Volltext: Deutsche Naturwissenschaft, Technik und Erfindung im Weltkriege

Friedrich Dessauer 
gungen größerer Wellenlänge als 0,8 »x sind Wärmestrahlen ohne Lichtreiz, wie sie 
etwa von einem heißen Körper, der aber nicht glüht, ausgehen. Wellen kleinerer 
Länge als 0,4 [x sind chemisch wirksame Strahlen. Mit ihnen, den ultravioletten 
Strahlen, hat man im Kriege außerordentlich viel zur Wundheilung und Rekon 
valeszenz beigetragen. Dieser kurzwelligen, nicht mehr sichtbaren Lichtart kommt 
ein großer Teil des Einflusses der Sonne auf das Wachstum alles Lebendigen zu, 
.von ihnen stammt zum Teil die Heilwirkung der Höhenlagen, wie Davos, Leysin. 
Dort oben in der staubfreien Luft ist der Gehalt an ultraviolettem Licht der Sonnen 
strahlen besonders groß. Man hat das nachgemacht und künstliche Höhensonnen 
(Bach) geschaffen und bestrahlt damit in tausenden Lazaretten die verwundeten 
Soldaten. Die sichtbaren Schwingungen, also was man gemeinhin Licht nennt, 
umfassen, wie man zu sagen pflegt, ein Spektrum, d. h. von der Wellenlänge 
0,8 *x bis hinab zur Wellenlänge 0,4 ix sind ungemein zahlreiche verschiedene Wellen 
längen vorhanden. Löst man weißes Licht, das aus allen diesen Wellenlängen zu 
sammen besteht, in seine einzelnen Wellenarten auf, so erhält man dieses soge 
nannte Spektrum, nämlich die Nebeneinanderordnung aller Grundfarben. Diese 
Nebeneinanderordnung ist uns aus dem Regenbogen, aus den Zerstreuungsbildern 
der Prismen, aus dem Schillern eines Öltröpfchens bekannt. Das langwellige rote 
Licht von 0,8 |x Wellenlänge, das darauffolgende gelbe, grüne, blaue und violette 
bilden in ihren feinen Übergängen als Spektrum die Grundlage für alles, was wir 
sehen. Doch ist damit die Bedeutung des Spektrums nicht ausgeschöpft. Vielmehr 
finden sich bei der Betrachtung eines in seine Farbbestände aufgelösten weißen 
Sonnenstrahls eine .große Anzahl dunkler Linien in dem Spektrum und ebenso 
finden sich leuchtende Linien, wenn man das Sonnenlicht durch eine Gasflamme 
ersetzt. Die leuchtenden entsprechen den Wellenlängen, welche glühend leuch 
tende Gase der Lichtquelle als ihre Eigenfarbe zu uns strahlen. Die dunklen Linien 
entsprechen den Absorptionen, welche das Licht unterwegs durch nicht leuchtende 
Gase erlitten hat. Soviel über das Licht. Laues Entdeckung besteht nun darin, 
daß er — was man früher schon vermutete — mit Sicherheit bewies, daß nämlich 
die Röntgenstrahlen auch eine Lichtart seien, deren Wellenlänge aber ungefähr 
zehntausend mal kleiner ist wie die des sichtbaren Lichtes; also nicht mehr 0,8 jx, 
sondern 0,00008 jx beispielsweise. Die Methode Laues gehört zu den geistvollsten 
Einfällen in der Geschichte der Naturwisenschaft, indessen kann an dieser Stelle 
darauf nicht eingegangen werden* 
Nachdem man nun einmal wußte, was Röntgenstrahlen sind, ging das Studium 
ihrer Eigenschaften in ein rascheres Tempo über. Es stellte sich heraus, daß auch 
die Röntgenstrahlen ein Spektrum haben, aber nicht ein enges von einer Oktav, 
wie das sichtbare Licht, sondern ein überaus viel größeres von einer Menge Oktaven. 
Die Röntgenstrahlen haben also gewissermaßen auch ihre verschiedenen Farben, 
nur sehen wir die Farben nicht. Wohl aber unterscheiden wir die verschiedenen 
Arten der Röntgenstrahlen in bezug auf ihre Wellenlänge und in bezug auf ihre 
wichtigste Eigenschaft, nämlich das Durchdringungsvermögen. Daß Röntgen 
strahlen undurchsichtige Stoffe durchdringen, z. B. durch Holz, durch den mensch 
lichen Körper hindurchgehen, war ja gerade das Sensationelle bei ihrer Entdeckung, 
und dieser Eigenschaft verdanken wir ihre diagnostische Verwendbarkeit zum großen
	        
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