Volltext: 180. Heft 1914/18 (180. Heft 1914/18)

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Wölf el war es gelungen, gegen den Gipfel vorzugehen, 
die am See befindlichen Italiener waren abgeschnitten 
und wurden zusammengeschossen. Auch der über den 
Rizzoni angefetzte Zug konnte mit Feuer eingreifen. 
Schließlich knatterten die ersten Schüffe von der Punta 
dei'Ort und fegten flankierend über den verloren- 
gegangenen Teil der Stellung. Nachmittags 4 Uhr kam 
die ersehnte Meldung: „Der Allochet ist wieder gewonnen!" 
Die Italiener gingen vom Feuer verfolgt auf der ganzen 
Linie zurück. Der Tag war unfer. Die Verluste des 
Gegners waren etwa 1000 Mann, meine 9 Tote und 
28 Verwundete. 
Die alpmtechnischen Schwierigkeiten waren sehr er- 
heblich; der Aufstieg mit dem Maschinengewehr auf die 
Punta del'Ort eine ganz hervorragende alpine Leistung. 
Ich erwartete, daß die Katzelmacher den Angriff mit 
stärkeren Kräften wiederholen würden, denn der Selle- 
Stellung gegenüber stand eine ganze Division, aber sie 
hatten von diesem Tage genug. Leider, denn am Abend 
bekam ich eine Kompagnie und eine halbe Batterie Ver- 
stärkung, und wir hätten sie gern noch einmal ab- 
geschmiert. 
So anstrengend und schwierig der Kampf in den 
Felsen auch sein mag, für den Gebirgskundigen ist gerade 
diese Mischung von Kampf und Hochtouristik von ganz 
besonderem Reiz. Die Zeit, die wir auf den Zinnen 
der Dolomiten kämpften, rechnen ich und meine Leute 
mit zu den schönsten des Lebens. 
* * 
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Ausbildung im Kriege. 
Die überraschend großen Massenheere des neuzeit- 
lichen Krieges haben eine schnelle Massenausbildung zur 
Vorbedingung, nachdem kein Staat Europas sich im 
Frieden auf diesen Soldatenbedarf vorbereitet hat^ der 
alle Erwartungen übertraf. 
Die Hauptaufgabe der raschen, anderseits aber doch 
für einen Waffengang auf Leben und Tod bestmöglichsten 
Ausbildung, haben unsre Ersatztruppenteile in der Hei- 
mat glänzend gelöst. Über schlechte Ausbildung, die sich 
— wie bei den frifch ausgebildeten Engländern — in 
einem deutlich fühlbaren Nachlassen des Kampf wertes 
der Truppe zeigt, haben wir nicht klagen brauchen. 
Allerdings haben auch wir einen andren Maßstab an 
die Ausbildung anlegen müssen, als in Friedenszeiten. 
Das vergessen die Leute, die immer behaupten: an der 
Kriegsausbildung, die sich nach Aussage der militä- 
rischen Fachleute ja bewährt hat, sieht man, daß die 
zwei- bis dreijährige Friedensausbildung recht unnütze 
Zeitverschwendung war. 
Die Kunst der Heimatausbildung bestand neben der 
Schnelligkeit in der Anpassungsfähigkeit. 
Der weitaus größte Teil der Friedensausbildung 
war, wie zu erwarten, kriegsbrauchbar gewesen, da die 
deutschen Ausbildungsvorschriften von jeher danach be- 
strebt Wasen, nur das zu verlangen, was im Kriege not- 
wendig sein würde. So haben wir nur verhältnismäßig 
wenig abgestreift, und was wir bei der schnellen Kriegs- 
ausbildung nicht mehr lehren, ist für ruhige Zeiten nicht 
ohne weiteres zu verwerfen Es sei in diesem Zusammen- 
hang nur die Streitfrage des Exerziermarsches gestreift, 
der dem deutschen Militär eigentümlich ist und eine rasche 
Stärkung der Beinmuskeln gestattet, selbst wenn für das 
Exerzieren nur wenig Platz zur Verfügung steht. 
