Volltext: 129. Heft 1914/17 (129. Heft 1914/17)

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auf der Hand. Da mag es uns zu besonderer Genug¬ 
tuung gereichen, daß es wieder deutsche Tätigkeit war, 
die, wie sie die höchste Vervollkommnung des Tauch¬ 
bootes erreichte, so auch geeignete Sicherheitsvorrich¬ 
tungen und Rettungsmittel geschaffen hat, mit denen 
wenigstens der Verlust kostbarer Menschenleben verhütet 
werden kann, wenn überhaupt noch etwas zu retten ist. 
Nicht immer wird die Beschädigung des U-Bootes 
so schwer und umfangreich sein, daß nicht wenigstens 
der Mittelraum der Besatzung eine letzte Zuslucht ge¬ 
währen könnte. In diesem Falle braucht die Mannschaft 
keineswegs an der Rettung zu verzweifeln, selbst dann 
nicht, wenn die besonderen Umstände, vor allem große 
Wassertiese, tagelqnge Bergungsarbeiten nötig machen, 
oder wenn eine Hebung des Wracks überhaupt nicht 
mehr möglich ist. Znnächst ist die Besatzung durch eine 
in allen deutschen U-Booten eingebaute Luftreinigungs¬ 
anlage, die auch bei allen Unterwasserfahrten in Betrieb 
ist, mehrere Tage lang vor dem Erstickungstod geschützt. 
Das Prinzip dieser Luftreinigung ist dasselbe, wie bei 
dem unten geschilderten „Tauchretter". Es beruht ans 
einer ebenso genialen wie einfachen Erfindung des 
deutschen Ingenieurs Dräger, der die Ergebnisse feiner 
wissenschaftlichen Forschungen über die physiologischen 
Atmungsverhältnisse beim Menschen schon in einer Reihe 
von Tanch-Rettnngsapparaten praktisch verwertet hat. 
Der Drägersche Luftreiniger befreit selbsttätig die aus¬ 
geatmete Lust von der schädlichen Kohlensäure und son¬ 
stigen Ausdunstungsgafen und frifcht sie mit reinem 
Sauerstoff wieder auf, so daß sie von neuem zur Atmung 
tauglich wird. 
Ist ein U-Boot aus irgendeiner Ursache nicht mehr 
imstande, mit eigenen Mitteln aufzutauchen, so läßt die 
Besatzung sofort eine außenbords angebrachte, aber von 
innen zu lösende Auftriebboje an einem Kabel an die 
Wasseroberfläche aufsteigen. Die grellrote Boje be¬ 
zeichnet den suchenden Rettungsschiffen den genauen 
Lagerort des gesunkenen U-Bootes. In ihrem Innern 
birgt sie außerdem ein Telephon, dessen Leitungsdraht 
in dem Auftriebkabel verläuft. Somit ist vorerst wenig¬ 
stens eine telephonische Verbindung zwischen Wrack und 
Außenwelt hergestellt. Durch sie kann sich dejc U-Boot- 
i'ihrer stets über den Stand und die Fortschritte der 
Rettungsarbeiten unterrichten. Lassen die regelmäßig 
wiederholten Luftuntersuchungen im Innern des Bootes 
nach einigen Tagen erkennen, daß die Luftreinigungs¬ 
anlage vor der voraussichtlichen Hebung des Wracks ver¬ 
sagen werde, so muß sich die Besatzung, um der drohenden 
Erstickungsgefahr zu entgehen, zum Verlassen des 
Schiffes entschließen. Die Rettung wird ihr ermöglicht 
durch einen bewährten, zuverlässigen Auftauch- und 
Atmungsapparat, den sogenannten „Tauchretter", eben¬ 
falls eine Erfindung von Drägex. Der „Tauchretter" 
ermöglicht feinem Träger nicht nur eine von äußerer 
Luftzufuhr unabhängige Atmung unter Wasser für min¬ 
destens eine Stunde, sondern er trägt ihn auch aus Tiefen 
von 60 Meter von selbst an die Oberfläche empor und 
erhält ihn noch stundenlang schwimmend über den Wellen. 
