Volltext: 165. Heft 1914/18 (165. Heft 1914/18)

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Kriegsberichterstatter Rolf Brandt auf Grund von Ge- war bereits die über 400 Meter hohe Zlota Gora nörd- 
fangenenaussagen. Er fchreibt: „Nach wie vor kennt der lich Zborow in unfre Hände gefallen. Bei dem Angriff 
gemeine ruffische Soldat keinen andren Wunfch als wirkte auch der Umstand günstig ein, daß dem Regen- 
den nach sofortigen Frieden, und es mag ihm dabei Wetter der letzteu Tage klares, fonniges Wetter gefolgt 
ziemlich gleichgültig sein, welche Ausmaße die Friedens- war. Die Wirkung des Sturmerfolges war über Er- 
bedingungen haben, wenn er nur nach dem Grauen der warten groß. Die Russen wurden von einer Panik er- 
drei Jahre endlich Frieden hat. Diese Masse, deren Blut griffen. Ihre Verbände wichen in Auflösung flucht- 
die Schlacht bezahlen muß, haben die Deputierten in artig zurück. Die zertrümmerten Stellungen boten ihnen 
Arbeit genommen. Ursprünglich waren sie die Ver- keinen Schutz mehr, und so erlitten sie durch unser Ver- 
trauten der Kompagnie, des Bataillons, des Regiments, folgnngsfeuer schwere Verluste. Wenige Stunden nach 
aber bie vorläufige Regierung verstand es, wenigstens dem Angriff hatten wir bereits 3000 Gefangene gemacht 
an vielen Stellen der Front, alle ihr unliebsamen Ele* und 10 Geschütze erbeutet. Inzwischen waren russische 
meute aus den Reihen dieser Soldatendeputierten auszu- Reserveti gesammelt und herangebracht worden. Sie 
merzen. Diese Soldatenabgeordneten, an geistigen versuchten nun ihrerseits wieder einen Gegenstoß, doch 
Eigenschaften der Masse stark überlegen, sind im allge- kamen sie gegen die vom Erfolg noch angefpornte An- 
meinen ziemlich waschecht ententefreundlich eingefärbt, griffslust unfrer Truppen nicht auf und wurden unter 
Sie haben den russischen Soldaten die Überzeugung schweren blutigen Verlusten zurückgeworfen. Es blieb 
beigebracht, nur die rücksichtslose Offensive könne den dabei, daß unsren Truppen ein Einbruch in die russische 
baldigen Friedeu bewirken, und nun rennen die russischen Front glücklich gelungen war. Unser Angriff nahm in: 
Bauern zu Zehntaufenden in den Tod, in eine Schlacht allgemeinen die Richtung auf Taruopol, wobei der 
um den Frieden. Es ist erschütternd, aus der Nähe zu linke Flügel an dem sumpfigen, von Seen durchfetzten 
betrachten, wie fich die Wirkung von Gold, Phrasen und Oberlauf des Sereth entlang sich vorschob und den 
eiskalter englischer Diplomatie in Menschenblut umsetzt." Feind zurückdrängte, während der rechte Flügel beider- 
In einem andren Bericht aus diesen Tagen sagt der- seits der Bahnlinie Zborow—Tarnopol vorging. Ani 
selbe Berichterstatter: „Wer hier von dem Grauen dieser Abend des Tages war bereits die Linie Zalocze—Olejow 
Schlachttage hört, muß meinen, daß einmal diesem überschritte» und die russische Front bis zu einer Tiefe 
Rußland die Augen wohl aufgehen, aber amerikanisches von 15 Kilometern durchstoßen. Die Einbruchstelle lag 
Geld scheint wenigstens jetzt noch stärker zu fein als alfo nördlich von dem Frontabschnitt, gegen den sich der 
russischer Verstand und russische Erkenntnis." erste Hauptstoß der ruffifchen Offensive drei Wochen vor- 
Noch einmal rafften sich am 18. Juli die Russen zum her gerichtet hatte. Auch an diesem Abschnitt hatten unfre 
Angriff auf. Es war der letzte Versuch, der gegen die Truppen Vorstöße gemacht, waren in die feindlichen 
füdlich von Kalnsz von uns zurückgewonnenen Höhen- Stellungen gelangt und brachten von dort eine größere 
stellungen gerichtet war. Aber trotz der starken Kräfte Zahl von Gefangenen zurück. 
