Volltext: 20. Heft 1914/15 (20. Heft 1914/15)

hatten. Seit betn 25. Oktober fanden sie wieder neue waren alles Maßregeln, die zur Ausführung des ge- 
rufsische Truppen sich gegenüber. Noch drangen diese meinsamen Operationsplans der verbündeten Armeen 
feindlichen Streitkräfte nicht wieder gegen die Kar- notwendig waren. So wurden die Anordnungen auch 
pathenpäsfe vor, aber es war vorauszusehen, daß ihr im amtlichen Bericht des österreichisch-ungarischen Gene- 
erstes Erscheinen in diesen Gegenden nur die Einleitung ralstabes vor der Öffentlichkeit erläutert. „Wenn den 
eines neuen Angriffs auf Ungarn war. Vorläufig schien Russen" — so hieß es da — „an einzelnen Teilen der 
die Bestimmung eines Teils dieser Kräfte zu sein, die Front trotz der örtlich günstigen Situation gewonnener 
in der Linie Medyka—Stary Sambor stehenden Boden wieder vorübergehend überlassen wird, so ist 
Truppen zu entlasten. Am 25. Oktober begannen heftige dies in der Gesamtlage-begründet." 
Kämpfe südlich und südöstlich Stary Sambor, die In dem Bericht, den das Große Hauptquartier am 
mehrere Tage dauerten und sich um den Stützpunkt 13. September an die Zeitungen ausgab, wurde die 
Turka drehten, wobei zu beachten ist, daß dieses Städt- Kriegslage in Ostpreußen als „hervorragend gut" be- 
chen die Stelle ist, wo die über den Uzsokpaß führende zeichnet, und es konnte noch hinzugesetzt werden: „Die 
Straße das Tal des oberen Stryiflusses erreicht; zugleich russische Armee flieht in voller Auflösung." Wie aus der 
ist Turka eine Station der über die Karpathen nach früheren Erzählung erinnerlich sein wird, handelte es 
Ungvar führenden Eisenbahnlinie. Es wurde besonders sich um die glänzenden Ergebnisse der Schlacht an den 
um die Höhen nordöstlich von Turka mit der größten masurischen Seen, als Generaloberst von Hindenburg die 
Erbitterung gekämpft, und erst am 1. November fiel die sogenannte Njemen-Armee der Russen, die um Wilna for- 
Entscheidung zugunsten der Österreicher und Ungarn, miert worden war und aus den Armeekorps 2, 3, 4, 20, 
Wenigstens gaben die Russen, die ganz ungeheure Ver- ferner der 3. und 4. Reservedivision und 5 Kavallerie- 
lüste erlitten hatten, ihre Angriffe auf, während die divisionen bestand, vollständig geschlagen hatte. Es ist 
österreichisch-ungarischen Truppen sich behaupteten. Auch bekannt, daß schon am 14. September der Krieg über 
die in Südpolen zurückgehenden Streitkräfte trachten die Grenze getragen und das Gouvernement Suwalki 
in der Lysa Gora noch einmal halt, um die linke Flanke unter deutsche Verwaltung gestellt wurde. Die Trümmer 
der am San stehenden Truppen zu decken. der russischen Armee Rennenkampfs und die gleichfalls 
In der Bukowina hatte sich inzwischen schon die geschlagene Grodnoer Reserve-Armee retteten sich hinter 
Verstärkung der russischen Streitkräfte bemerkbar ge-; die litauisch-polnische Festungslinie, deren Hauptstütz¬ 
macht. Nach der Befreiung von Czernowitz hielten die Punkte auf dem hier in Betracht kommenden Teil der 
österreichisch-ungarischen Truppen im allgemeinen die Front durch die Festungen Kowno und Grodno bezeichnet 
Pruthlinie. An demselben Tage jedoch, an dem sich werden. 
