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werden angewendet, um ihr Wirken einzuschränken. Trotz¬
dem bleibt der Dienst hinter der Front dauernd bedroht
und trotzdem vollzieht sich dieser Dienst in bewunderns¬
werter Planmäßigkeit zum Ruhme des Vaterlandes.
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Blindgänger.
Von Hans Schipper.
Bei ihren Berichten hört man unsre Feldgrauen oft
von Ausbläsern und Blindgängern reden. Darunter
verstehen sie meist feindliche Artilleriegeschosse, die nicht
richtig geplatzt sind.
Während nun der Ausbläser ein Artilleriegeschoß ist,
das infolge schlechter Bauart, manchmal, allerdings auch
infolge der Konstruktion, nicht ganz zerspringt, sondern
nur seinen Inhalt aus der Geschoßhülle hinausschleudert,
sind Blind¬
gänger solche
Geschosse, die
trotz des Auf¬
schlagens
überhaupt
nicht geplatzt
sind,alsVoll-
geschoß auf
der Erde
liegenbleiben,
oder sich in
Bäume,Häu¬
ser sowie in
den Boden
einwühlen.
Es ist na¬
türlich, daß
beide Arten
von Geschos¬
sen nicht sol¬
che Wirkung
haben wie rich¬
tig platzende.
Die Ausbläser haben wohl eine größere Tiefenwirkung
ihres Inhalts, was 'man besonders auszunutzen sucht,
wenn man absichtlich derartige Geschosse verfeuert. Doch
kommt die Geschoßwandung dabei nicht zum Platzen,
sie kann also höchstens als ein Ganzes wirken, während
sie andernfalls in unzählige winzige Teilchen zersprungen
wäre, die ihrerseits in weitem Umkreise Wunden und
Tod gesät hätten. Die Gefährlichkeit der Blindgänger,
denen wir uns nachfolgend besonders zuwenden wollen,
geht zur Zeit ihres Aufschlagens schlafen, wenn man sie
richtig weiter behandelt.
Der Blindgänger bleibt als vollkommenes Geschoß
liegen und hat äußerlich dieselbe Form beibehalten, in
der er seinerzeit von der feindlichen Batterie in das Ge¬
schütz geladen wurde und seinen kilometerweiten Luft¬
weg nach dem Knall des Abschusses antrat. Pfeifend
oder rauschend, je nachdem, ob es leichteres oder schwe¬
reres Kaliber war, bahnte es sich seinen Weg. Vielleicht
brannte in seinem Innern der Zeitzünder, der ihn später
zum Platzen bringen sollte, gar nicht cm; vielleicht er¬
losch er, ohne das Zerspringen verursacht zu haben. So
schlug das Geschoß also auf, aber es zersprang nicht.
Möglicherweise war der Aufschlagzünder auch schlecht
gearbeitet. Schaden hat das Geschoß verhältnismäßig
wenig anrichten können. Ist doch der Inhalt noch bei¬
sammen geblieben und in der Geschoßhülle geborgen.
Es ist nun noch nötig, daß man den Blindgänger unter
sachverständiger Leitung unschädlich macht. Bei jeder
geringen Erschütterung durch Berühren sowie durch den
Einschlag einer Granate, die in der Nähe zerspringt, kann
das schlummernde Geschoß erwachen. Sein Lebensfaden
glimmt wieder auf und entzündet die Sprengpulver im
Innern. Mit gewaltigem Krachen platzt dann der Blind¬
gänger, wie jedes andere Artilleriegeschoß, das der Feind
frisch herübersendet.
Aus dem Erwähnten ist verständlich, daß ein Blind¬
gänger, wenn er auch nicht ganz so gefährlich zu sein
scheint wie ein zerplatzendes Geschoß, durchaus nicht un¬
gefährlich ist. Seine Unschädlichmachung geschieht zu¬
meist durch den Feuerwerker der Artilleriebrigade in
jeder Division. Bisweilen werden dabei mehrere Blind¬
gänger zusammen eingegraben und an einer Stelle, die
abseits gele¬
gen ist und in
weitem Um¬
fang abge¬
sperrt wird,
zusammen zur
Entzündung
gebracht.Dies
geschaht, in¬
dem man an
dem Blind¬
gänger meh¬
rere Spreng¬
kapseln an¬
bringt. Eine
lange Zünd¬
schnur sorgt
dafür, daß die
Leute sich noch
rechtzeitig aus
dem Gefahr¬
bereich ent¬
fernen kön¬
nen. Ist die
Schnur abgebrannt, so werden dadurch zunächst die
Sprengkapseln entzündet, deren Explosion auch den
Blindgänger zum Zerplatzen bringt.
Unsre Feldgrauen werden von ihren Vorgesetzten
fortwährend darüber belehrt, daß die Blindgänger durch¬
aus kein harmloses Spielzeug sind. Um jeden Blind¬
gänger soll möglichst ein Holzgitterchen angelegt werden,
mit entsprechender Tafel, die auf die Gefahr aufmerksam
macht, bis der Feuerwerker den Findling „springen" läßt.
Man kann eine Betrachtung über Blindgänger, so
kurz sie auch sein mag, nicht schließen, ohne an einige der
vielen Blindgängeranekdoten zu denken. Soll es bei¬
spielsweise vorgekommen sein, daß der biedere Musketier,
der den Auftrag bekam, um den Blindgänger ein Ge¬
länder zu bauen, in Ermangelung eines Hammers oder
eines Pflockes den Blindgänger selbst nahm und mit
diesem die Pfosten einrammte.
Kein Feldgrauer konnte sich in Eh— eines Lächelns
erwehren, wenn Kriegsberichterstatter" oder Uneinge¬
weihte eine Zeitlang einen großen Bogen machten vor
einem Geländer mit einer Blindgängertafel. Die Ge¬
fahr, die von dieser Stelle her drohte, war durchaus nicht
übermäßig groß. An die Tafel hatte ein witziger Feld¬
grauer nämlich geschrieben: Achtung! Junger Blind¬
gänger! und am Boden lag — eine französische Jnfan-
teriepatrone.
Phot. A. Lauterbach, Stuttgart.
Überfahrt der Munrtionswagen auf der Donau.