Volltext: Deutsche Naturwissenschaft, Technik und Erfindung im Weltkriege

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Die Orthopädie im Kriege. 
Von Philipp Erlacher, Graz-Wien. 
E s ist ein Erfolg der letzten Jahrzehnte, daß die Orthopädie sich zu einem selb 
ständigen Spezialfach der Chirurgie entwickelt und ausgebildet hat. Männer 
wie Lorenz (Wien), Hoffa f (Berlin), Bardenheuer *j* (Cöln), Heusner f 
(Bonn) haben es als ihre Lebensaufgabe angesehen, die Grundlagen dieser jungen 
Wissenschaft zu schaffen, und ihre Schüler haben in rastloser Weiterarbeit die 
Entwicklung dieses Spezialgebietes soweit gefördert, daß beim Ausbruch dieses 
ungeheuren Krieges wenigstens in den größeren Städten meist im Zusammenhang 
mit den chirurgischen Kliniken orthopädische Abteilungen bestanden hatten. 
Wie wichtig es aber war, daß wenigstens überall die Grundlagen orthopädischer 
Abteilungen vorhanden waren, wurde sofort durch die tausendfach gesetzten Wunden 
des Krieges erwiesen, die besonders auch an die ärztliche Nachbehandlung ungeheure 
Ansprüche stellten; und wir hoffen, daß durch die Triumphe, die die Orthopädie 
in diesem Kriege feiert, nicht nur alle Gegner von der Notwendigkeit eines selb 
ständigen orthopädischen Faches, sondern auch davon überzeugt werden, daß 
an jeder Universität ein Lehrstuhl für Orthopädie errichtet und die Orthopädie 
selbst zum medizinischen Prüfungsgegenstand erhoben werden muß. 
Lange (München) bezeichnet als Arbeitsfeld der Orthopädie ,,die Beschäf 
tigung mit den chronischen Leiden des Bewegungsapparates' 4 . Daher ergibt sich 
die Abgrenzung dieser Wissenschaft gegenüber der Extremitätenchirurgie, mit 
der sie vieles gemeinsam hat, daß sie die akuten Erkrankungen und Verletzungen 
nicht behandelt und andrerseits das wichtige Gebiet der Wirbelsäulenerkrankungen 
in sich schließt; gegenüber der Kinderchirurgie, die fast ganz in ihr aufgeht, daß 
dieser vor allem die chronischen Leiden des Erwachsenen wie Plattfuß, rheumatische 
Erkrankungen der Gelenke usw. fehlen. Alle engeren Eachgenossen der Ortho 
pädie haben sich in der ,, Deut sehen Orthopädischen Gesellschaft" vereinigt, die 
am letzten ordentlichen Kongreß im Jahre 1914 zu Berlin 449 Mitglieder aus 
Deutschland und Österreich-Ungarn zählte. Den besten Überblick über den Um 
fang unseres Faches ergibt die Neuordnung des Stoffes, wie sie in der ,Zeitschrift 
für orthopädische Chirurgie“, dem Organ der Gesellschaft, im Jahre 1914 erfolgte. 
Er umfaßt: Allgemeines, Geschichte und Grenzgebiete der Orthopädie; 
die Technik der Behandlung, die in den letzten Jahren außerordentlich vervoll 
kommnet worden ist, wobei für Verbandtechnik die Namen Gocht -Berlin, besonders 
aber Hessing für Apparate und Hoeftmann-Königsberg für Prothesen zu nennen 
wären; Mediko-Mechanxk, Massage und Gymnastik, die ebenfalls in den letzten 
Jahren besonders gefördert wurden, sind soweit Allgemeingut der Orthopäden 
geworden, daß sie wertvolle Grundlagen für die Behandlung unserer Kriegsinvaliden 
bilden konnten. Zu den Deformitäten und ihren Ursachen kommen noch Wachs 
tumsstörungen der Knochen, angeborene Kontrakturen und Luxationen, deren 
Behandlung Lorenz-Wien und Ludloff-Frankfurt erweitert haben. Besonders
	        
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