Hinzulernen mußte man zur Friedensausbildung 
Beträchtliches. Aber welcher Beruf hat in diesem Welt¬ 
krieg, der wie eine Elementargewalt weit über mensch- 
liches Berechnen hinausging, nichts hinzugelernt? Der 
.Stellungskrieg mit all seinen Angriffs- und Verteidi- 
gungsmitteln ist nur der erweiterte Kampf um Festun- 
gen, wie er im Reglement stand. Er mußte jedoch noch 
mehr Gemeingut werden. Rasch hatten alle Waffen den 
Pionieren das Werfen der Handgranaten abgelernt. 
Die Infanterie wurde ihr eigener Sappeur. Die Ar- 
tülerie konnte bald betonieren. Die Kavallerie befreun- 
dete sich mit dem Schützengraben, mit den Maschinen- 
gewehren und Minenwerfern. 
Nach einem gewiffen Abschluß der Ausbildung, die 
meist bei einer Besichtigung durch höhere Vorgesetzte 
geprüft wurde, kamen die Mannschaften mit den neuen 
Kenntnissen zur Fronttruppe, wo ihre Ausbildung we- 
sentlich gefestigt wurde; sei es in besonderen Rekruten- 
depots, oder in stündlicher Anwendung des Gelernten 
unter Anleitung des kriegserprobten Stammes von 
Unteroffizieren und Mannfchaften in der Kompagnie, 
Batterie oder Eskadron. 
Der Krieg ist ein guter Lehrmeister. Bei der großen 
Ausdehnung der Fronten ist es jedoch natürlich, daß an 
Brennpunkten befonders viel gelernt wird. Die neusten 
Erfahrungen müssen nun möglichst vielen Truppenteilen 
bekanntgegeben werden, um diese vorzubereiten. Das 
kann durch schriftliche Weitergabe, besser noch durch 
Unterrichtskurse erreicht werden. Solche Privatstunden 
benötigen vor allem die Spezialkommandos der Truppe. 
Bald finden hinter der Front Nachrichtenkurse statt, pm 
Angehörige anderer Waffen in der Wissenschaft der Fern- 
sprechtruppe auszubilden. Bald müssen neue Truppen- 
köche eingelernt werden, wozu man Musterküchen bei 
Divisionen und Generalkommandos einrichtet. Der 
ständig wachsende Bedarf an Maschinengewehrmann- 
schaften zwingt zu praktischen Kursen mit sorgfältiger 
Diensteinteilung hinter der Front. Auch die Heimat hilft 
hierbei mit und entlastet die Feldstellen. 
Repetitio est mater studiorunu Das gilt für die 
militärische Ausbildung im Felde. Immer wieder werden 
die Truppen geschlossen zurückgezogen, um die Aus- 
bildung zu festigen und einer einseitigen Angewöhnung 
an die Kampfesweise des Stellungskrieges vorzubeugen. 
Auch um wichtige Stellungskämpfe vorzubereiten 
können Truppen mit Vorteil zurückgezogen werden. 
Vor mancher größeren feindlichen Unternehmung gegen 
unfre Linien fanden die deutfchen Flieger weit hinter 
der gegnerischen Front ausgehobene Übungswerke in 
der Form und Führung unsrer Gräben, die angegriffen 
werden sollten. Jeder Sturmtrupp, jeder Mann mußte 
den Grabenangriff praktisch daran lernen und immer 
wiederholen, bis die Ausführung annähernd mechanifch 
erfolgte. Unfre Vorschrift „Kampf um Festungen" hat 
fchon längst vor Kriegsbeginn auf diesen Ausbildungs- 
zweig am Sturmwerk besonderen Wert gelegt. 
Noch wichtiger als die Ausbildung der Truppe, ist 
die Ausbildung der Führer. Eine große Anzahl von 
Fahnenjunkern und Kriegsfreiwilligen find feit Kriegs- 
beginn zu Offizieren befördert worden. Die meisten 
Offiziere, die feit 1914 im Felde stehen, find eine Dienst- 
stellung höher gerückt. Da man mit der neuen Stellung 
— entgegen dem militärischen Sprichwort — nicht ohne 
weiteres den erweiterten Verstand mit erhält, mußte 
eine fleißige Ausbildung für die Erweiterung der Kennt- 
nisse sorgen. Fahnenjunker- und Offiziersaspiranten- 
Jahrgänge erzielten eine rasche Heranbildung des Offi- 
ziernachersatzes. Zugführerlehrgänge, Kompagnie- und
	        
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