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Es ist Nacht. Der Herbststurm heult über die Felder.
In dicken Tropsen fällt der Regen. Geschütze rasseln
die Straße entlang. Der Marschtritt von Infanterie-
regimentern tönt gedämpft durch das Prasseln des
Regens. Lichter blitzen auf. Die Kompagnien sind
todmüde. Können sich kaum aus den Beinen halten.
Durchnäßt bis auf die Haut, die Uniformen mit Dreck
beschmiert und zerrissen —, so gehen sie zurück. In ihrem
Rücken Kleingewehrfeuer und das Krachen von Feld¬
kanonen. Die Nachhut bleibt in Fühlung mit dem
Feinde. Nun wälzen fich die Regimenter durch ein
Dorf. Schreien, Toben und Zurufen. Die Pferde
werden aus den Ställen gezogen, Fuhrwerke mit
Lebensmitteln aus den Schuppen geholt. Lichter irren
durchs Dorf. Meldereiter auf fchweißbedeckteu Gäulen
galoppieren umher. Ein dumpfer Krach. Flammen
schießen empor. Funken wirbeln in die Lust. Die
deutsche Telephonzentrale mit ihrem Gerät steht in
Flammen. Lange noch brennt das Haus. Eine riesige
Fackel. Darüber, aus der Qualmwolke gebildet, die
Faust eines Riefen, die sich scharf abhebt vom geröteten
Himmel.
Und wie der junge Morgen noch mit dem Iiebel
ringt, erbebt der Boden unter den Huftritten der eng¬
lischen Reiterei. Vorweg der Führer auf schaum-
befpritztem, zitternden: Gaul. Ein Schuß, hell wie ein
Peitschenknall. Der Sattel ist leer. Und der Schoß
des Dorfes gebärt gewappnete Menschen. Kugeln
spritzen hinein in die Reiterei. Zu Tode getroffen,
röcheln die Rosse, schlagen wild mit den Hufen um sich.
Englisches Fußvolk naht, rennt hinein in den Geschoß-
hagel, das Sperrfeuer der deutschen Artillerie. Und
bricht zusammen unter den Schlägen, die der weichende
Gegner austeilt. £>, o. H.
* *
*
Ein Besuch bei unsern Minensuchern in der
Nordsee. (VII.)
Ein Gesprächinder K a jüte.
Andre Männer, andre Gesichtspunkte, neue An¬
regungen. So dachte ich, als ich mich bei dem Chef
einer Minensuchhalbslottille melden ließ, um mein Wissen
über diesen wichtigen Teil unsrer Flotte zu vervoll¬
ständigen. In liebenswürdiger Weife wurde mir ge¬
stattet, mit dem H.EHef (Halbflottillenchef), Kapitän¬
leutnant R., einige anregende Stunden in seiner ge¬
mütlichen Kajüte zu verplaudern. Draußen heulte ein
steifer Nordweststurm, der für diesen Tag ein Auslaufen
der Minensuchboote unmöglich machte. Um so besser
plauderte es sich mit meinem Gastgeber und zwei be¬
währten Kommandanten über ihr Tagewerk. Ich will
einiges aus dem Inhalt des Gesprächs hier wieder¬
geben.
Verteidigung, Defensive liegt nicht in der Natur
des Deutschen. Weder zu Lande noch zu Wasser. „Ran
an den Feind", die Losung unsrer Marine! Das war
und ist unser Leitsatz. Auch im Minenkrieg. England
hatte sich die Verwendung der Seemine nur defensiv
gedacht. Da streute ihm die „Königin Luise" gleich in
den ersten Kriegstagen eine Schiffsladung Minen vor
die Th ems emündung. Unterseeboote wurden als
Minenleger verwendet. Kein Hafen Englands von
nennenswerter Bedeutung ist von deutschen Minen ver¬
schont geblieben. Derselbe Angriffsgeist in der Minen¬
tätigkeit, wie in ber ganzen Stibeit unsrer Flotte. Be¬
schießung englischer Häfen durch Hochseestreitkräfte und
Unterseeboote. Wann fiel eine englische Schisfsgrauale
auf deutsches Land? Die zahllosen Luftschiffangriffe auf
England, die Bombenflüge unfrer Seeflieger nach
England. Ein einziges Mal, am ersten Weihnachtstage
1914, erschienen Englands Wasserflugzeuge über unsern
Norbseeküsten, zogen mit zersetztem Gefieder wieder ab
und kanten nie mehr wieder. Ein gebranntes Kind scheut
das Feuer. Der I7-Bootkrieg setzte ein, unb er zielte auf
bas Herz unsres erbittertsten Feindes, England, das,
auf den Lorbeeren Nelsons unb ber großen Admirale
ber Königin Elisabeth eingeschlafen, nun erwachte.
