Volltext: 11. Heft 1914 (11. Heft 1914)

88 OODOOOCDCOOOOQOGOCOCOOOOODOOOoaOOOOOOODOOODOOOOOOOOOOOODOOnoOOQOOOOOnOOOODOOnOOO 
Anzahl reiner Mongolen, und das hat Anlaß zu dem Ge¬ 
rücht gegeben, es hätten schon von Anfang an Japaner 
im russischen Heere mitgekämpft. 
Unsere Skala endet beim gelben Japs, diesem Aus¬ 
bund aller asiatischen Treulosigkeit, den wir — uns selber 
verkennend — nach seinem Siege über die Russen als 
„Preußen des Ostens" verherrlicht habest. Wieviel wir 
gegen uns selbst gesündigt haben, als wir dem gelben 
Schurken sein Heer ausbildeten und ihm Waffen lieferten, 
das zeigen Tsingtaus Ruinen! Hoffen wir, daß unsere 
Heeresverwaltung sich in Zukunft nicht mehr auf den 
Standpunkt stellen wird, die Kriegswissenschaft fei, wie 
andere Wissenschaften, international und könne und müsse 
andern Völkern gelehrt werden. 
Es fehlen also, da es blaue, violette und grüne Men¬ 
schenrassen ja nicht gibt, in den Reihen der Gegner nur 
noch die Roten. Aber dem soll ja, wie Zeitungen berich¬ 
ten, auch noch abgeholfen werden, da kanadische Indianer- 
stämme bereit sein sollen, das Kriegsbeil gegen uns aus¬ 
zugraben. Dann fehlen also nur noch Papuas und Eski¬ 
mos, und unsere Feinde haben eine vollzählige Völker¬ 
schau gegen uns aufmarschieren lassen. Dafür können wir 
natürlich nur den frommen Wunsch haben: '„Der Teufel 
hole sie alle miteinander!" B. 
* * 
* 
Musik im Schützengraben. 
Selbst wer nur einmal ein Manöver mitgemacht 
hat, weiß, welche anfeuernde Wirkung die Musik auf 
einen Truppenkörper nach schweren üb erstandenen Stra¬ 
pazen ausübt. Das gilt nicht allein von den Menschen, 
sondern sogar von den Pferden, die bei dem Rhythmus 
und den Klängen wieder fester schreiten. Es versteht 
sich also von selbst, daß die Regimentsmusik auch im 
Kriege unentbehrlich ist, wie sie es übrigens zu allen 
Zeiten war. Ein Sturmangriff der Infanterie verbindet 
sich in unserer Phantasie unwillkürlich mit den seltsam 
aufreizenden, monotonen Trommelwirbeln, in denen 
sich die Unabwendbarkeit des Schicksals und die Zähig¬ 
keit eines eisernen Willens vereinigen. Doch nicht allein 
die Trommel, sondern die gesamte Regimentskapelle 
hat während dieses Krieges wiederholt zum Angriff auf¬ 
gespielt oder die Truppen im Schützengraben ange¬ 
feuert und ihnen die Zeit verkürzt. Der ernsten Stim¬ 
mung des Kriegers gemäß sind vor allem ernste 
Melodien, wie Choräle oder Märsche, am Platze. So 
wird berichtet, daß die Kapelle eines württemb er gischen 
Regiments unter dem Hagel von Geschossen und Kugeln 
in den vordersten Schützengräben den Truppen „Ein 
feste Burg ist unser Gott", „Deutschland, Deutschland 
über alles" und „Ich bete an die Macht der Liebe" 
vorspielte. Als die Geschosse immer dichter einschlugen, 
sah sich schließlich der Kapellmeister genötigt, auch 
seinerseits eine bessere Deckung zu suchen und die letzte 
Strophe kniend zu dirigieren. Dann hieß es „Auf, 
und weiter!" da der Feind sich zurückzog. Am Morgen 
konnte die Kapelle den errungenen Sieg mit dem Cho¬ 
ral „Lobe den Herren, den mächtigen König der 
Ehren", mit dem „Niederländischen Dankgebet" und dem 
„Yorck-Marsch" feiern. Mit gutem Humor hat sich der 
Ob ermusikmeister der „Franzer" in einer gleich gefahr¬ 
vollen Situation bewährt. Als seine Musiker in den 
vordersten Gräben soeben ihre Instrumente'ausgepackt 
hatten, stimmte er, dem sinkenden Abend gemäß, zur 
Freude der Mannschaften das schöne Lied an „O, wie 
wohl ist mir am Abend". Nach einiger Zeit ging der 
Mond über dem Waldrande auf, um sogleich von der 
Kapelle mit „Guter Mond, du gehst so stille" begrüßt 
zu werden. Den Hauptschlager hatte sich aber Ober¬ 
musikmeister Becker für den Angriff der Franzosen aus¬ 
gespart. Kaum näherten sie sich unseren Schützen¬ 
gräben, als ihnen „Puppchen, du bist mein Augenstern" 
entgegentönte. Der Feind war selbst schuld, wenn er 
dieser Werbung nicht lange Folge leistete, sondern sich 
bald in größter Eile zurückzog. Auch dieses Konzert 
endigte, als die Sonne am Morgen feurig aufstieg, 
mit einem Choral, „Wie schön leuchtet der Morgenstern", 
in den zahlreiche Mannschaften mit einfielen. A. 
