Volltext: 195. Heft 1914/18 (195. Heft 1914/18)

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übrigen Fronten schwächt, diese ohiie werteres zu über¬ 
rennen. Daß die bloße Materialschlacht nicht entscheidende 
Erfolge erzielt, wenn der in der Abwehr Befindliche 
über Truppen von hohe,» moralischen Wert verfügt, 
hat die „Entente" in drei Kriegsjahren zu ihrem Schaden 
erfahren, es heißt aber anderseits die Bedeutung heu¬ 
tiger Waffenwirkung, vor allem der Maschinengewehre, 
verkennen, wenn man glaubt, dort,- wo der Feind viel¬ 
leicht nur in dürrer Linie zu stehen scheint, ohne weiteres 
leichtes Spiel zu haben. Die entscheidende Bedeutung 
des Angriffs und des Bewegungskrieges ist im Laufe 
der letzten Jahre immer wieder hervorgetreten. Daß 
noch fehlen, die man Takt nennt. ... Der kriegserfahrene 
Offizier wird bei großen und kleinen Vorfällen, man 
möchte sagen, bei jedem Pulsfchlage des Krieges, immer 
passend entscheiden und bestimmen. Durch Erfahrung 
und Übung kommt ihm der Gedanke von selbst: das eine 
geht, das andre nicht.“ Die Zahl der Übungen hat 
sich zu unsrer Zeit der Massenheere im Vergleich zu der 
vor hundert Jahren, der Clausewitz seine Betrachtungen 
widmete, noch unendlich vermehrt. Zwär verfügen wir 
über Verkehrs- und Nachrichtenmittel, wie fie in den 
Napoleonischen Kriegen noch unbekannt waren, aber 
ihre richtige Verwendung stellt auch wiederum erhöhte 
Deutsches Flakgeschütz (Fliegerabwehrkanone) 
Im Hintergrund der 
nach wie vor Kriegführen im eigentlichen Sinne An¬ 
greifen heißt, unterliegt keinem Zweifel, nicht minder 
aber, daß bei der jetzigen Waffenwirkung jeder Angriff 
sorgsamster, bis ins kleinste gehender Vorbereitungen 
bedarf, wenn er nicht zu einem vergeblichen Blutopfer 
werden soll. Das ist von denjenigen außer acht gelassen, 
die von unsrer Ende März 1918 einsetzenden Offensive er¬ 
hofften, daß fie jn kürzester Frist das Ende des Krieges 
herbeiführen würde. 
»Das Handeln int Kriege", sagt Clausewitz*), „ist 
eine Bewegung in erschwerendem Mittel. ... Jeder 
Krieg ist reich an individuellen Erscheinungen. .:. 
Die höchste Kunst ist da nötig, wo dem Entfernten alles 
von selbst zu gehen scheint. Die Kenntnis dieser Friktion 
ist ein Hauptteij der oft gerühmten Kriegseifahrung, 
welche von einem guten General gefordert wird. .. 
Man wird sie theoretisch nie ganz kennenlernen, und 
könnte man es, so würde jene Übung des Urteils immer 
*) Vom Kriege, i. Buch, 7. Kapitel. 
in Feuerstellung in bat mazedonischen Bergen. 
Entfernungsmesser 
Anforderungen an die Führung. Sodann gilt es für 
diese, die Reibungen zu überwinden, die der zweckent¬ 
sprechende Einsatz der heutigen zahlreichen technischen 
Kampfmittel mit sich bringt. Die „Friktion“ ist also feit 
Clausewitz unzweifelhaft gewachsen. 
Nur wer eine deutliche Vorstellung von allen Schwie¬ 
rigkeiten besitzt, die sich aus der jetzigen Kampf weise 
ergeben, und von den Bleigewichten, die sie an den 
Führ er willen hängen, vermag sich ein wirklich, zutref¬ 
fendes Urteil über die Bedingung eit zu bilden, denen 
eine heutige Kriegshandlung unterworfen ist. Es bleibt 
zwar immer wahr, daß die Strategie nur die Anwendung 
des gesunden Menschenverstandes auf die Kriegführung 
ist, wie Moltke sagt, und daß nach Clausewitz alles im 
Kriege sehr einfach ist. Darum ist es aber noch nicht ohne 
weiteres dem ungeschulten Vorst ellnn gsvermogen eines 
jeden zugänglich; denn nicht umsonst setzt Clausewitz 
hinzu: „Das Einfachste ist schwierig." 
Überladen wir es daher getrost unsern Feinden, 
uns Ziele anzudichten, die uns angeblich vorgeschwebt
	        
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