die sie hierbei einsetzten, wurden sie überall unter schweren Der erste Stoß war also geglückt, und es versteht sich 
Verlusten zurückgeschlagen. Die russische Offensive war von selbst, daß nnsre Heeresleitung dabei nicht stehen 
tatsächlich zu Ende. Aber nun kam die fchwerste Ent- blieb, sondern die Gunst des Augenblicks wahrnahm, 
täuschung, die surchtbarste Überraschung für die Ruffen. um zu erreichen, was bis dahin in weifer Ökonomie 
Es war ihnen von ihren verantwortlichen Stellen und unfrer Kräfte mit Rückficht auf die gesamte Kriegslage 
namentlich von den Agenten ihrer Verbündeten immer stets hatte zurückgestellt werden müssen, nämlich die 
versichert worden, unsre Ostfront fei fchwach; wir feien Befreiung GalizienS vom Feinde. Der Angriff der 
genötigt gewefen, wegen der englifch-franzöfifchen Offen- verbündeten Truppen wurde daher im Fluß erhalten 
five im Westen und der italienischen am Isonzo zahl- "und ging auch am 20. unaufhaltfam vorwärts. Hinter 
reiche Truppeuverbände von unsrer Front wegzunehmen, den eilig zurückgehenden russischen Kräften, von denen sich 
Nun aber war der russische Massenstoß gegen diese an- nur Teile zu Nachhutkämpfen stellten, überfchritten unfre 
geblich schwache. Front nicht nur ins Stocken gekommen Truppen in ungestümem Nachdrängen bereits am 20. 
uud schließlich vergeblich geblieben, sondern es kam die Linie von Jezierna. Wo der Feind noch standhielt, 
in diesem Augenblick der russischen Enttäuschung und wurde er in raschem Ansturm geworfen. Jetzt war von 
des sinkenden Mutes noch etwas ganz Unerwartetes: Stellungskrieg nicht mehr die Rede; der Bewegungs- 
die deutfche und österreichifch-ungarische Offenfive, und krieg trat in fein Recht, und damit kam die volle Über- 
zwar mit einer Wucht und Iraft, die geeignet war, legenheit unfrer Truppen über alle ihre Gegner unein- 
überall Schrecken und Bewunderung zu erregen. geschränkt zur Geltung. Diese Überlegenheit bestand, wie 
Es war alles bereit, beim Erlahmen der Russen es iu einem aus amtlicher Quelle stammenden Bericht 
sofort zum Angriff überzugehen. Der Oberbefehlshaber über diese Ereignisse treffend heißt, „dank i>em sie be- 
ber Heeresfront, Generalseldmarschall Prinz Leopold seelenden Willen zum Sieg, ihrer geistigen und körper- 
von Bayern, leitete die Offensive persönlich. Mit den: lichen Veranlagung, ihrer vortrefflichen, fachgemäßen 
Morgengrauen des 19. Juli begann die deutfche Artillerie, Ausbildung, ihrer Mannszucht und ihrem unbedingten 
vorzüglich unterstützt durch die österreichifch-ungarische, Vertrauen auf die Tüchtigkeit und Erfahrungen ihrer 
die Feuervorbereitung. Sie dauerte 6 Stunden und Führer". Die Reste der gefchlagenen russischen Armee 
richtete in den russischen Stellungen schwere Verwüstun- strömten zurück, wobei sie auf ihrem Wege zerstörten 
gen au. Dann brachen deutfche Armeekorps gegen diefe und plünderten, was irgend für sie Erreichbar war. Wie 
Stellungen zwischen Sereth und Zlota Lipa vor und in früheren Fällen bezeichneten auch jetzt wieder 
überrannten sie förmlich in einem gewaltigen Siegeslauf, brennende Ortfchaften ihren Weg. 
Schon gegen 10 Uhr vormittags war das dreifache Die am 19. so glücklich begonnene Offensive be- 
Stelluugssystem des Feiudes zwischen dem oberen Sereth schränkte sich aber nicht aus die Durchbrechung der 
und der Strypa durchbrochen. Eine halbe Stunde vorher russischen Front an dieser einen Stelle.
	        
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