Volltext: 48. Heft 1914/15 (48. Heft 1914/15)

ringen, der die kritische Lage ihrer Streitkräfte in Galizien 
irgendwie hätte verbessern können. 
Am 10. Mai war es den Russen in Westgalizien 
endlich geglückt, eiligst die noch verfügbaren Verstärkungen 
heranzuziehen und mit ihrer Hilfe einen ernsten Versuch zu 
machen, die Offensive des Generalobersten von Mackensen 
aufzuhalten. Es geschah dtes in einer Linie, die von 
Besko am oberen Wislok — wo noch der Anschluß 
an die weichende Karpathenfront festzuhalten gesucht 
wurde — über Brzozow in nördlicher Richtung und dann 
mit vorgebogenem rechten Flügel in einer mehr nach 
Südwesten gerichteten Front über Dembica (östlich von 
Tarnow, an dem Übergang der Bahnlinie Krakau— 
Lemberg über die Wisloka) nach Szczncin an der Weichsel 
zur Vermeidung von Mißverständnissen ausdrücklich daran 
erinnert werden, daß die Wisloka und der Wislok zwei 
wohl zu unterscheidende Flußläufe sind; während die 
Wisloka im allgemeinen eine nördliche Richtung innehält 
und in die Weichsel mündet, biegt der weiter östlich 
fließende Wislok in seinem mittleren Lauf nach Nord¬ 
osten, in seinem unteren nach Osten um und ergießt sich 
in den San. Noch am Abend des T.Mcii gingenVormarsch- 
truppen in der Gegend von Krosno über den Wislok. 
Wiederum wurden Teile der aus den Beskiden zurück¬ 
flutenden russischen Truppen gefangengenommen, so 
daß sich die Gesamtzahl der seit dem 2. Mai gemachten 
russischen Gefangenen auf rund siebzigtausend erhöhte. 
Dieses Wanken der russischen Karpathenfront blieb nicht 
Ailophor, SBien. 
Einmarsch österreichisch-ungarischer Truppen in Tarnow. 
ungenützt. Die österreichisch-ungarischen und deutschen 
Truppen an der Front östlich vom Lupkower Sattel bis 
zum Uzsoker Paß gingen nun gleichfalls zur, Offensive 
über und drückten die jetzt von zwei Seiten und in ihren 
Verbindungen bedrohten Russen nach Norden zurück. 
Um keinen Teil der russischen Front unbeschäftigt zu 
lassen und der Bedrohung des Gegners noch größeren 
Nachdruck zu geben, wurde auch in Südostgalizien ein 
entsprechender Schritt unternommen: der Brückenkopf 
bei Zaleszczyki am Dnjestr, um den seit Wochen heiß ge¬ 
stritten wurde, fiel in die Hände der österreichisch-ungari¬ 
schen Truppen, die ihn am 8. Mai in einem entschlossenen 
Sturmangriff nahmen. Hier allerdings hatten die Russen 
noch Kraft und Mittel genug, um weitere Erfolge ihrer 
Gegner abzuwehren und einen starken Gegenangriff ein¬ 
zuleiten, der die österreichisch-ungarischen Truppen auf 
eine harte Probe stellte. Mit diesen Angriffen an der 
Dnjestrlinie war ein neuer Vorstoß auf Czernowitz ver¬ 
bunden; auch gelang es den Russen an einer Stelle, auf 
dem südlichen Dnjestrufer Fuß zu fassen. Aber die dort 
kämpfenden österreichisch-ungarischen Truppen hielten 
fest, und es gelang den Russen nicht,,einen Erfolg zu er- 
verlief. Aber die Lage war nicht mehr zu retten. Zwar 
unternahmen mehrere russische Divisionen von Sanok 
aus einen kühnen und heftigen Angriff gegen den rechten 
Flügel Mackensens bei Besko; dieser Angriff wurde jedoch 
abgeschlagen. Am Nachmittag war den stark erschütterten 
Russen nicht nur jeder weitere Angriff unmöglich gemacht, 
sondern auch ihre Stellung bei Besko durchbrochen, so 
daß sie auch hier wieder den Rückzug antreten mußten. 
Gleichzeitig hatte die Armee des Erzherzogs Josef 
Ferdinand, die den linken Flügel der Heeresgruppe 
Mackensen bildete, die russische Stellring bei Dembica 
gleichfalls durchbrochen, so daß nun die ganze Stellung 
unhaltbar geworden war. Das hatte aber noch weitere 
Folgen. Sowie der Sieg von Gorlice—Tarnow die 
russische Karpathenstellung in Mitleidenschaft gezogen 
hatte, so hatte die Tatsache, daß nun auch weiter nörd¬ 
lich in der Nähe der Weichsel die russische Frontlinie nach 
Osten zurückgedrückt wurde, die Wirkung, daß in Süd¬ 
polen nördlich der Weichsel auch die bisher immer noch 
festgehaltene Nidafront aufgegeben werden mußte. Daß 
die Kämpfe vom 10. Mai auch eine weitere Entlastung 
der Karpathen brachten, versteht, sich von selbst.
	        
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