Der Apparat besteht ans einem unabhängigen 
Sauerstoff-Atmungsapparat mit selbständiger Lustver- 
befferung un£ aus einer Schwimmweste, auf die Appa¬ 
ratteile so befestigt find, daß zugleich mit dem Anlegen 
der Schwimmweste alle Teile ihren richtigen Platz ant 
Körper haben. Der eigentliche Atmungsapparat besteht 
aus dem Sauerstoffzylinder, der Kohlenfänreabforp- 
lionspatrone, dem Atmungssack auf dem Rücken, dem 
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Mundatmungsstück nebst Nasenklemmer und den erforder¬ 
lichen Verbindungsschläuchen. Im Mundstück befinden 
sich zwei Atmungsventile; sie bewirken, daß die ein-und 
ausgeatmete Luft aus dem Atmungssack ständig durch 
die Kalipatrone hindurch zirkulieren muß und gereinigt 
wieder in den Atmungssack zurückgelangt. Die ausgeat¬ 
mete Kohlensäure wird in der Kalipatrone völlig ver¬ 
zehrt. Der für die Atmung erforderliche Sauerstoff 
wird dem Sauerstoffzylinder entnommen. Die Augen 
sind unter Wasser durch eine Schutzbrille geschützt, die 
Ohren bleiben frei. Das Anlegen der Apparate dauert 
nur wenige Sekunden. Auf deutschen U-Booten ist für 
jeden einzelnen Mann der Besatzung ein solcher Rettungs¬ 
apparat vorhanden. 
Ist der Augenblick zur Flucht aus der Tiefe ge¬ 
kommen, so macht sich jeder Mann zum Ausstieg fertig. 
Oft genug hat er ja die Handhabung seines „Tanch- 
retters" geübt und erprobt. Er öffnet das Ventil seines 
Sauerstoffzylinders, bis der Atmungssack prall gefüllt 
ist. Das Mundatmungsstück wird in den Mund ge¬ 
nommen und die Nasenklammer angelegt. Auf Befehl 
des U-Bootführers wird jetzt das Bodenventil geöffnet, 
damit sich das Boot vollends mit Wasser füllt; denn 
dann erst dürfen die Luken geöffnet werden. Bald ist 
die Mannschaft völlig vom Wasser umgeben. Manchem 
mag das Herz etwas rascher schlagen. Nun werden die 
Luken geöffnet, und der erste Mann kann den Aufstieg 
anbeten. Rasch, doch ohne Hast, ergreift er das Bojen- 
kabel und läßt sich durch den Auftrieb feines prall¬ 
gefüllten Atmungssackes und seiner Schwimmweste 
emportragen. Eine Metereinteilung am Bojenkabel 
zeigt ihm an, in welcher Tiefe er sich jeweils befindet. 
Aus größerer Tiese als 15 Meter wäre ein allzu rascher 
Ausstieg gefährlich. Der Körper könnte sich nicht schnell 
genug der raschen Verminderung des äußeren Wasser¬ 
druckes anpassen. Beim Auftauchen aus größerer Tiefe 
muß deshalb der Mann mehrmals Pausen von einigen 
Minuten einschalten und währenddessen durch kräftige 
Bewegungen der Beine den Blutumlauf beleben und 
die großen im Blut gelösten Stickstoffmengen ausstoßen. 
In 6 Meter Tiefe verharrt er, die begreifliche Ungeduld 
bezwingend, nochmals fünf Minuten und strebt dann in 
einem letzten Aufstieg an die Wasseroberfläche empor. 
In einer metallenen Flasche an seinem „Tauchretter" 
findet er eine kleine Erfrischung, die seinen von der Ver¬ 
standenen Gefahr wohl etwas mitgenommenen Lebens¬ 
geistern zugute kommt. Ist die lebenerhaltenbe Wirkung 
feines Atmungsapparates erschöpft, so kann er mit 
einem . Griff den ganzen Apparat abwerfen. Seine 
Schwimmweste hat genug Tragkraft, um ihn schwimmend 
zu erhalten. Mann um Mann, zuletzt der Kommandant, 
entschwebt so dem gesunkenen U-Boot, das ohne den 
„Tauchretter" der Besatzung zum grausigen Grab ge¬ 
worden wäre. 
Schon vor Ausbruch des Krieges haben außer der 
deutschen Marine auch mehrere ausländische Marine¬ 
verwaltungen den „Tauchretter" für ihre U-Boot- 
bSatzungen eingeführt. England hat fich allerdings zu 
feinem eigenen Schaden zu einer solchen Anerkennung 
dieser wohltätigen deutschen Erfindung nicht entschließen 
können. In englischen U-Booten werden topsähnliche 
Tanchhelme mitgeführt, die, mit Lust gefüllt, von der 
Mannschaft über Kops, Schulter und Brust gestülpt 
werden. Die fo Ausgerüsteten foltert durch den Luft- 
inhalt der Helme an die Wasseroberfläche getragen 
werden. Hans Schipper. 
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