Volltext: Deutsche Naturwissenschaft, Technik und Erfindung im Weltkriege

Die Augenheilkunde 
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Drückeberger bilden, sich selbst die Krankheit einzuimpfen. Alle Körnerkranken 
werden mit den Gesunden eingezogen, in eignen Trachomspitälern behandelt, 
aber dabei zugleich militärisch ausgebildet und nach ihrer Genesung in besonderen 
Kompagnien vereinigt ins Feld geschickt. Der Krieg, welcher einst die Seuche 
nach Europa brachte, ist also jetzt ein Mittel ihrer Bekämpfung. 
Er hat auch die Frage der Schießbrillen, die schon lange im Zustand der 
Erwägung war, zur Entscheidung gebracht. Früher verwandte man eiförmige 
Gläser, welche auf beiden Seiten gleichen Schliff hatten, zum Ausgleich der 
Brechungsfehler des Auges. Die Sammelgläser für Übersichtige hatten beiderseits die 
Wölbung nach außen, die Hohlgläser für Kurzsichtige nach innen (Abb. 4). Sie gaben 
aber nur dann ein deutliches Bild, wenn ihr Träger senkrecht zum Glase durch dessen 
Mitte sah, beim Blick schräg durch die Randteile aber trat Verzerrung und Undeut 
lichwerden ein, besonders bei den stärkeren Nummern. Nun sieht aber der 
Schütze, da er beim Zielen den Kopf nach vorn und zur Seite des Gewehres neigt, 
durch dessen oberen inneren Teil. 
Um das zu verhindern, hatte 
man den Schießbrillen Bügel mit 
verstellbarem Gelenk gegeben, 
für den Scheibenstand recht gut. 
Wie aber soll beim Sturmangriff 
das Drehen ausgeführt werden, 
wie bei der Gasmaske ? Man hat 
jetzt runde, stark gebogene sog. 
Meniskengläser eingeführt, bei 
denen das Auge in großen Bewegungsgrenzen in gleichem Abstand vom Glas bleibt 
und die zerstreuende und verzerrende Wirkung der Randteile sehr vermindert 
ist. Das Gestell ist mattiert, sodaß es nicht glänzt. An Stelle der Metallbügel sind 
Doppelarme mit verstellbaren Bändern getreten, um ein dichtes Anschmiegen 
der Gasmasken zu gestatten. Mit diesen Brillen ausgerüstet, können Leute mit 
weit stärkeren Brechungsfehlern eingestellt werden als früher, sodaß der höhere 
Preis sich reichlich wettmacht. In den Augenstationen bei den Feldlazaretten 
werden Brillengläser und Gestelle vorrätig gehalten, zerbrochene oder verlorene 
Brillen sind also schnell ersetzt. Besonders geschliffene kompliziertere werden 
schon dem ausrückenden Soldaten vom Ersatzbataillon doppelt mitgegeben. 
Nun noch zum Schluß ein sehr trauriges Kapitel: etwas von den Kriegs 
blinden. Sie haben für uns und den Bestand und die Ehre unseres Vaterlandes 
ihr höchstes irdisches Gut, ihr Augenlicht, dahingeben müssen. 2500 sollen es sein, 
ein kleines Häufchen nur, verglichen mit der Gesamtzahl der Verwundeten und 
Gefallenen, ein riesiger Berg aber an Seelenqualen, zerbrochenen Hoffnungen und 
zerschmettertem Lebensglück. Wer von Geburt blind, wer schon im zarten Kindes- 
alter sein Sehen verlor, kann nur aus den Reden seiner Umgebung schätzen und 
erkennen lernen, was ihm durch seinen Sinnesmangel im Leben entgeht. Sie aber 
waren junge kräftige, sehende Männer mitten in der Berufstätigkeit, die plötzlich 
ewige Nacht umfing. Welch fürchterliche Stunde für sie, als der Arzt ihnen sagen 
mußte: „Laßt alle Hoffnung hinter Euch, Ihr werdet nie mehr sehend.“ Gibt es 
Abb. 4. Blick in gerader und schräger Richtung durch 
ein doppelgehöhltes und ein Meniskenglas
	        
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