Volltext: Deutsche Naturwissenschaft, Technik und Erfindung im Weltkriege

Die Augenheilkunde 
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die aus der Anatomie vorherzusagenden Gesichtsfeldstörungen zum Vorschein. 
So fiel z. B. nach Zerstörung des Wahrnehmungszentrums rechts, da beiderseits 
die rechten Netzhauthälften nicht mehr funktionierten, die linke Gesichtsfeldhälfte 
an beiden Augen aus (Hemianopsie). Nach Verwundung der beiderseitigen Seh 
sphären trat keine völlige Blindheit ein, es blieb vielmehr ein ldeines Gesichts- 
feldrestchen in der Peripherie oder um den Fixierpunkt erhalten. Trotzdem 
mit letzterem ein gutes zentrales Sehen verbunden wäre, ist es doch zu Mein, als 
daß es zur Orientierung hätte genügen können. Bei nur teilweiser Beschädigung 
der Sehsphären wurden kleinere entsprechende Ausfälle in den Gesichtsfeldern 
beider Augen beobachtet, ferner sog. Quadrantenhemianopsien und Verlust der 
oberen oder unteren Hälften. 
Der Kranke wird auf diesen Ausfall in seinem Gesichtsfeld oft erst durch die 
Untersuchung aufmerksam. Bezeichnend dafür ist ein schon lange bekannter 
Fall, den Gowers beschrieben hat, der sich beMagte, daß man im Krankenhaus 
immer Fleisch ohne Beilage bekäme. Er hatte nämlich stets nur das auf der gesunden 
Netzhautseite sich abbildende Fleisch gegessen, von den Kartoffeln auf der blinden 
Gesichtsfeldhälfte aber nie etwas gemerkt. 
Sogenannte Seelenblindheit, welche auf Zerstörung der Verbindungsfasern 
zum Vorstellungszentrum oder als Dauererscheinung selbst beruht, kam nach 
Schädelschüssen fast nie zur Beobachtung. Dabei sieht der Patient alles, z. B. 
einen in den Weg gehaltenen Stock, um den er herumgeht. Er vermag aber nicht 
durch das Betrachten allein zu erkennen, daß es ein Stock ist. Erst mit Hilfe 
der andern Sinne, z. B. durch Betasten, kommt ihm die Erkenntnis. 
Poppelreuter hat uns kennen gelehrt, daß bei Schädigungen der Sehzentren 
Störungen der rein optischen AuffassungsVorgänge, der sinnvollen optischen 
Erkennungs- und Denkvorgänge und Störungen der Tätigkeit infolge von mangel 
haftem Auffassen des Gesehenen zur Beobachtung kommen. Bei der Kompli 
ziertheit der Verhältnisse muß ich mir versagen, darauf einzugehen. 
Auch ohne unmittelbare Verletzung kann nach Schädelschüssen der Seh 
nerv in Mitleidenschaft gezogen werden. Sehr häufig entzündet er sich. Bei Raum 
beschränkung in der Schädelhöhle, z. B. durch Blutungen, entsteht eine Schwellung 
des Sehnervenkopfes, die sog. Stauungspapille. Beide mit dem Augenspiegel 
nachweisbaren Veränderungen haben hohe diagnostische Bedeutung und sind von 
größter Wichtigkeit für die Entschließungen des Chirurgen. Auch durch Blutung 
in die Sehnervenscheiden kommt es manchmal sehr schnell zur Stauungspapille. 
Ganz kurz will ich noch auf eine Erkrankung eingehen, welche auch in den 
Tageszeitungen besprochen worden ist, die sog. Nachtblindheit oder Hemeralopie. 
Bei uns nicht nur, sondern auch in den feindlichen Heeren meldeten sich zahlreiche 
Leute krank, weil sie bei eingetretener Dunkelheit sich nicht mehr zurechtfinden 
könnten. Ungeführt verlören sie ihre Kameraden und den Weg, stürzten über Steine 
und in Granatlöcher. Die im Dunklen vorgehaltene Leuchtuhr, sonst schon in 
größerer Entfernung als leuchtende Scheibe gesehen, bemerkten sie erst dicht am 
Auge, sehr schwere Fälle gar nicht. Bei Tage sahen sie gut. Diese Krankheit und 
ihr gehäuftes Vorkommen war für die Augenärzte nichts neues. Während beim 
Gesunden beim Eintritt in einen dunMen Raum sofort eine bis aufs 50fache steigende
	        
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