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Nicht umsonst schreibt der Hauptschriftsteller des
„Jntransigeant" über das befreite Noyonnais: Unsere
Soldaten rücken nach Noyon und Lassigny vor. Diese
Namen haben bei uns einen unvergleichlichen Klang.
Aber im Grunde genommen sind es nur Namen
nicht mehr wert als Sandburgen Man
schlägt sich nicht um den Ruhm, sondern um den Gegner
zu besiegen. Treiben wir also unsre Oberbefehlshaber
nicht an, unsre Fahne auf diese oder jene Ruine auf¬
zupflanzen, sondern lassen wir ihnen völlige Handlungs¬
freiheit! E.
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Auf gefahrvollem Lorchposten.
Von Willy Hacker.
Daß es Horchposten geben muß, darüber waren
wir uns alle im klaren, einzelne von uns huldigten
aber der Meinung, es sei durchaus nicht nötig, daß sich
diese so weit vor den eigenen Stellungen befinden
müßten. Sei dem, wie ihm wolle, sie waren eingerichtet
und wurden, als wir die Ter Grenadiere ablösten, von
uns besetzt. Da der für- den Horchposten bestimmte
Punkt 800 Meter vor unserm Graben lag, nach dem
ein kaum sichtbarer Pfad durch den Drahtverhau und
danach noch eine Weile kreuz und quer führte, kamen
wir nur langsam vorwärts, zumal der Feind häufig
Raketen steigen ließ, bei'deren Sicht wir uns vorschrifts¬
mäßig niederwarfen, obwohl wir schon lange wußten,
daß man im Lichte der Raketen nur stehenzubleibön
braucht, um nicht gesehen zu werden.
Die von uns abgelösten Leute meldeten, daß sich
nichts von Bedeutung ereignet hätte und trollten dem
Graben zu. Wir legten uns in das muldenförmige
Loch und begannen unsern Dienst, der darin besteht,
selbst kein Geräusch zu machen, alle fremden Geräusche
zu beachten — und im gegebenen Augenblick zu handeln.
Von unserm Horchloche etwa 20 Meter entfernt
zog sich der M.-Kanal hin. Unsre Uferseite war voll¬
kommen kahl, die gegenüberliegende, von den Postierun¬
gen des Feindes besetzt, dagegen stark mit Erlen und
Haselnußsträuchern bewachsen. Über den schmalen Kanal
führt ein Steg, über den sich in besonders finstern Nächten
feindliche Patrouillen auf das diesfeitige, bezw. unsre
Patrouillen auf das jenseitige Ufer wagten.
Die Nacht war seltsam still. Nicht einmal der
sonst übliche Donner aus der Richtung des Kampfge¬
bietes von 9). störte die Ruhe. Nur ab und zu tönte
ein klagender Vogellaut oder aus weiter Ferne das
Rollen eines englischen oder französischen Autos zu
uns. Allmählich gewöhnen sich Auge und Ohr an
die Finsternis und Stille, und vernehmen auch Bilder
und Laute, die gleichsam aus dem Nichts heraus ent¬
stehen.
Am jenseitigen Ufer scheint sich ein großes Tier
zu bewegen. — Aber — ein Tier kann nicht fluchen.
Ganz deutlich höre ich „Sacre nom d'un chien!" Und
dann ein Schatten und noch einer —
Die Kameraden sind ebenfalls aufmerksam ge¬
worden, und durch einfache Handbewegungen, ohne
ein Wort zur Verständigung nötig zu haben, sind wir
übereingekommen, was wir zu tun haben. Wir greifen
nach den Handgranaten, die allabendlich von den zuerst
aufziehenden Posten mit hinaus genommen werden,
und erwarten den Feind.. Wir können uns wohl denken,
was er bezweckt. Seit wir in diefem Abschnitte liegen,
hat er gemerkt, daß das Abschießen von Patrouillen
bei uns als Liebhaberei gepflegt wird. Seine Streif¬
abteilungen wagen es also nicht mehr, über den noch
dazu im Mondschein glänzenden Steg zu gehen, sondern
versuchen es auf dem Wasserwege.
