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Die Landwirtschaft und der Krieg 883
Aus der Tonnenzahl ergibt sich zunächst, daß wir über die höchsten Kartoffel
erträge verfügen, sowie auch, daß wir bei unseren klimatischen und Bodenver
hältnissen mehr Roggen als Weizen und andere Halmfrüchte bauen. Wir sehen
ferner, daß wir in den Ernten auf eine Flächeneinheit an der Spitze der Kultur
länder stehen. Nur England ist zum Teil unerreicht. Der Freihandel hat dort den
Getreidebau früheren Umfangs vernichtet. Ausgedehnte Ländereien sind zu Jagd
gebieten und Weiden geworden, und nur die ausgezeichneten Böden sind im
Getreidebau lohnend geblieben. Könnten wir jene Erfolge mit denen unseres besten
Bild 2. Getreideselektionsraum. Aus der Saatzucht von Fr. Strube
in Schianstedt
Bodens vergleichen, dann würden wir ohne Zweifel auch England in diesem Wett
bewerb schlagen x ). (Bild 2.)
Für die Tierzüchtung müssen wir offen bekennen, daß England früher der
Lehrmeister aller Völker gewesen. Der große Besitz, Mas Klima und die Vorliebe
der englischen Landwirte für diesen Zweig des Berufes hatten zu einer Überlegenheits
stellung geführt, die alle Völker des Kontinents anerkannten. Heute ist das Bild
für uns besser geworden. Die wachsende Einsicht der deutschen Viehhalter in die
natürlichen und wirtschaftlichen Grundlagen der Tierzucht hat zu einer Hebung
der Verhältnisse geführt, die uns nicht mehr vor einem Vergleich mit England
zurückschrecken läßt. Unsere Viehstände sind nach jeder Richtung der stofflichen
Erzeugung so leistungsfähig geworden, daß sie, als ganzes betrachtet, nicht mehr
rückständig erscheinen. Und wenn wir auch die hervorragende Höhe einzelner
englischer Herden und Zuchten stets anerkennen, so darf doch festgestellt werden,
daß die deutsche Tierhaltung uns in weit höherem Maße vom Ausland unabhängig
gemacht hat, als dies in England der Fall ist.
l ) Vgl. v. Strebei: „Der Krieg und die deutsche Landwirtschaft“, Verlag Eugen Ulmer,
Stuttgart.