■- * * 
* 
Zn Antwerpen. 
(Alls einem Feldpostbrief.) 
Wir sind in Antwerpen. Vor der Stadt haben die 
Belgier unglaubliche Drahtverhaue und Wolfsgruben 
angebracht. Die Gruben sind mit Teer und Pech ange¬ 
füllt und mit Sand überstrichen, die Drähte elektrisch 
geladen. Den wütendsten Ochsen könnte man in solchem 
Verhau spielend fangen. Unsere Truppen haben die¬ 
selben nicht im mindesten aufgehalten; ich fand einen 
tadellosen Weg dadurch gebahnt. In Antwerpen ver¬ 
mutete ich viel Leben. Es war jedoch darin totenstill, 
kaum ein Mensch zu sehen. Allmählich rückte das Volk 
wieder aus den Kellern heraus, worin es sich während 
eines furchtbaren SOstündigen Bombardements ver¬ 
krochen hatte. 15 000 Menschen waren noch da, 600 000 
belgische Flüchtlinge, heißt es, seien bereits in Holland 
versammelt. 
Auf der Schelde herrscht reges Leben. Truppen 
ziehen vermittelst Pontonbrücken, von Dampfern ge¬ 
zogen, zum jenseitigen Ufer, bei der Rückfahrt Flücht¬ 
linge zurücktransportierend. Unsere Truppen machen 
einen hervorragenden Eindruck, mögen sie zu Fuß oder 
zu Pferde durchmarschieren. Sie nötigen durch ihre 
tadellose stramme Haltung und vorzügliche saubere Aus¬ 
rüstung, der man die monatelangen Kämpfe kaum an¬ 
sieht, dem scharfen Beobachter Bewunderung ab. Wie 
müssen solche Truppen auf die belgische Bevölkerung 
wirken, die Nase und Mund aufsperrt und anscheinend 
aus ihrem Erstaunen gar nicht herauskommt J Zogen 
doch unlängst noch die belgischen und englischen Truppen 
durch die Straßen, — die Engländer mit Musik, sich bei 
ihrem Abzug brüstend (ihre Flucht dadurch verschleiernd), 
sie zögen jetzt aus, um den Deutschen in den Rücken zu 
fallen und sie allesamt zu massakrieren. 
Man fühlt sich versetzt in Wallensteins Lager: Ein 
großer, prachtvoller Marktplatz (Rathausplatz von Ant¬ 
werpen), worin eine große Anzahl Straßen einmünden. 
Auf dem Marktplatz Posten, Wachen, Automobile, be¬ 
rittene Truppen und Wagen aller Art. Von den ver¬ 
schiedenen Straßen heraus-und hereinziehende Truppen, 
zu Fuß, zu Pferde; Bagagen, Train, alles'in größter 
Eile marschierend. Dazwischen neugierig hineinspähendes 
Volk. Hier verteilen gutherzige Soldaten von den Wagen 
herab Brot an die Armen, die darum betteln, dort bin ich 
Augenzeuge, wie unsere braven Blaujacken ein armes 
von der Flucht zurückgekehrtes Weib, welches in hoch¬ 
schwangerem Zustande, von kleinen Kindern umringt, 
sich auf der Straße inmitten von Neugierigen vergebens 
um Hilfe umsieht — kurzerhand in einen zu dem Zwecke 
eiligst ausgepackten Wagen setzen und dasselbe, in Woll¬ 
decken zuvor warm eingehüllt, auf eigene Faust einem 
Hospital schleunigst zuführen.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.