Volltext: 14. Heft 1914/15 (14. Heft 1914/15)

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Der Krieg 
Die Belagerung Antwerpens. 
Von Wilhelm von Massow. 
Im Laufe des September hatte sich die Kriegslage 
so gestaltet, daß die deutschen Heere einer langen Front 
der verbündeten Franzosen und Engländer von Belfort 
bis zur Nordsee gegenüberstanden. Die Verteidigungs¬ 
linie der Verbündeten bot manche Vorteile, namentlich 
solche, die durch die Kriegführung im eigenen oder wenig¬ 
stens im be¬ 
freundeten 
Lande und 
durch dieBe- 
»utzung der 
„inneren Li¬ 
nie" — wie 
der strategi¬ 
sche Kunst- 
ausdruck 
lautet — ge¬ 
geben waren. 
Freilich darf 
man dabei 
nicht verges¬ 
sen, daß diese 
gern gerühm¬ 
ten und im 
vorliegenden 
Falle von 
der franzö¬ 
sischen und 
englischen 
Presse über 
Gebühr auf¬ 
gebauschten 
Vorteile nicht 
den absoluten 
Wert haben, 
der ihnen von Laien und Theoretikern gern beigelegt 
wird. Die Erleichterungen, die der Heeresleitung 
im Fall der Kriegführung im eigenen Lande bei 
Verfolgung ihrer Absichten unstreitig zuteil werden, 
haben ihre Kehrseite; sie werden ausgewogen durch die 
Opfer und Leiden, die dem Lande erspart worden 
wären, wenn es gelungen wäre, den Krieg in Feindes¬ 
land zu tragen. Und was die innere Linie betrifft, deren 
Wert von strategischer Gelehrsamkeit gern angepriesen 
wird, fo find ihre Vorteile gewiß nicht zu leugnen; aber 
sie kommen nur zur Geltung bei einer entsprechenden 
Initiative und Entschlußfreiheit der Führung, die wieder 
als Werkzeug der strategischen Maßnahmen ein beson¬ 
ders zuverlässiges, völlig sicher wirkendes, von starkem 
Siegeswillen und Vertrauen erfülltes Heer zur Voraus¬ 
setzung hat. Es wäre ungerecht, dem französischen Gene¬ 
ralissimus General Joffre die Eigenschaften eines hervor¬ 
ragend geschickten Führers abzusprechen. Aber er hatte 
mit Hemmungen zu tun, mit denen auch eine erheblich 
größere Kraft wahrscheinlich nicht fertig geworden wäre. 
So war die allgemeine Überlegenheit und die größere 
Aussicht auf den endlichen Sieg trotz allem auf deutscher 
Ter Men 1914. 1. 
zu Lande. 
Seite; aber es war nichtsdestoweniger von allergrößter 
Wichtigkeit, dafür zu sorgen, daß auch die besonderen Vor¬ 
teile, die die Franzosen und Engländer für sich ausnutze!! 
konnten, auf unserer Seite einen entsprechenden Aus¬ 
gleich fanden. Daß die Verbündeten jene Vorteile richtig 
erkannt hatten, zeigte sich besonders in der geschickten 
Benutzung der Eisenbahnen während der Versuche, den 
rechten Flügel der deutschen Front zu umfassen und abzu¬ 
drängen. Aus diesen Gründen gewann die Sicherung 
und Ausge¬ 
staltung der 
rückwärtigen 
Verbindun¬ 
gen der deut¬ 
schen Front 
eine erhöhte 
Bedeutung. 
Dazugehörte 
der sichere 
Besitz des 
ganzen bel¬ 
gischen Ge¬ 
biets, das int 
Rücken der 
deutschen 
Nordfront 
lag. Es ge¬ 
nügte nicht, 
daß die deut¬ 
schen Heere 
sich einen 
Weg nach 
Frankreich 
gebahnt hat¬ 
ten und nach 
der gefähr¬ 
deten Seite 
hin sicherten. 
Hier mußte jede Möglichkeit einer ernsthaften Be¬ 
drohung beseitigt werden. Noch war die belgische 
Küste in Feindeshand, uud uoch bildete Antwerpen 
den Stützpunkt der in ihrem Kern noch unbesiegten 
belgischen Armee. Wirkliche Erfolge in Nordfrankreich 
waren infolgedessen nicht denkbar ohne den Besitz der 
Festung Antwerpen. 
Der bedeutende, mächtig aufblühende Handelsplatz 
an der unteren Schelde, eine der herrlichsten Stätten alt¬ 
niederländischer Kultur, ungewöhnlich reich an wunder¬ 
baren Denkmälern der Kunst und des Gewerbefleißes, 
war zugleich die erste und stärkste Festung des Landes. 
Die Belgier waren von ihrer Uneinnehmbarkeit über¬ 
zeugt, und wenn der ernste militärische Fachmann auch 
mit dem Begriff der „Uneinnehmbarkeit" einer Festung 
recht sparsam umgeht, so wußte doch jeder, daß die Er¬ 
oberung von Antwerpen eine Aufgabe von ungewöhn¬ 
licher Schwierigkeit war und — wie man bis dahin an¬ 
nehmen mußte — einen außerordentlichen Zeitaufwand 
erforderte. Dennoch wurde diese Aufgebe in kaum mehr 
als zehn Tagen gelöst, dank der alle Welt überraschenden 
Stärke unseres Artilleriematerials, dem energischen 
Phot. Rich. Guschrnann, Berlin. 
Die Turmwache aus dem Rathaus einer belgischen Stadt.
	        
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