die Russen wieder den Karpathenpässen südlich Prze- Das Gouvernement Suwalki wurde der Aus- 
mysl zu nähern suchten, erschienen sie zugleich auch bei gangs- und Stützpunkt der nun folgenden Kämpfe 
Nadworna vor dem linken Flügel der österreichisch- unserer deutschen Truppen. Es war von Bedeutung, 
ungarischen Stellung am Pruth und stießen am 26. Ok- daß dieses fruchtbare und verhältnismäßig blühende 
tober auf den beiden Straßen vor, die von dort zu den Gebiet des feindlichen Landes den Unterhalt der deut¬ 
nächsten Karpathenpässen, dem Jablonica- und dem scheu Truppen eine Zeitlang mittragen half; unser Ost- 
Pantyrpaß, führen. Auf der westlichen Straße zum Preußen, das durch das Eindringen russischer Truppen an 
Pantyrpaß kam es bei Pasieczna, auf der östlichen zum einzelnen Stellen schon in kurzer Zeit schwer gelitten 
Jablonica-Paß bei Zarzecze zu heftigen Gefechten, in hatte, wurde nun einigermaßen entlastet/ Um übrigens 
denen die Russen geschlagen wurden. Am 27. Oktober diese Tatsache der Überschreitung der Grenze und der 
bombardierten die Russen Czernowitz, nachdem der zur schnellen Besetzung feindlichen Gebietes recht zu wür- 
Räumung der Stadt aufgeforderte Kommandant. des digen, muß man sich klarmachen, durch welche unge- 
dort stehenden Regiments eine ablehnende Antwort Heuren Marschleistungen sie ermöglicht wurde. Nach 
gegeben hatte. Einen Angriff wagten sie zunächst nicht, dem amtlichen Bericht mußten einzelne unserer Truppen- 
so daß trotz des Schadens, den natürlich das Bombarde- teile in vier Tagen 160 Kilometer zurücklegen. Wenn 
ment angerichtet hatte, an der militärischen Lage nichts man bedenkt, daß eine Truppe, die nicht aus irgend¬ 
geändert wurde. Auch in den folgenden Tagen trugen welchen Gründen besonderen Anstrengungen ausgesetzt 
die Truppen in der Bukowina manche Erfolge davon werden soll, unter gewöhnlichen Verhältnissen im Tages- 
unb behaupteten sich in den gewonnenen Stellungen; marsch eine Entfernung von durchschnittlich 25 Kilo- 
aber es war nicht zu verkennen, daß die feindliche Uber- meter zurücklegt, so wird man beurteilen können, was 
macht mit jedem Tage drohender wurde. eine Marschleistung von nahezu 40 Kilometer täglich 
Auch in Ostgalizien war es noch bis in den November im Durchschnitt bedeutet. Es kommt hinzu, daß diese 
hinein vorwärtsgegangen. Am 5. November zogen öfter- gesteigerten Anstrengungen vier Tage hintereinander 
reichisch-ungarische Truppen in Stryi ein, so daß die Hoff- gefordert wurden, während im Frieden' schon nach drei 
nung, Lemberg wiederzugewinnen, in greifbare Nähe ge- gewöhnlichen Marschtagen, erst recht aber nach besonders 
rückt schien. Schon am Tage darauf ergab sich die Notwen- gesteigerten Leistungen, ein Ruhetag eingelegt zu werden 
digkeit, das Gewonnene im Interesse der für die Gesamt- pflegt. Und doch wurde das alles'freudig und wie etwas 
läge notwendigen Verteilung der Kräfte wieder aufzu- Selbstverständliches getan; alle Schwierigkeiten der Be¬ 
geben. Am 3. November wurden die Gefechte in der Lysa fehlsführung und der Nachführung der Heeresbedürfnisse 
Gora abgebrochen. Seit dem 6. November lösten sich auch wurden ohne ernsthafte Hemmungen überwunden, 
die Truppen östlich von Przemysl vom Feinde los und Demgegenüber sahen sich die Russen auf diesem 
begannen auf die westgalizische Stellung zurückzugehen. Teil des Kriegsschauplatzes für einige Zeit zu völliger 
Die Festung Przemysl mußte sich für eine neue Be- Ohnmacht verurteilt. Außer der Besatzung der nächst» 
lagerung rüsten; für die Verteidigung der ungarischen gelegenen Festungen hatten sie zunächst nur wenige 
Grenze wurden neue Anordnungen getroffen; auch die Truppen zur Verfügung. Auf einen so vernichtenden 
Bukowina mußte wieder preisgegeben werden. Das Schlag waren sie doch nicht vorbereitet gewesen, hatten
	        
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