Volltext: Deutsche Naturwissenschaft, Technik und Erfindung im Weltkriege

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H. Kraemer 
schaft, nicht preisgegeben. Dies wird uns jetzt zum Segen gereichen. In diesem 
Zeichen werden wir siegen. 
Aber wie wird sich alles nach dem Kriege gestalten ? Vielleicht werden viele 
slawische Arbeiter heimziehen, die Industrie wird sich noch mächtiger weiter 
entwickeln, und der englische Weg wird freier als je. Der Krieg ist ja ohne Zweifel 
eine Generalprobe der Leistungsfähigkeit unserer Industrie und wird ihr in allen 
Ländern des Erdballs zur Empfehlung gereichen. Dann bekommt die Landwirt 
schaft wieder viele Arbeitskräfte entzogen, die für eine intensive Kultur des Bodens 
ganz unerläßlich erscheinen. So regen sich Befürchtungen aller Art. Doch es sind 
spätere Sorgen, und es läßt sich wohl hoffen, daß die ernsten Erfahrungen des heutigen 
furchtbaren Ringens auch unser ganzes Volk zu einer vertieften Einsicht in den 
Wert der Landwirtschaft führen, sodaß die Maßnahmen zu ihrer Förderung von 
seiten des Staates sich künftig leichter durchsetzen lassen. — 
Wenn wir die Jahreswerte der Urproduktion mit jenen der Industrie in Ver 
gleich ziehen, die Dinge nun also einmal materieller betrachten, dann sehen wir, 
daß da kein erheblicher Unterschied ist. Die Industrie aber wird heute gegenüber 
der Landwirtschaft auch in dieser Hinsicht oft überschätzt und besonders die 
Wertziffern der Exportindustrie. Und dabei wird die Bedeutung des inneren 
Marktes zu gering beurteilt und die Kaufkraft einer gesunden Landwirtschaft 
zu wenig beachtet. Die Kultur des Bodens bleibt für uns in Deutschland eine höchste 
Aufgabe. 
Im Leben der Völker hat man nach alledem, Perioden der Entwicklung zu 
unterscheiden, die für die innere Kraft, die Gesundheit und Machtentfaltung nicht 
gleichwertig sind. Im reinen Agrarstaat lebt die Landbevölkerung in Kraft und Ge 
sundheit der Nerven, aber kriegerisch ist der Staat dieser Stufe den Forderungen 
niemals gewachsen, die die Wissenschaft des Krieges in ihrer hohen technischen 
Vollendung erhebt. Sie kann erst erblühen, wenn sich neben dem gesunden Land 
volk die Entwicklung von Industrie, Gewerbe und Handel vollzieht, mit ihrer 
städtischen Konzentration der geistigen und materiellen Kulturgüter. 
Erstrebenswert ist bei dieser Entwicklung das Gleichgewicht der städtischen 
und ländlichen Werte, die Blutauffrischung der sich selbst verzehrenden Groß 
städte durch die Abgabe der gesunden Menschen vom Lande. Dann herrscht die 
Dauerleistung der Kultur und die hohe Fähigkeit zur tatkräftigen Organisation 
der volkswirtschaftlichen Kräfte. 
Nicht immer aber wurde der Wert dieses glücklichen Zustandes von der 
Intelligenz der Städter richtig erfaßt. Es kommt in den heutigen Kulturstaaten 
nur allzuleicht zum Übergewicht der städtischen, gewerblichen, industriellen und 
Handelsentwicklung, zur Überschätzung der finanziell mehr leistenden Gruppen 
gegenüber der Landwirtschaft, zur Abnahme der Bevölkerungskraft und zu Er 
scheinungen einer Entartung. 
Und das Ende ? Ein wilder Konkurrenzkampf in den überfüllten Städten, 
in denen Tausende nach der Arbeitsgelegenheit und dem Recht auf Arbeit schreien, 
während der Landwirt draußen nach dem Arbeiter ruft und die rohe Kraft rück 
ständiger Völker in der Gestalt von slawischen Arbeitern nutzbar machen muß; 
eine rücksichtlose Politik der Interessen, die Forderung billiger Nahrung, in einer
	        
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