Volltext: 31. Heft 1914/15 (31. Heft 1914/15)

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falls dürfte aber die Gesamtzahl 100 000 Mann über¬ 
stiegen haben. 
Am 25. April begann der erneute Angriff auf die 
Dardanellen. Die feindliche Flotte leitete den Kampf 
mit einem heftigen Bombardement der Anßenforts ein, 
um die Landung der Truppen zu ermöglichen. Der 
Plan der Alliierten ging in der Hauptsache dahin, die 
Forts an der Südfpitze der Halbinsel durch eine quer 
über diese hingezogene starke Truppenstellung von der 
Verbindung mit dem nördlichen Teile von Gallipoli 
abzuschneiden. Dadurch sollte die nötige Zeit gefunden 
werden, die Forts bei Sedil-Bahr und dem dicht nörd¬ 
lich davon gelegenen Ertogrul durch Massenaufgebote 
von Truppen zu erobern und zu zerstören. 
Die Nordküste der Halbinsel ist eine Steilküste, die 
vom Golf von Saros 25 Kilometer weit in die Richtung 
des Kap Suwla verläuft. Der 450 Meter hohe Prophet 
Elias ist der höchste Punkt des Rückens, von dem in meist 
plateauartiger Beschaffenheit die Bodenerhebungen in 
mehrfachen Verzweigungen zum Hellespont abgehen. 
Die längste dieser Abzweigungen ist der Höhenrücken, 
der vom Prophet Elias gegen die Enge Maidos—Kaba 
Tepe sich ausbreitet. Nächst Kaba Tepe und Maidos 
scheint eine Niederung zu bestehen. Die Südzunge der 
'Halbinsel ist erfüllt von plateauartigen Formen, die zu 
den Dardanellen Koten von 216, 215, 200 zeigen. 
Die Westküste der Gallipoli-Landzunge, wo die 
hauptsächlichsten Landungen erfolgten, liegen bedeutend 
tiefer, und die Wasserlinien zwischen diesen Boden¬ 
erhebungen haben nur einen kurzen Lauf. Viel günstiger 
liegen die Verhältnisse in Kleinasien bei Kunv-Kale und 
bei der Besikabai im Landgebiete Ilias. 
Unter dem Feuer der feindlichen Flotte erfolgten 
also die Landungen der Truppen bei Teke Burun, 
dem etwa 2 Kilometer westlich der Stellung von Ertogrul 
gelegenen Kap, ferner an der Mündung des Sighindere, 
eines nördlich von Teke Burun ins Ägäische Meer 
mündenden Flusses, sowie bei Ari Burun, nördlich von 
Kaba Tepe, einem von Ruinen gekrönten Hügel an 
der ägäischen Seite der Halbinsel, der etwa 7 Kilometer 
westnordwestlich von Maidos und ungefähr l1/* Kilometer 
von der See entfernt ist; schließlich auch bei Kum-Kale. 
Der Erfolg der Beschießung von See aus war außer 
der Sicherung der Landung ein negativer. Die An¬ 
griffsflotte mußte sich zurückziehen. Ein Torpedoboot 
sank, eines wurde so arg zerschossen, daß es weggeschleppt 
werden mußte. Die Landungsabteilungen waren nicht 
viel glücklicher. Die bei Teke Burun gelandeten Truppen 
warf ein türkischer Bajonettangriff ins Meer zurück. 
Die bei Ari Burnu ans Land gesetzten Truppen kamen 
bis an die Werke von Maidos und Kiamleh, wurden 
jedoch von den Türken aufgehalten und bis an die Küste 
zurückgedrängt. In der Nacht sah sich ein Teil der Lan¬ 
dungstruppen gezwungen, eilends auf die Schiffe zu 
flüchten. Auch gegen die übrigen gelandeten Abteilungen 
setzten sich die Türken energisch zur Wehr und führten 
ihre Gegenangriffe am 26. April mit Erfolg weiter. 
An diesem Tage wurde der Angriff von der Seeseite 
nicht erneuert, aber am 27. griffen 16 Panzerkreuzer 
und zahlreiche Torpedoboote die äußeren Meerengen¬ 
forts an und beschossen die türkischen Batterien und 
Jnfanterieverschanzungen. Das Bombardement ver¬ 
ursachte jedoch nur geringen Schaden, während sich das 
Feuer der türkischen Batterien viel wirksamer erwies. 
