Volltext: Deutsche Naturwissenschaft, Technik und Erfindung im Weltkriege

Die Tiermedizin 
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Befindens des Patienten, ohne das so zeitraubende Scheren und ohne das üble 
Verfilzen des Haarkleides, wie es das Teerliniment hervorruft; es fordert auch 
keine Waschungen des Tieres während und nach der Behandlung. Die gleich 
zeitige Bekämpfung der Krankheit bei einer größeren Zahl von Pferden und bei 
weiter Verbreitung über den ganzen Körper läßt indes ohne die Mitwirkung von Bade 
kuren nicht auskommen. Ob dabei die Rieselbäder oder die Vollbäder vorzuziehen 
sind, entspricht nicht nur der persönlichen Stellungnahme des einzelnen Arztes, sondern 
auch den örtlichen Möglichkeiten und der Notwendigkeit der gleichzeitigen Inan 
griffnahme des Verfahrens bei mehreren Tieren. Die bloße Heißluftbehandlung 
der Räudekranken hat die anfangs gehegten Erwartungen nicht voll befriedigt, da die 
Milben und deren Brut von den zu ihrer Vernichtung erforderlichen Wärmegraden 
bei tieferem Sitze nicht oder nur teilweise erreicht werden. Den angeführten neu 
eren Verfahren hat die neueste Zeit als das bisher wirksamste, bequemst zu hand 
habende und billigste die Gasbehandlung mit Schwefeldioxyd oder Schweflig 
säureanhydrid hinzugefügt. Diese Behandlung besteht in einer zwei- (nötigenfalls 
mehr-)maligen je einstündigen Einwirkung des vom Schwefeln der Weinfässer 
her bekannten scharfen Gases auf den durchaus trockenen geschorenen Körper 
des unter Ausschluß des Kopfes in eine möglichst gedichtete Gaszelle einge 
schlossenen Pferdes, deren Innenluft nicht unter 4 Vol. % an SO 2 = Gehalt und 30 
bis 40 Grad Wärme herabgehen darf; selbstverständlich muß der Gaseinwirkung 
die Behandlung des ihr zu entziehenden Kopfes und oberen Halsanteils nach einer 
der sonstigen bewährten Räude-Behandlungsverfahren vorausgehen und das Tier 
einer angemessenen Nachbehandlung unterzogen werden. Dadurch ist es gelungen, 
die ganze Behandlungsdauer der sonstigen Verfahren von 2 bis 3 Monaten auf etwa 
5 Wochen abzukürzen. Wenn trotz all der angewendeten Sorgfalt in der Be 
kämpfung der Seuche eine immerhin verhältnismäßig große Zahl von Tieren durch 
sie dahingerafft wird, so ist dies vor allem in der weitgehenden Entkräftung der 
Patienten durch die mit der Enthaarung verbundene übermäßige Wärmeausgabe 
und durch die von den beißenden und saugenden Schmarotzern unterhaltene un 
unterbrochene körperliche Unruhe begründet, welche den Befallenen eine ungestörte 
Nahrungsaufnahme und die nächtliche Erholung unmöglich macht. Kräftige und 
reichliche Nahrung zusammen mit einer genügenden Wärme der Stallungen spielt 
deshalb auch in der Therapie der Räude eine nicht zu unterschätzende Rolle. 
Unter den infektiösen Erkrankungen der Atmungsorgane hat wie schon 
auch in Friedenszeiten die Brustseuche vom Anbeginn des Feldzuges an die 
manuelle Geschicklichkeit der Veterinäre besonders mit in Anspruch genommen. 
Die schon vordem empfohlene, aber keineswegs eingebürgerte Behandlung der 
Krankheit durch die Infusion steriler Lösungen des aus der Luestherapie bekannten 
Salvarsans unmittelbar in die Blutbahn des Patienten ‘erwies sich namentlich bei 
frühzeitiger Verwendung als ein treffliches Heilmittel, das trotz seines hohen Preises 
wegen der sofortigen Herabminderung des Fiebers und der Untergrabung des Bodens 
für die uns noch nicht zugänglichen Erreger der Seuche unter den sonstigen Gegen 
mitteln eine geradezu beherrschende Stellung eingenommen hat, — freilich nur 
im Kampfe gegen die Erreger der reinen Brustseuche, nicht auch gegen deren leider 
nur zu häufige Begleiter, die Erreger jener schweren anatomischen Veränderungen,
	        
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