Volltext: Deutsche Naturwissenschaft, Technik und Erfindung im Weltkriege

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Philipp Erlacher 
1915) die ,,Kriegsorthopädie“, die sich mit dem, Transport der Verwundeten, mit 
der Behandlung der Schußfrakturen und ihrer Folgezustände, m,it den Distorsionen 
und Lähmungen und endlich mit der Anpassung von orthopädischen Apparaten 
und Prothesen befaßt. In Wien (1915) erschien ,,Die orthopädische Behandlung 
Kriegs verwundeter“ von Spitzy-Hartwich mit einer ähnlichen Einteilung des 
Stoffes; nur wird der Orthopädie im Hinterlande, insbesondere den orthopädischen 
Operationen, ein breiterer-Raum eingeräumt; gleichzeitig erhält man einen Einblick 
in den Massenbetrieb des Wiener orthopädischen Spitales, in die Abteilung Prothesen - 
Bau und die Invalidenschulen dortselbst. Beide Bücher geben einen guten Überblick 
über den Umfang der Kriegsorthopädie und zeigen die Wege, die im Einzelfall 
einzuschlagen sind; sie .sind aber nicht imstande, die fehlende Vorbildung und 
mangelnde Praxis zu ersetzen, die eben nur durch Spezialstudium und jahrelange 
Tätigkeit auf orthopädischen Abteilungen erworben werden kann. Um es daher 
zu ermöglichen, daß, trotzdem nur wenige Fachärzte zur Verfügung standen, den 
noch eine möglichst große Anzahl von Patienten einer sachgemäßen Behandlung zu 
geführt werde, fand man in großen Lazaretten einen Ausweg derart, daß eine strenge 
Gliederung und Teilung der Patienten nach der Art ihrer Erkrankung vorgenommen 
wurde, sodaß die einzelnen Ärzte nur in ein einziges streng umgrenztes Gebiet 
sich einzuarbeiten hatten. Unter ständiger Aufsicht und Anleitung von 
Orthopäden lernten so auch Nichtfachärzte eine große Anzahl von Patienten 
sachgemäß behandeln. Dies erforderte allerdings, eine großzügige und bis ins 
kleinste gehende Organisation, deren Durchführung nicht immer leicht war, die 
aber schließlich zum vollen Erfolg führte. Wie so oft, hat auch in diesem Fall das 
deutsche Organisationstalent die bestehenden Schwierigkeiten siegreich überwunden. 
Für den ersten Verband und den Transport der Verwundeten konnten die 
Orthopäden mit ihren Erfahrungen aus der Friedensunfallpraxis dem Chirurgen 
beratend an die Seite treten, und unter gegenseitiger Unterstützung wurde die 
orthopädische Verbandtechnik wesentlich ausgebaut und erweitert. Angefangen 
von den einfachen Improvisationen im Felde, der Not des Augenblicks gehorchend, 
und den einfachen Transportschienen und -Vorrichtungen, bis zu den Transport 
verbänden aus Gips, wetteiferten unsere besten Chirurgen und Orthopäden v. Eiseis - 
berg-Wien, v. Hacker-Graz, König-Marburg, Länge-München u. v. a. mit 
Ratschlägen und praktischen Angaben an der Weiterentwicklung derselben. Der 
gefensterte Gipsverband wurde zum Brückengipsverband erweitert und hat 
Triumphe gefeiert. Zur Überbrückung wurde die Cramersche Drahtschiene, 
die sich auch sonst außerordentlich bewährt hat und vielseitig angewendet wurde, 
oder Bandeisen oder Holz verwendet. Man lernte auch den Transportgipsverband 
unter Zug anlegen und hat besondere Vorrichtungen angebracht, um die Zug Wirkung, 
die für einen Knochenbruch ja die besten Heilbedingungen schafft, weiter zu erhalten. 
Dort, wo seine richtige Anlegung möglich ist, gewährleistet der Gips verband den 
von Arzt und Patient gleich erwünschten schmerzlosen Transport, allerdings unter 
Festhaltung der gegebenen Verhältnisse. Die Transportmittel, Tragbahren, Wagen, 
Automobile und Eisenbahnwagen usw., wurden entsprechend geändert und für den 
gedachten Zweck brauchbar gemacht. Ist der Patient nun glücklich ins Hinterland 
gekommen, so sucht der Chirurg die Wundheilung unter den möglichst besten
	        
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