Unweit Sedil-Bahr wurden zwei Transportschiffe schwer 
getroffen und beschädigt. Eins kenterte und sank. Ein 
englischer Torpedobootszerstörer wurde in den Grund 
gebohrt. Das Feuer der Türken nahm auch die landenden 
Truppen stark mit, bevor sie noch festen Boden betreten 
hatten. Eine Anzahl Schaluppen und Ruderboote 
sanken mit ihren Schleppern im türkischen Granaten¬ 
hagel. Die beiden englischen Linienschiffe „Majestic" 
und „Triumph" wurden getroffen und mußten sich schwer 
beschädigt zurückziehen. An den nächsten beiden Tagen 
fand kein neuerlicher Angriff auf die Meereugenforts 
von der Seeseite her statt. Dagegen dauerte die Unter¬ 
stützung der bei Kaba Tepe und weiter südlich gelandeten 
Truppen durch Schiffsgeschützfeuer vom Ägäischen Meer 
her weiter an. Aber die türkischen Batterien waren auch 
nicht müßig. Sie schossen den französischen Panzer¬ 
kreuzer „Jeanne d'Arc" in Brand. 
Den Franzosen wurde überhaupt bei dem Angriff 
auf die Dardanellen übel mitgespielt. Ihre auf der 
anatolischen Seite bei Kum-Kale gelandeten Truppen 
wurden zuerst wieder vertrieben. Mohammedanische 
Senegaltruppen gingen zu ihren türkischen Glaubens¬ 
genossen über. Der Rest der Franzosen wurde unter 
brausenden Allahrufen gefangen, erschlagen oder flüchtete 
in die Boote. Ein türkischer Soldat watete im Wasser 
bis zu den Schultern einem Feinde nach, um ihn zu 
töten. Wie ein gefangengenommener französischer 
Korporal erzählte, habe die eine Landungsabteilung 
nach nur fünfstündigem Kampfe 5000 Tote verloren. 
Auch der Premierminister Asquith gab im Unterhause 
zu, daß die Operationen der Alliierten schwere Verluste 
verursacht haben. 
Wie der französische Angriff bei Knm-Kale, so 
kann der englische Angriff bei Kaba Tepe als völlig 
gescheitert betrachtet werden. Der Feind hielt sich dort 
Mitte Mai, unterstützt durch das Feuer von zeitweilig 
40 Kriegsschiffen, nur auf der 500 Meter tiefen Land¬ 
zunge Ari Burun, nördlich Kaba Tepe, und wurde 
nach den letzten Berichten auch dort geschlagen. 
Die Kämpfe find für die Türken langdauernd 
und schwierig, weil das Gelände schnelle Bewegungen 
erschwert und der Gegner gewaltige Schiffsartillerie 
ins Gefecht bringt. Aber an einem endgültigen Erfolg 
der türkischen Armee ist nicht zu zweifeln. 
Die Aprilkämpfe vor den Dardanellen find als 
ein Gegenstück zur mißglückten Forcierung vom 18. März 
zu betrachten. Gemeinsam ist ihnen der Mißerfolg. 
Dennoch besteht ein Unterschied. Während die Alliierten 
die schweren Schiffsverluste (in der Nähe des Hafens 
von Motto, am Eingänge zu den Dardanellen, wurde 
auch das englische Linienschiff „Goliath" von den tür¬ 
kischen Batterien zum Sinken gebracht und das englische 
Linienschiff „Jmplacable" schwer beschädigt) vor den Dar¬ 
danellen in Anbetracht der gewaltigen Flottenmacht, 
die ihnen zur Verfügung steht, leichter verschmerzen 
können, trifft sie die Zerschmetterung einer immerhin 
stattlichen Armee angesichts der Rekrutierungsverhält¬ 
nisse in England und der Volksarmut in Frankreich 
doppelt hart. Als erstes „Opfer" hat General d'Amade 
daran glauben müssen, der nach dem mißglückten Dar¬ 
danellenunternehmen abberufen wurde. F. B. 
* * 
* 
Auf Vorposten am San. 
(Aus einem Feldpostbrief.) 
Es ist ein weites, ebenes Feld, das vor mir liegt. 
In der Ferne erheben sich Ufergebüsch und Baum¬ 
gruppen, die den Fluß begleiten. Wenn man flach über
	        
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