Volltext: 17. Heft 1914/15 (17. Heft 1914/15)

Gegners wenig Gelegenheit zu überraschenden An¬ 
griffen der Hochseeflotte. Dafür erfolgte ein schneller 
Schlag gegen unsern östlichen Gegner, Rußland. Am 
2. August, dem ersten Mobilmachungstage, abends 9 Uhr, 
traf der Funkspruch des kleinen Kreuzers „Augsburg" 
ein: „Bombardiere Kriegshafen Libau, bin im Gefecht 
mit feindlichem Kreuzer, habe Minen gelegt, Kriegshafen 
Libau brennt." Danach war es dem Kapitän zur See 
Andreas Fifcher vergönnt, in diefem europäischen Kriege 
den ersten scharfen Schuß zur See abzufeuern oder, um 
mit den Worten des „Militär-Wochenblattes" zu reden, 
„das Hauptbuch der Marine aufzuschlagen und das erste 
Kapitel der Marinegeschichte mit eisernem Griffel nieder- 
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gazine in Brand gesteckt, die Eisenbahnlinien zerstört und 
den Hafeneingang durch Versenkung großer Dampfer 
und die Ausstreuung von Minen gesperrt. 
Indessen suchte England seine Flotte noch im 
letzten Augenblick in einer höchst eigenartigen Weise 
zu vermehren. Mit erneutem Verstoß gegen jeg¬ 
liches geltende Recht hat dieser Staat die Schiffe und 
Fahrzeuge, die sich im Auftrage neutraler Staaten zum 
Bau in seinen Häfen befanden und zum Teil bereits 
bezahlt waren, für sich mit Beschlag belegt. Von die¬ 
sem Unrecht wurden Norwegen, Chile, Brasilien und vor 
allem die Türkei betroffen, in der diese Gewalttätigkeit 
eine starke Erbitterung hervorrief, ohne daß sich England 
Nach dem Untergang -es „Bnlwark" auf der Reede von Slieernetz. 
In der Nähe befindliche Kriegsschiffe senden Rettungsboote zum Auffischen der überlebenden Mannschaften des „Bnlwark". 
zuschreiben". Mit der „Augsburg" hat auch die „Magde¬ 
burg" an dieser Beschießung teilgenommen. Der Kriegs¬ 
hafen Libau ist für die russische Flotte von hoher Bedeu¬ 
tung, weil er nahe an der ostpreußischen Grenze liegt und 
deshalb den gegebenen Stützpunkt für Überfälle bildet. 
Vor allem aber friert er nicht, wie die übrigen Häfen des 
Zarenreiches, im Winter zu. Die Russen hatten den An¬ 
griff auf ihn auch erwartet; denn schon am Tage vorher 
waren von ihnen dort ankernde deutsche Schiffe beschlag¬ 
nahmt und zur Sperrung des Hafens versenkt worden. 
Ebenso hatten sie die Kohlenlager und Vorratshäuser in 
Brand gesteckt, ein Beweis, daß auch hier der Offensiv¬ 
geist fehlte. Die deutschen Schiffe brauchten das Zer¬ 
störungswerk nur zu vollenden und den Hafen für russische 
Unternehmungen zu versiegeln. Wie groß die Auf¬ 
regung und Beunruhigung im Zarenreiche hierüber 
war, geht aus der voreiligen Zerstörung der Hafenwerke 
von Hangö am nördlichen Eingang des Finnischen Meer¬ 
busens hervor. Infolge eines mißverstandenen Befehls 
haben hier die Russen selbst am 9. und 10. August die 
Hafenwerke und Eisenbahnwerkstätten gesprengt, 30 Ma- 
darum gekümmert hätte. Offenbar ahnte es noch nichts 
von der Gefahr, die ihm von dieser Seite kommen sollte. 
Im Verein mit Frankreich suchte es die neutralen Staaten 
durch ungeheure Lügennachrichten teils für sich zu ge¬ 
winnen, teils einzuschüchtern. Während die englische 
Flotte in Wahrheit in ihren Häfen lag und sich in der 
Nordsee nicht auffinden ließ, wurde die Meldung von 
einem großen Seegefecht auf der Doggerbank in die Welt 
gesetzt, in der die deutsche Flotte vollkommen geschlagen 
und zum guten Teile versenkt worden sei. Mit solchen 
Phantasiesiegen suchte man sich über die fehlenden Siege 
der Wirklichkeit hinwegzusetzen. Dagegen hat auf die 
Beschaffenheit der englischen Flotte der Untergang des 
Linienschiffes „Bulwark", das auf der Reede von Sheerneß 
am 25. November in die Luft flog, ein eigenartiges Licht 
geworfen. Die Vernichtung dieses Schiffes war nach eng¬ 
lischer Schilderung das Werk einer Sekunde. Während es 
ruhig vor Ankerlag, erfolgte eine Explosion mit einemfurcht- 
baren Knall, der meilenweit gehört wurde. Dichte Rauch¬ 
wolken lagerten über dem Wasser, und als sich diese nach 
zwei Minuten verzogen hatten, war von dem Schiff 
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