Die Lichttherapie im Kriege
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gut ausgerüsteten und geübten Heere Erfolge erzielen kann, so muß auch der
Arzt sein Wissen und Können im Frieden für den Krieg rüsten, um den Verheerungen
durch Wunden und Seuchen aller Art mit Erfolg entgegentreten zu können. In
früheren Zeiten waren die Verluste an Menschenleben auf dem Schlachtfelde ver
hältnismäßig gering gegenüber denen durch Wundfieber, Wundbrand, Wundstarr
krampf und Seuchen aller Art. Der Arzt stand damals den Leiden des Krieges meist
hilflos gegenüber. Wenn das jetzt noch so wäre, ließen sich die Kriegsverluste an
Menschenleben bei dem jetzigen, blutigen Ringen der Massenheere gar nicht aus
denken. Aber es ist anders geworden. Durch die Errungenschaften der medizinischen
Wissenschaft, Technik und Erfindung, sowie durch die bis ins einzelnste durch
dachte Organisation des Sanitäts Wesens ist jetzt bei uns der Arzt imstande, den
außerordentlichen Anforderungen, die der Kampf der Millionenheere an ihn stellt,
gewachsen zu sein. Der hohe Prozentsatz der geheilten und wieder dienstfähig
gewordenen Verwundeten und Kranken ist ein beredtes'Zeugnis für seine Erfolge.
Seine Kriegsrüstung hat sich bewährt, und unter dieser nimmt die Lichttherapie
einen nicht gering zu schätzenden Raum ein, wie die folgenden Ausführungen zeigen
werden.
Die Lichtbehandlung im Kriege wird mit der natürlichen Lichtquelle, der
Sonne, und mit den künstlichen Lichtquellen ausgeübt. Da die Sonne oft im Stich
läßt, finden die künstlichen Lichtquellen: Glühlampen, Bogenlampen und vor allem
die Modelle der medizinischen Quarzlampen (Kromayerlampe, Bachsche künstliche
Höhensonne, Jesionekquarzlampe) die bei weitem ausgedehntere Verwendung.
Über Sonnenbestrahlungen berichtet ein Feldarzt in Polen, der sich die
Sonne in der Weise nutzbar machte, daß er eine Treibhausanlage zur ,, Sonnen-
ldinik“ umbaute und meist den ganzen Körper bestrahlte, verbunden mit offener,
Wundbehandlung. Er erzielte dadurch rasche Besserung des Allgemeinzustandes,
schnelles Sinken des Fiebers, ein rasches Versiegen der Tiefeneiterung und auffallend
glatte Wundheilung. Behandelt wurden nur Schwerkranke, besonders solche mit
schweren Infektionen.
Behandlung mit künstlichen Lichtquellen: Glühlampen haben in
der Hauptsache Wärmewirkung, welche Austrocknung der Wunden zur Folge
hat und die Saugfähigkeit der Gewebe steigert, aber nicht viel länger anhält, als die
Wärmequelle ein wirkt. Die Strahlen, welche einen entzündungshemmenden Reiz
auf Wunden ausüben, beginnen mit. dem gelben Teil des Spektrums und nehmen
mit dem Gehalt an violetten zu. Die ultravioletten sind je nach dem Grade der
Einwirkung entzündungerregend; ihre anregende Wirkung auf den HeilungsVorgang
ist außerordentlich groß. Sie wurden deshalb in erster Linie bei der Wundbehandlung
verwendet, die sie in ganz neue Bahnen leiteten. Während früher mit aseptischen
und antiseptischen Verbänden gearbeitet wurde und zerfetzte und verunreinigte
Wunden oft jeder Behandlung trotzten, sodaß Wundfieber, Wundbrand und Wund
starrkrampf nicht auszuschalten war§n, hat sich die Wundbehandlung mit Ultra
violettbestrahlungen der Quarzlampe außerordentlich bewährt. Man sah größere
Wundflächen unter der Einwirkung der Quarzlampenbestrahlung schnell austrock
nen und sich überhäuten, schlaffe. Granulationen (Körnchenbildung) verwandelten
sich im Laufe eines halben Tages in kräftiges, gut durchblutetes und leicht blutendes