Volltext: Deutsche Naturwissenschaft, Technik und Erfindung im Weltkriege

Die Zahnheilkunde’ 1 . 
Von Alfred Kantorowiz, Bonn. 
icht unvorbereitet trat die Zahnheilkunde in den Weltkrieg ein. Aus den 
Berichten des Krieges 1870/71 war man ungefähr über den Charakter der Kiefer 
schüsse unterrichtet, die Erfahrungen des Balkankrieges und die allerdings weniger 
bekannt gewordenen des russisch-japanischen hatten uns die wesentlichen Formen 
der Verletzungen gelehrt. Methodische Schieß versuche der inilitärärztlichen Fach- 
anstalten hatten auch die anatomischen Merkmale aufgeklärt, die Nah- und Fern 
schüsse auf den Kieferkörper ausübten. 
Aber alle diese Erfahrungen, die sich im wesentlichen bestätigen, wie auch 
unsere allgemein chirurgischen Grundsätze keine Änderung in diesem Kriege 
erfahren haben, verhielten sich wie ein Manöver zur grandiosen Wirklichkeit des 
Krieges. Die scheinbar engumgrenzte, im engen Rahmen aber so spezialisierte 
Zahnheilkunde hat eine ganz neue Disziplin entwickeln müssen. Die Kieferbruch 
behandlung, wie sie sich An diesem Kriege herausgebildet hat, ist gekennzeichnet 
durch die Verbindung exaktester chirurgischer Technik und feinster zahnärztlicher 
Präzisionsmechanik. 
Aus mehreren Quellen schöpfte die Kieferbruchbehandlung ihre zahnärzt 
lichen Methoden, vorerst der orthodontischen Technik und dem zahnärztlichen 
.Brückenbau. 
Die Orthodontie oder das Richten der Zähne war unter dem Einfluß der 
amerikanischen Schule zu einer Gesichtsorthopädie geworden. Man hatte vor allem 
den großen Wert kennen gelernt, den das richtige Zusammenbeißen, die korrekte 
Artikulation für den Gesichtsausdruck, sowie für die Kaufunktion bedeutete. Die 
plumpen früheren Zahnregulierungsapparate waren in Amerika durch maschinell 
hergestellte typische Apparate ersetzt worden. Ihre Bestandteile waren im, wesent 
lichen ein federnder Draht, der,,Bügel“ (Abb. 1) und die sog. ,,Bänder“, die es ge 
statteten, mit Hilfe einer Schraube' jeden Zahn zu einer Stütze einer äußerlich 
sehr einfach aussehenden, tatsächlich aber vielseitigster Kraftentwicklung fähiger 
kleinen Maschine von. einer großen Stabilität zu machen. Mit Hilfe dieser 
Apparate konnten wir ganz gewaltige Veränderungen in den Kiefern (Abb. 2) 
x ) Die Abbildungen sind entnommen folgenden Werken: 
Abb. 1, 2. Angle, Victusionsanomalien der Zähne. H. Meußer, 1913. Berlin. 
Abb. 3, 7. Williger-Schröder, Die zahnärztliche Hilfe im Felde. Sammlung Meußer.“ Hermann 
Meußer, Berlin 1914. 
Abb. 4, 5. Möhring, Unterkieferresektionsprothese. Sammlung Meußer, Berlin 1914. 
Abb. 6, 10, 11, 12, 13, 16, 1.9, 20, 21, 22, 23, 24, 25, 26. Die gegenwärtigen Behandlungen der 
Kieferschuß Verletzungen. Herausgegeben von Bruhn. Bergmann, Wiesbaden 1916. 
Abb. 8, 9, 14, 15. Misch, Die Kriegsverletzungen der Kiefer. Meußer, Berlin 1916. 
Abb. 18. Klapp, Schröder. Die Unterkieferschuß brücke. Meußer, Berlin 1914. 
Deutsche Naturwissenschaft, Technik und Erfindung im Weltkriege. 56
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.