letzte Rest von 
Widerstandsfähigkeit ver- 
schwunden. Die Hoffnung, 
daß ein direkter Angriff 
der Bulgaren der serbischen 
Besatzung noch eine letzte 
Gelegenheit geben werde, 
sich kämpfend zurückzu- 
ziehen, schwand auch sehr 
bald. Am 2. Dezember 
standen die Dinge so, daß 
jede Stunde den Serben 
den letzten freien Ausweg 
über Resna rauben konnte. 
Sie waren nahezu voll- 
ständig eingekesselt und 
umstellt. Da entschloß sich 
Oberst Bassitsch, der diese 
Truppen befehligte, die 
Stadt zu räumen und sich 
eiligst nach Westen zurück- 
zuziehen. So war auch 
Monastir von der serbischen 
Gewalt befreit. Am Tage 
darauf wurde die Stadt 
von den Bulgaren in Besitz 
genommen. 
Was jetzt noch geschah, 
war nur das Nachspiel des 
gewaltigen Dramas, das 
sich in dem kurzen Zeit- 
räum von wenig mehr als 
zwei Monaten abgespielt 
hatte. An den verschiede- 
nen Wergangspunkten der 
albanischen Grenze gab es 
noch Verfolgungskämpfe, 
die den noch auf serbischem 
Boden weilenden Resten 
der zertrümmerten Armee 
den letzten Zusammenhalt 
nahmen. Die meisten such- 
ten sich über Prizren über 
die Grenze zu retten.
	        
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