Hier rüttelte ein junger, angriffsfreubiger unb lebens¬
kräftiger Kämpfer an beit A igeln britischer Weltmacht.
Tödliche Furcht vor bett einfchneibenben Folgen einer
Nieberlage schreckte Englanb ans seinem Schlummer
auf. Es begann ben offensiven Minenkrieg, warf Minen
in steigenber Zahl in bie Deutsche Bucht, um ben ge¬
fürchteten, gehaßten Unterseebooten bas Auslaufen zu
wehren. Vergebens; bie Fahrstraßen für unsre Unter¬
seeboote würben offengehalten. Ohne erfolgreiche
Minenfuchtatigkeit wäre ber U-Bootkrieg jeboch bald
ins Stocken geraten. Die Arbeit wird schwerer, weil
England von uns im Verlaufe des Krieges gelernt hat.
Früher detonierte eine Mine erst einige Sekunden nach
dem Aufprallen, wenn das betreffende Schiff in vielen
Fällen schon darüber hinweggeglitten war; heute tritt
die Wirkung sofort ein. Die englischen Minen ber ersten
Kriegsmonate waren harmlos. Die heutige Gattung
ist verteufelt wirksam. Englanb hat von seinem Schüler
viel gelernt.
Ja, ben Angriffsgeist haben wir. Ihn fürchteten
bie Englänber, wenn auch ohne sebett Grunb, schon im
Frieben. Im Jahre 1913 schrieb bas „Nautical Maga¬
zine" einen Aufsatz über bentsche Kriegsfchiffstypen unb
meinte: „Der weit ausladende Rammsporn ber deutschen
Kreuzer scheint so recht charakteristisch für bie aggressive
Politik bieser Nation zu sein." War unsre Politik ag¬
gressiv? Währenb Englanb in aller Stille sich in Persien
unb am Persischen Golf festsetzte, bie Surenrepubliken
annektierte, auf bet Malaifchen Halbinsel bie Schein-
herrschaft ber eingeborenen Sultane noch mehr ein¬
grenzte, um Hintetinbien zu einer englischen Kolonie
zu machen, währenb Frankreich sich in Afrika unb Asien
ausbreitete, Marokko, Mabagaskar unter feine Herrschaft
brachte, ging Deutschland» friedlich seinem Erwerb nach.
Je mehr es aber erstarkte unb je größer seine Flotte
ward, desto mehr fürchteten die alten Seemächte West¬
europas ben jungen Mitbewerber unb bichteten ihm
Ziele an, bie er nicht hatte!
„Wie lange halten sich unsre Minen eigentlich im
Wasser?" frage ich. Nun, vor einiger Zeit haben wir
einmal, um uns von bem Zustaub unfrer eigenen, zum
Schutze ber Deutschen Bucht ausgelegten Minen zu über¬
zeugen, eine Mine geholt. Sie lag schon jahrelang im
Wasser. Das kleine Boot wirb zu Wasser gesetzt, ber
Totpebet geht hinein unb läßt sich an bas Minenfeld
heranrudern, springt ins Wasser, schwimmt an die Dom
Grund gelöste Mine heran und bricht dem teuflischen
Getier die Giftzähne aus. Die Mine kommt an Bord.
Ergebnis: Tadellos erhalten, das Material in glänzendem
Zustande, die Wirkung der Minen wahrscheinlich ebenso
fürchterlich wie ant ersten Tage, als sie vor vielen
Monaten ins Wasser glitten. Deutsches Material!
Meine Ausfragerneugierde forscht nach heiteren unb
traurigen Begebenheiten aus betn Alltagsleben ber
Minensucher. Ach, von ersteren war nicht viel zu ver-