Volltext: 173. Heft 1914/18 (173. Heft 1914/18)

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So lagen die Dinge, als in 
den Tagen nach dem 24. Oktober 
die Nachricht von dem gelungenen 
Durchbruch der Deutschen und 
Österreicher zwischen Flitsch und 
Tölmein die Gemüter des ita- 
lienischen Volkes in gewaltige Auf- 
regung versetzte, wenn auch die 
volle Wahrheit erst nach und nach 
bekannt wurde, als die Flucht- 
liugsscharen aus Venetien sich über 
ganz Italien ergossen. Am 26. 
stellte das Ministerium Boselli die 
Vertrauensfrage, die ihm mit 314 
gegen 96 Stimmen verweigert 
wurde. Doch nach dem ersten 
Schrecken wirkte die gemeinsame 
Gefahr, die Besetzung des Vater- 
ländischenBodens durch die Feinde, 
eher zusammenschließend als tren- 
nend. Das Ministerium war ge- 
stürzt, aber der Kriegswille erfuhr 
eine neue Steigerung, und das 
neue Ministerium Orlando, das 
wenig Veränderungen aufwies 
(Sonnino blieb Außenminister, der Giolittianer Ritti wurde 
Finanzminister, dasür blieb aber der wildeste Kriegshetzer 
Bissolati im Ministerium), saß bald sest im Sattel. 
Von militärischer italienischer Seite fiati? man die 
Offensive der Mittelmächte vorausgesehen. 
So vorsichtig deren Vorbereitungen getroffen wurden, 
sie ließen sich doch nicht ganz verbergen. Über die Rich- 
tung des Angriffs mochten immerhin noch ziemlich 
lange Zweifel herrschen, denn nicht nur am oberen 
Isonzo, sondern auch in Südtirol konnten Truppen- 
ansammlnngen beobachtet werden, und die Ernennung 
des Feldmarschalls Conrad von Hötzendorf zum Be- 
fehlshaber in Tirol deutete auf bemerkenswerte Ab- 
sichten an dieser Stelle hin. 
Nach Abflauen der 11. Isonzo- 
schlacht waren einstweilen die Teil- 
kämpfe an dieser Front fort-- 
gegangen. Zunächst säuberten 
Mitte September die österreichische 
ungarischen Truppen den Nord- 
westhang des unbezwungen ge- 
bliebenen Monte Gabriele von den 
eingedrungenen Italienern und 
brachten dabei noch zahlreiche Ge- 
fangene ein. Es half nichts, 
daß der Feind den Berg und 
weiterhin die Görzer Höhen mit 
schwerem Artilleriefeuer über- 
schüttete und tagelang wütende 
Gegenangriffe machte, fast die 
gesamten früheren Linien waren 
wieder in den Besitz der Vertei- 
diger gelangt. Auch südlich von 
Selo scheiterten italienische Teil- 
Vorstöße. Ebenso regten sich die 
Österreicher in Südtirol und ent- 
rissen dem Feinde ein verloren- 
gegangenes Stück der vordersten 
Linie bei Carzano. Die Vorstöße 
der Italiener wurden seltener. 
Voselli, italienischer Ministerpräsident. 
Orlando, 
neuer italienischer Ministerpräsident. 
Am 7. Oktober versuchten sie es 
wieder mit einem nächtlichen An- 
griff auf den Gabriele, am 8. 
bei Kal auf der Hochfläche von 
Bainfizza — Heilig engeist, beide 
Male vergebens. An demselben 
Tage machten österreichisch-unga- 
rische Truppen einen gelungenen 
Vorstoß bei Kostanjevica. Am 15. 
ging es wieder am Monte San 
Gabriele hin und her, am nächsten 
Tage versuchten die Italiener ohne 
Erfolg,hier im Handgranatenkampf 
vorzukommen. Es war, als wolle 
jede Partei für die kommende neue 
Abrechnung sich die günstigsten Aus¬ 
gangsstellungen oder Verteidigung 
punkte sichern. Auch an der Tiroler 
Front kam es um den 20. zu 
mehrfachen lebhaften örtlichen 
Kämpfen. 
Dieses Umhertasten dauerte 
an, bis der Durchbruch der Mittel- 
mächte die Entscheidung darüber 
brachte, wer in der zwölften 
Jsonzoschlacht die Lage vorschrieb. Diesmal war es das 
deutsche und österreichisch-ungarische Heer. 
Die Abrechnung mußte einmal kommen. Nach Ost- 
galizien und Rumänien nun Italien. Im Mai 1916 
hatte die vielverheißende österreichisch-ungarische Offen- 
five in Südtirol abgebrochen werden müssen, weil 
Brussilow im Osten mit gewaltigen Russenmassen gegen 
die Linien der Verbündeten anrannte. Aber die Offen- 
five gegen Italien war nicht aufgehoben, nur aufge- 
schoben. Es galt, den Italienern ihre Faustpfänder wieder 
zu entreiften, ehe es zu Friedensverhandlungen kam; es 
galt gleichzeitig, unsre Linien im Westen, wo die ganze 
Macht der englischen und französischen Heere immer 
wieder anstürmte, zu entlasten. 
Wenn man sich nun fragt, wie trotz der Wachsam- 
keit der Italiener und trotz der 
Erkenntnis der Entente, daß hier 
im Südwesten Österreich-Ungarns 
eine Hauptentscheidung des gan- 
zen Krieges zu fallen habe, den 
Heeren der Mittelmächte der 
Durchbruch gelingen konnte, der 
die Lage auf dem italienischen 
Kriegsschauplatze von Grund auf 
veränderte, so muß man sich zwei 
Dinge vor Augen halten: Die 
Möglichkeit, infolge der Ruhe im 
Osten stärkere Truppenmengen für 
Italien freizumachen, und die bis 
in alle Einzelheiten durchdachte 
Vorbereitung. So war es bei 
Tarnow—Gorlice gewesen, so in 
Rumänien, so in Ostgalizien, so 
bei Riga und Oesel. Das Ver- 
trauen auf die gewissenhafte Vor-, 
bereitung nach allen Regeln er- 
probter Kriegskunst gab derTruppe 
jene Sicherheit, die sie zum Siege 
führte. 
Die Vorbereitungen zu dem 
Einbruch \\\ die italienischen Linien
	        
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