Volltext: 58. Heft 1914/15 (58. Heft 1914/15)

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Anstrengungen der Italiener noch einmal in den Schlu߬ 
kämpfen des Herbstes bis Ende Oktober. 
Die feste Mauer der österreichisch-ungarischen Ver¬ 
teidigung zu durchbrechen, schien unmöglich. Dennoch 
setzten schon gleich nach der zweiten Jsonzoschlacht die 
Angriffe an den andren Teilen der Front wieder ein. 
Schon am 30. Juli versuchten es mehrere italienische 
Bataillone am Kleinen Pal und am Paß Lodinut öst¬ 
lich des Plöckenpasses, abermals vergeblich. In den 
darauf folgenden Wochen blieb die Lage ungefähr 
die gleiche. Die Tendenz der Italiener war augen¬ 
scheinlich die des „Anknabberns", um ein Wort Joffres 
in bezug auf die deutsche Front im Westen zu gebrauchen. 
Aus den fast unausgesetzten Artillerie- und Infanterie- 
kämpfen hoben sich einige Kampfhandlungen von etwas 
größerer Bedeutung und Ausdehnung hervor. 
So erfolgten Ende August heftige Angriffe gegen 
die Hochebene von Lafraun und Vielgereuth, eine seit 
Kriegsbeginn sehr begehrte Stellung, da sie den nächsten 
Weg nach Trient versperrt. In der Nacht vom 24. zum 
25. August wurde nach zehntägiger Beschießung aus 
schwerem Geschütz der Sturm gewagt, der mit einer 
vollständigen Niederlage der Italiener endete. Die letzten 
Tage des August' brachten dann noch einen heftigen 
Angriff im Raume von Flitsch und im nördlichen Krn- 
Gebiete. Landwehren hielten hier in erbitterten Kämpfen, 
die stellenweise zum Handgemenge .wurden, uner¬ 
schütterlich stand. Die großen Opfer des Feindes, be¬ 
sonders am 28. August früh, waren umsonst gebracht. 
In der darauffolgenden Woche versuchten die 
Italiener wieder ihr Heil am Kreuzbergsattel im Sextener 
Gebiet. Hier hatten sie sich schon mehrere Schlappen ge¬ 
holt, nun versuchten sie, in breiter Front durchzudringen, 
um ins Pustertal einzubrechen. Schon am 1. September 
setzte die Artillerievorbereitung ein, vom Rotheck bis 
zu den Dolomiten, von der Schöntalhöhe bis zur Pfann- 
spitze. In der Nacht zum 6. rückten die Infanterie- 
abteilungen heran, diesmal mehrere Brigaden stark. 
Bei Morgengrauen erfolgte der Sturm. Man ließ die 
Angreifer bis auf hundert Meter herankommen, dann 
setzte ein vernichtendes Feuer mit Gewehren, Hand¬ 
granaten, Minenwerfern und Maschinengewehren ein. 
Aber immer neue Kolonnen stürmten an, es kam bis 
zum Kampf in den Gräben, aus denen der Gegner 
erst durch einen Gegenstoß vertrieben werden mußte. 
Die Stellungen blieben in der Hand der Österreicher. 
Äußerst erfolgreich und heftig war dann am 9. Sep¬ 
tember die Abwehr gegen eine feindliche Infanterie¬ 
division, verstärkt durch Alpini und Bersaglieri, am 
Tolmeiner Brückenkopf. Dort soll das italienische In¬ 
fanterieregiment 25 allein 1000 Mann verloren haben. 
Der Kostort südlich von Lafraun wurde am 23. Sep¬ 
tember aufgegeben. Nach mehrtägigen Angriffen kamen 
die Italiener am genannten Tage früh mit zehnfacher 
Übermacht. Um der Umzingelung auf dem vorgeschobenen 
Grenzposten zu entgehen, mußten die Verteidiger aus 
dieser Stellung zurückgenommen werden. 
Dafür gewannen die Tiroler an der Dreisprachen¬ 
spitze (Stilfser Joch) weiteren Boden. 
Trotz aller vergeblichen Anstrengungen der Italiener 
fand der französische Generalissimus Joffre nach seinem 
Besuch an der Jsonzofront dennoch den Mut, an Ca- 
dorna zu depeschieren: „Brüderlich vereint mit dem 
französischen Heere marschiert das italienische Heer mit 
sicherem Schritt zum endgültigen Sieg, welchen die ver¬ 
bündeten Nationen zusammen mit gleichem Schwung 
der Herzen für Freiheit und Kultur davonzutragen 
wissen." Das war Anfang September. 