Wir haben unser Postenloch verlassen, Gewehr
um den Hals gehängt, in der linken Hand eine, in der
rechten zwei Handgranaten, und bewegen uns, auf
Knien und Ellenbogen kriechend („robben" heißt der
Fachausdruck), dem Ufer zu.
Das drüben gedämpft gerufene Wort: „Allons!“
ließ uns noch gespannter lauschen. Wenn die Franzosen
auch nicht so raffiniert waren, nach Jndianerart ihre
Ruder mit Lappen zu umwickeln, so mußte es ihnen
doch der Neid lassen, daß sie in ihrem wnrzigen Boote,
sechs Mann stark, geradezu gespensterhaft leise heran¬
kamen. Daß sie es auf unsre Horchposten abgesehen
hatten, jedenfalls zur Vergeltung für eine in vergangener
Nacht von uns abgeschossene Offizierpatrouille, darüber
waren wir nicht im Zweifel. Diese Absicht haben wir
ihnen aber versalzen.
Das Geisterschiff war noch etwa 3 Meter von unserm
Ufer entfernt— ein Pfiff — dann sausten drei deutsche
Handgranaten in das unglückliche Boot — noch drei
— und mit Gedankenschnelle die letzten.
Das Boot flog nicht auseinander, wie man hätte
vermuten sollen; in Rauch und Feuer kenterte es, und
fünf regungslose Körper trieben davon. Der sechste
war nicht zu seheu.
Dadurch, daß wir unsre gefährliche Waffen aus
so kurzer Entfernung geschleudert hatten, war ein
Kamerad am Arme durch ein Sprengstück verwundet
worden. Zum Verbinden war allerdings keine Zeit,
denn drüben wurde es lebendig, und wir zogen uns
in einen Granattrichter zurück. Wir hatten uns kaum
verstaut, da pfiffen auch schon die Geschosse eines franzö¬
sischen Maschinengewehrs über uns hin. Nachdem man
uns so etwa 10 Minuten lang gezeigt hatte, daß man
drüben auch über Munition verfügte, wurde es wieder
still, nur Leuchtkugeln flatterten noch eine ganze Weile
hoch.
Wir hatten den verwundeten Kameraden in¬
zwischen verbunden und wollten ihn eben zurückschicken,
als auch schon eine Patrouille von uns erschien, die sich
nach unserm Verbleib erkundigte und sehr erfreut war,
uns alle noch mopsfidel anzutreffen, denn auch unserm
Verwundeten stimmte die Aussicht auf ein Heimats¬
lazarett nicht traurig.
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Eine angenehme Frontüberraschung.
Die Auswahl der guten Stellungen an der West¬
front ist iefctj nicht mehr so groß als damals in dem un¬
vergeßlichen! Jahre 1915. Wohl aber kennt der Feld¬
graue, der das besondere Glück genoß, dauernd im Westen
zu sümpfen, der Stellungen genug, an die ihn keine
zehn Pferde zurückbrächten, wäre eben nicht der „Befehl"
da, gegen den nicht gemnckst wird. Es gibt der deutschen
Divisionen genug, die beim bloßen Namen „Verdun¬
front" eine Gänsehaut kriegen, denn noch immer ver¬
bindet sich ihnen mit dem bloßen Wort die Vorstellung
einer Hölle von Natur, Mensch und Teufel. Wer in den
Jahren 1916 und 1917 je an diesem ehemaligen Brenn¬
punkte gefochten hat —- und man sann beinahe fragen,
welche Division außer den Osttruppen nicht dort ge¬
kämpft hat —, der mag in feinem Leben nicht mehr
an all die Kampfstätten denken, die zu einer tragischen