Volltext: 64. Heft 1914/16 (64. Heft 1914/16)

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steigerte sich das Artilleriefeuer zu jener in früheren 
Kriegen noch nicht dagewesenen Stärke, für die man 
den Ausdruck „Trommelfeuer" erfunden hat. Joffre 
machte seine Ankündigung wahr, die einen Munitions- 
einsah vorsah, der alle früheren Aufwendungen erheb- 
lich übertraf. Den Eindruck schildert trefflich ein Bericht 
von Max Osborn, der die Kämpfe in der Champagne 
in diesen Tagen erlebte. Er erzählt, wie er im Quartier 
schon aus der Ferne 
dasdumpfe Grollen 
des einsetzenden 
Artilleriekampfes 
hörte, und schreibt 
dazu: „Das war 
eineandereSprache 
als der übliche Di- 
alog der Batterien. 
Von Tag zu Tag, 
fast von Stunde zu 
Stundesteigertesich 
die Gewalt des dro- 
henden, rollenden 
Donners, der mei- 
lenweit herüber* 
tönte. Ohne Unter¬ 
laß rollte dort im 
Süden ein Gewitter 
über die Erde 
Ich stieg auf eine 
der Höhen empor, 
die die l^tadt um- 
kränzen. Furcht- 
barer noch war hier, 
abseits vom Lärm 
der Straße, der 
Schall vernehmbar. 
Nicht mehr einzelne 
Schüsse ließen sich 
unterscheiden. In 
wilder Folge jagten 
sich die Laute des 
Brüllens, des Zer- 
malmens. Der 
warme Südwind 
trug sieunmittelbar 
heran. Das war 
Trommelfeuer! 
Die grausige Musik 
der Paukenwirbel 
des Todes. Eine 
endlose Kette von Schlägen und Explosionen. Der Boden 
zitterte." Und dann der Eindruck in der Dunkelheit: 
„Im riesenhaften Umkreis blitzte und zuckte es über den 
Himmel. Ein Wetterleuchten flammte auf, wie es die 
Natur nie hervorbrachte. Die Helligkeit des Mondes, der 
mit trübem Rot aus schwarzen Wolkenschichten aufstieg, 
verblaßte gegen den grellen Schein, den die ununter- 
brochenen Abschüsse der Kanonen zweier Heere erzeugten. 
Leuchtkugeln schnellten dazwischen empor, nicht einzeln, zu 
ganzen Schwärmen, hingen wie Sterngebilde am Horizont, 
glühten und verloschen, um neuen Platz zu machen." 
Die furchtbare Größe des Eindrucks, An der der 
Schilderer der weltbewegenden Ereignisse nicht vorüber- 
gehen darf, weil sie in dem Bilde der Zeit ihre berechtigte 
Stelle hat, darf gleichwohl das Urteil des kühlen mili- 
tärischen Beobachters nicht trüben. Er weiß wohl, 
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welchen positiven Anteil an dem Erfolge auch dieser Ein- 
druck hat, weil er den Maßstab abgibt für die Seelen- 
stärke der Kämpfer. Aber die Hauptsache ist doch die 
Frage nach der unmittelbaren militärischen Wirkung, 
und diese kommt hier um so mehr in Betracht, als unsre 
Feinde auf die bloße moralische Erschütterung unsrer 
erprobten Truppen auch durch die stärksten Mittel nicht 
rechnen konnten. Hier und da schien der erste Erfolg 
auf feiten unserer 
Feinde zu sein. Das 
war dort der Fall, 
wo das Gelände 
dem Feinde von 
vornherein größere 
Vorteile bot als 
uns, oder wo be- 
sonders tüchtige Ar- 
tillerietruppen oder 
Flieger die Durch- 
schnittsWirkung zu 
steigern wußten. 
Daß es unter sol- 
chen Umständen 
unsren Gegnern 
möglich war, auf 
einzelnen Strecken 
der ungeheuer aus- 
gedehnten Front 
Teile unsrer vor- 
dersten Gräben 
durch ihr Trommel- 
feuer derart gründ- 
lich zu zerstören, 
daß ein Verbleiben 
darin und ihre Ver- 
teidigung für unfre 
Truppen gänzlich 
ausgeschlossen war, 
ist beinahe selbst- 
verständlich. Es 
fragt sich nur, was 
für weitere Folgen 
die Sache hatte, 
und ob unsre G eg- 
ner den Zweckihres 
Angriffs damit er- 
reichten. Der Zweck 
des Angriffs aber 
war, nicht'einzelne 
örtliche Nachteile 
der im Stellungskriege eingenommenen Front dadurch 
auszugleichen, daß man einzelne Teile unsrer Truppe 
aus ihren Gräben vertrieb, sondern vielmehr „durch- 
zubrechen", d. h. unsre ganze Stellung an mehreren 
Stellen in größerer Breite so gründlich über den Haufen 
zu rennen, daß die französischen und englischen Truppen 
in der Lage waren, unsre Armeen zu zersprengen und 
teilweise zu umfassen und uns so zum allgemeinen 
Rückzug zu zwingen. Die Wirkung des Artilleriefeuers 
der Franzosen und Engländer war jedoch trotz aller 
Furchtbarkeit und Heftigkeit nicht so, daß dieser Haupt- 
zweck genügend vorbereitet und gesichert wurde. Das 
ist eigentlich um so merkwürdiger, als keine Ursache 
vorliegt, von der Artillerie unsrer Feinde anders als 
mit größter Achtung zu sprechen. Sie tat ihr mög- 
lichstes, und alles war mit Sorgfalt und Umsicht vor- 
Nach einer englischen Darstellung. 
Englischer Gasangriff ans die deutsche Stellnng bei Armentieres.
	        
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