Noch einmal wiederholten sich im Oktober die An¬ 
griffe auf allen Fronten mit ziemlicher Heftigkeit. 
Es sollte wohl versucht werden, vor dem Eintritt des 
Winters dennoch irgendwo einen bemerkenswerten Er¬ 
folg zu erzielen, auch sollten wohl österreichisch-unga¬ 
rische Kräfte festgehalten werden, damit sie nicht an der 
Offensive der Mittelmächte und Bulgariens in Serbien 
teilnehmen konnten, oder man nahm auf italienischer 
Seite an, die Front sei bereits zu diesem Zwecke- ge¬ 
schwächt worden. Starke Truppenbewegungen und 
erhöhter Verkehr auf den venezianischen Bahnen wurden 
um den 1. Oktober herum durch die Flieger gemeldet. 
Schon am 3. Oktober kam es zu heftigen Angriffen 
der Italiener an der Hochfläche von Lafraun und Viel¬ 
gereuth, besonders gegen die Stellungen auf dem Plaut, 
nördlich des Maroniaberges. Die Angriffe steigerten 
sich bis zur Nacht, endlich aber wurden alle Stellungen 
behauptet. Nach mehrtägiger Pause ein neuer Versuch 
an derselben Stelle (am 7. Oktober) mit demselben 
Ausgang. Am Tage darauf gelang es den Italienern 
schon nicht mehr, dort stärkere Kräfte vorzubringen. 
Schwächere wurden unter großen Verlusten abgewiesen, 
ebenso im mitternächtigen Kampfe vom 14. auf den 15. 
Am 16. begannen dann nach mehrtägiger Artillerie¬ 
vorbereitung neue Jnfanterieangriffe gegen die Hoch¬ 
ebene von Doberdo. An der ganzen Jsonzofront wurde 
den Oktober hindurch wieder heftig gekämpft; am Krn, 
am Mrzli Vrh, am Tolmeiner Brückenkopf, bei Plava, 
Görz, am Monte Sabotino, bei Peteano. Auch diese 
dritte Jsonzoschlacht führte nicht zum Erfolg. 
Auch die Kämpfe in Kärnten und Tirol hatten sich 
in diesen Tagen gesteigert. In Südwesttirol (Judikarien) 
konnten die Italiener nordöstlich Condino den Palone be¬ 
setzen, sowie auch die Höhen nördlich und nordöstlich von 
Crosano und einige Ortschaften. Hier gingen die öster- 
reichisch-ungarischenAbteilungenindieHauptverteidigungs- 
stellung zurück. Ebenso räumten sie eine Stellung am 
Col di Lana im östlichen Teile Südtirols. Man durfte an¬ 
nehmen, daß, wenn diebessereJahreszeit dieAngreifernicht 
zum Ziel geführt hatte, dies auch dem Winter nicht be¬ 
schießen sein würde. Der nach dem Beispiel der Russen, 
Engländer und Franzosen im Oktober erfolgten Kriegs¬ 
erklärung gegen Bulgarien — als dieses Serbien angriff — 
beschloß Italien einstweilen keine praktische Folge zu geben, 
es hatte sich zu fest an der österreichischen Front verbissen. 
Die österreichisch-ungarische Verteidigungslinie war 
nirgends erschüttert. Vor dieser Linie hielten die Ita¬ 
liener noch immer das untereJsonzogebiet mitMonfalcone 
und Gradisca bis zum Rande der Hochebene von Doberdo 
besetzt, am oberen Jsonzo die Gegend um Karfreit, an 
der Ostgrenze Tirols Cortina, Borgo, weiterhin im 
Süden Ala, im' Südwesten Condino und Umgegend. 
Diese Orte und die dabeiliegenden Höhenstellungen 
waren ihnen meist schon am Anfang und fast alle kampflos 
zugefallen. Trotz aller schweren Verluste, die naturgemäß 
die der österreichisch-ungarischen Truppen um ein viel¬ 
faches übertrafen, waren sie bis auf geringfügige ört¬ 
liche Verschiebungen nicht vorwärts gekommen, und fest 
und entschlossen standen die Verteidiger wie die Mauern 
und schützten das Reich und die Heinrat.
	        
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