Volltext: 16. Heft 1914/15 (16. Heft 1914/15)

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solchen Mitteln mag man vielleicht Russen zum Über¬ 
laufen bewegen sönnen, niemals aber Deutsche oder die 
in ihren Reihen kämpfenden polnischen Soldaten. A. 
* * 
* 
Zwischen Weihnachten und Neujahr. 
(Aus einem Feldpostbrief.) 
# I. 
Und nun kurzer Bericht über unsere fröhliche, 
seelige, gnadenbringende Weihnachtszeit. Am 19. De¬ 
zember hatte ich einige Stunden Urlaub zu einer kleinen 
Weihnachtskneipe erhalten, 
zu der mich Freunde von 
der Artillerie nach dem 15 
Kilometer entfernten Dorfe 
N. eingeladen hatten. Es 
war ziemlich anstrengend, 
besonders dann nachts zum 
Schützengraben zurück. Am 
20. Dezember, mittags, ging 
dann die Bescherung los. 
Mit einem Schlage eröffne¬ 
ten ungefähr 12 Batterien, 
darunter schwere Festungs¬ 
geschütze, ein vernichtendes 
Feuer gegen den rechten 
Flügel - Abschnitt unseres 
Bataillons und den linken 
, des benachbarten. Es war 
ein Hagel von Eisen und 
Blei, der sich über unsere 
Mannschaften ergoß, ein 
ohrenbetäubendes Surren 
und Krachen. In jeder 
Sekunde krepierten einige 
Dutzend Granaten und 
Schrapnells über dem Ab¬ 
schnitt, den die Franzofen 
„sturmreif“ machen woll¬ 
ten. Der ganze Hügel, über 
den sich der Segen ergoß, 
war in eine schwarzgraue 
Wolke gehüllt, ans der die 
immer und immer wieder 
aufzuckenden Blitze der 
krepierenden Schrapnells 
grell aufleuchteten. Bald 
saßen auch die ersten Voll¬ 
treffer, und als man erst 
richtig eingeschossen war, folgte stundenlang Schlag 
auf Schlag in den Schützengraben. Wir hatten natür¬ 
lich Verluste. Aber unsere braven Oberschlesier wichen 
und wankten nicht. Das ist das unfaßliche stille Helden¬ 
tum des Schützengrabens. Ausharren beim Gewehr, 
während der Tod ringsherum wütet; ausharren, 
während rechts und links die Kameraden hinsinken; 
ausharren, ohne die geringste Möglichkeit der Gegen¬ 
wehr; ausharren für den entscheidenden Augenblick, 
für den die ganze Kanonade nur Vorbereitung ist, für 
den Augenblick des Jnfanteriesturmes! 
Und der sollte bald kommen. Schon nach den ersten 
Granaten waren die Telephonverbindungen von den 
rechten Kompagnien zum Bataillonsführer unterbrochen. 
Der Draht der linken Kompagnie war noch unversehrt, 
und unser Hauptmann konnte fortlaufend Bericht er¬ 
statten. Diese Meldungen aus der vordersten Linie 
sind natürlich für die Artillerie, der die schwer zu er¬ 
kennenden, ihr selbst gänzlich unsichtbaren Ziele schnell 
und nach der Karte genau bezeichnet werden können, 
von unschätzbarem Werte, aber auch die Jnfanterie- 
führer können sie nicht entbehren, um zur rechten Zeit 
die Reserven in die Gräben werfen zu können. Und 
gerade im entscheidenden Augenblick wurde auch der 
letzte Draht zerschossen. Denn auf einmal fetzte das 
Feuer auf unsere rechte Kompagnie aus, die linke und 
mittlere dagegen, die zwar augenscheinlich nicht an¬ 
gegriffen werden sollten, aber von der Flanke her einem 
französischen Angriff sehr 
unangenehm werden konn¬ 
ten, erhielten nunmehr den 
Hagel der Granaten und 
Schrapnells. Zu gleicher 
Zeit sprangen aus den gut 
1200 Meter vor uns liegen¬ 
den Schützengräben, ans 
einer im Talgrunde liegen¬ 
den Mühle R., ans dem 
rechts vor uns liegenden 
Dorfe B. die französischen 
Infanteristen vor; ein er¬ 
hebend schönes Schlachten¬ 
bild ! In dünnen Schützen¬ 
schleiern schoben sie sich 
vor, denendichtere Schützen¬ 
ketten folgten. Schließlich 
kamen die Bataillone in 
Kompagniekolonne geschlos¬ 
sen daher, während ans 
den Wäldern und von der 
Höhe des M. H. die Reser¬ 
ven heranfluteten. Gerade 
jetzt wurde die linke Flügel- 
kompagnie, die einzige, die 
bei dem schwierigen, hüge¬ 
ligen Gelände diese feind¬ 
lich en Inf ant erieb e w e gnn- 
gen beobachten konnte, vom 
Bataillonsstab, Regiment, 
Brigade usw. abgeschnitten. 
Selbst die rechte Flügel- 
kompagnie, gegen die der 
Angriff sich richtete, ahnte 
wegen eines vorgelagerten 
Hügels, hinter dem die 
Sturmkolonnen sich for¬ 
mierten, noch nichts von dem so nahe bevorstehenden 
Sturmangriff. Aber die war auf der Hut; nur die Ar¬ 
tillerie galt es, auf die feindlichen Reihen zu lenken und 
die Reserven heranzubekommen. Da sprangen ein 
Telephonist und der Kompagnietambour aus dem 
Schützengraben heraus, liefen, umheult von Granaten 
und Schrapnells, in einem wahren Regen von Ge¬ 
schossen und Sprengstücken den Draht entlang, fanden 
die zerrissenen Enden und knüpften sie fachgemäß zu¬ 
sammen. Wenige Sekunden darauf wußten die höheren 
Stäbe Bescheid über die Lage, rückten die bereitgehal¬ 
tenen Reserven in die bedrohten Abschnitte ein, schlugen 
unsere schweren Granaten mit unheimlicher Genauigkeit 
und entsetzlicher Wirkung in die anmarschierenden Ko¬ 
lonnen. Die Franzosen mußten wohl annehmen, der 
Schützengraben sei unter dem furchtbaren Granatfeuer, 
dessen vernichtende Wirkung sie natürlich selbst mit beob- 
An die deutschen Soldaten I 
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Das Russtehe Heer hat m.« em-n gruwn Sn*<i 
davongetragen. €s ist m Om|»f«-osseu - ■ h«cdru ng« r> ; 
und Schlesien wird bedroht 
Die Russen marchieren «ul TI10RN und kHAlvW 
; die Oesterreicher fliehen mutlvt. naoh den hoh<! . 
mit Schnee bedeckten Karpathen.: - 
DEUTSCHE 
eure Verluste sind ungeheuer und eure 
Amtrenyungen nutzlos, 
POLNISCHE 
der Zar wird das gegebene W ort hat feit. kr 
wird POLKA hi seiner Einheit wiederhers¬ 
tellen. Kämpft nicht tanger gegen die mit 
den Hussen verbündeten Franzosen, die euch 
befreien und als Kruder betrachten. 
Ane. weiche die WuM'-n niederlegen-, -werd- 
von den Franrosen .m » ni'vn rnasmem miiö-u 
Klimat gu$ tat-h-ar.dcli und re.ehhch gepflegt. 
Phot. Bert. IUustr.-Ges. 
Französischer Aufruf an unsere Soldaten. 
(Wurde in die Schützengräben geworfen.)
	        
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