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Ptiot. Harkaniy, Wien.
54- oooooo OOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOÖOOOOOOOOOOOOOOOooooooooooooooooooooooooooooooo
der Krieg zwischen Deutschland und Rußland tatsächlich
ausgebrochen war.
In dem großen europäischen Kriege, der sich nun
so schnell entwickelt hatte, mußte die Donau-Monarchie
Rußland als ihren Hauptfeind betrachten. Daraus er¬
klärt sich, daß Österreich-Ungarn die von vielen gehegte
Erwartung, daß es nun Serbien mit großer Schnellig¬
keit niederwerfen, gleichsam überrennen werde, nicht
erfüllen konnte. Es führte den Krieg gegen Serbien
zwar im Sinne einer empfindlichen Züchtigung, in der
strategischen Anlage aber doch so, daß es nicht mehr
Kräfte einsetzte, als für den Zweck durchaus nötig waren,
um dafür möglichst viele Kräfte gegen Rußland verfüg¬
bar zu haben.
Wie richtig das war, sollte sich bald zeigen. Ru߬
land hatte Österreich-Ungarn als Gegner offenbar unter¬
schätzt. Vor allem schien es darauf zu rechnen, daß es
unter den Slawen der Monarchie Anhänger finden
werde. Die Verblendung und Selbstgefälligkeit, die in
den führenden Kreisen Rußlands durch das herrschende
Die erste in Wien gebildete Polnische Legion.
politische System geradezu gezüchtet wurden, erzeugten
den Wahn, daß die Slawen außerhalb Rußlands gegen
den wahren Charakter der russischen Herrschaft blind
seien, daß sie. nicht zu durchschauen vermöchten, wie der
von Rußland gepflegte „Panslawismus" nicht, was
dieses Wort eigentlich verhieß, eine Verbrüderung aller
Slawen, sondern die Unterwerfung aller Slawen unter
russische Willkür bedeutete.
In Wahrheit waren in Österreich-Ungarn in diesem
Augenblicke, wo es um Sein oder Nichtsein des Staates
ging, alle Parteien und Nationalitäten einig. Bismarck
war auch hierin ein rechter Seher gewesen, als er einem
zweifelnden Politiker, der von dem möglichen Zerfall
der habsburgischen Monarchie in der Stunde der Gefahr
sprach, die Antwort gab: „Wenn der Kaiser Franz
Josef zu Pferde steigt, folgen ihm alle seine Völker."
Am 30. Juli war der ehrwürdige Herrscher aus seiner
Sommerresidenz Bad Ischl nach Wien zurückgekehrt,
überall unterwegs wie nach seiner Ankunft in Wien,
auf der Fahrt vom Bahnhof nach dem Schlosse Schön¬
brunn von begeisterten Huldigungen des ganzen Volkes
begleitet.
Wie schon erwähnt wurde, hatten die Feindselig¬
keiten an der serbischen Grenze schon vor der amtlichen
Kriegserklärung, nämlich am 27. Juli, begonnen. Es
konnten zunächst nur unbedeutende Unternehmungen
sein, die aber den vortrefflichen Geist, der die österreichisch¬
ungarischen Truppen beseelte, in hellem Lichte erscheinen
ließen. Eigentümlich für die politische und militärische
Lage Serbiens war zunächst der Umstand, daß die Haupt¬
stadt des serbischen Königreichs, Belgrad, die alte aus
den Türkenfeldzügen des. Prinzen Eugen hochberühmte
Festung, unmittelbar an der ungarischen Grenze liegt,
noch dazu an einer vorspringenden Ecke des serbischen
Gebiets, so daß sie auf zwei Seiten von dem ungarischen
Boden nur durch Stromläufe getrennt ist. In diesem
Winkel, der durch die Einmündung der Save (Sau) in die
Donau gebildet wird, türmt sich auf einer Höhe zunächst
die alte Festung, hinter ihr weiter ansteigend der Park
Kalemegdan und dann auf dem Rücken der Höhe die
moderne Residenzstadt Belgrad auf. Die alten Festungs¬
werke an der Donau und Save sind für die Anforderungen
des modernen Kampfes ziem¬
lich wertlos. Es mußte aber
auch ohnedies bei solcher Lage
der Landeshauptstadt die erste
Sorge der Serben sein, den
Sitz der Regierung mit allem,
was dazu gehört, weiter.in das
Innere des Landes zu verlegen.
Bei den ersten Anzeichen des
bevorstehenden Krieges waren
deshalb alle Behörden, öffent¬
lichen Kassen usw. aus Belgrad
entfernt und nach Nisch gebracht
worden, das, im südlichen Teil
von Altserbien gelegen, mit
Belgrad durch eine Strecke
der großen Orientbahn ver¬
bunden und die zweitgrößte
Stadt des Landes ist. Aber
die Furcht, daß diese Ma߬
regel von den Gegnern durch
die Gewinnung der großen
Eisenbahnlinie gestört wer¬
den könnte, veranlaßte den
Gedanken einer Sperrung eben dieser Bahnlinie in ihrer
nördlichen Fortsetzung, wo sie nach Verlassen des Bel¬
grader Bahnhofs über die Save nach der nahen, gleich¬
falls an der Donau gelegenen ungarischen Stadt Semlin
führt. Deshalb versuchten die Serben, die große Eisen¬
bahnbrücke über die Save zu sprengen. Es glückte nur
unvollkommen, da die am andern Ufer stehenden un¬
garischen Vorposten das Werk störten. Hierbei kam es
zu den ersten Plänkeleien, die auf der Donaulinie, so¬
weit sie die Grenze bildet, auch vom Wasser aus fort¬
gesetzt wurden; denn serbische Truppen schossen auch
von Donaudampfern aus auf die Vortruppen am un¬
garischen Ufer. Dazu folgten neue Versuche der Serben,
die Sprengung der Brücke zu vollenden. Aber die öster¬
reichisch-ungarischen Truppen hatten Maschinengewehre
geschickt aufgestellt und vereitelten jene Versuche, wäh¬
rend die Stromläufe durch „Monitoren" (die auf der
unteren Donau verwendeten Flußkanonenboote) ge¬
sichert wurden. Schon in der Nacht nach der Krier--
erklärung begannen die Monitoren die Beschießung von
Belgrad; ihre Scheinwerfer arbeiteten die ganze Nacht
hindurch und halfen auch weitere nächtliche Unter-