Volltext: Deutsche Naturwissenschaft, Technik und Erfindung im Weltkriege

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Ernst Lehmann 
wenig, Para B intensiv und Coli weitaus am stärksten. Auch in den Bielingschen 
Nährböden spielt das verschiedene Reduktionsvermögen eine bemerkenswerte Rolle. 
Die Stuhluntersuchung spielt nicht nur bei Kranken, sondern auch bei den 
nicht seltenen gesunden Trägern von Typhus- und Paratyphusbazillen eine große 
Rolle. Solche Träger können ganze Truppenteile infizieren, ohne selbst krank zu 
sein. Der Ausfindung dieser Bazillenträger ist deshalb eine besondere Aufmerksam 
keit zuzuwenden. In diesem Kriege sind ganze Truppen verbände, viele Tausende 
von Gefangenen auf solche Träger durchuntersucht worden. Wir werden auf solche 
Massenuntersuchungen noch kurz zurückkommen. 
Typhus- und Paratyphusbazillen kommen aber bei Erkrankten nicht nur 
im Stuhle, sondern sehr häufig auch im Blute vor. Ganz besonders in den ersten 
Krankheitstagen sind sie daselbst anzutreffen. Man versuchte deshalb diese Bak 
terien auch aus dem Blute zu erziehen. Conradi und Kayser haben diese Methode 
mit besonderem Erfolge ausgearbeitet, sodaß sie in diesem Kriege^zu sehr allgemeiner 
Verwendung kam. Man entnimmt zum Zwecke der Feststellung eine Menge von 
5 bis 10 Kubikzentimetern Blut steril einer Vene und bringt es in ein Reagenzglas 
oder ähnliches Gefäß mit steriler Rindergalle. In Rindergalle geht das Wachstum 
von Typhusbazillen und verwandten besonders vorteilhaft vonstatten. Die Rinder 
galleröhrchen werden 24 bis 48 Stunden im Brutschrank belassen, hierauf wird etwas 
ihres Inhaltes auf Endoplatten ausgegossen, auf denen dann bei positivem Ergebnis, 
also bei Vorhandensein von Typhusbazillen oder verwandten gar bald die charak 
teristischen Kulturen erwachsen. Wenn auch von manchen Seiten, z. B. Grundmann 
(B. Kl. W. 1915, S. 44), bei geimpften Soldaten keine vollen Erfolge mit dieser 
Methode erzielt worden sein sollen, so stellt sie doch zurzeit die beste Methode 
zur Typhusdiagnose dar. 
Wegen ihrer großen Bedeutung für die Diagnostik wurde während des Krieges 
versucht, diese Gallenmethode noch weiter pu verbessern, vor allem, dieselbe 
abzukürzen. So schlug Königsfeld vor, in einem Reagenzröhrchen, auf dessen 
Boden Endo- oder später Drigalskiagar eingebracht wurde, der mit Rindergalle 
überschichtet wurde, Jlindergalleröhrchen und Agar zu kombinieren. Es wird 
dann das Blut in die Galle eingebracht, die Bakterien sinken zu Boden und entwickeln 
sich daselbst direkt auf der Agarschicht, wodurch die Erzielung des Resultats um 
12 bis 24 Stunden beschleunigt wird. 
Wieder andere beschleunigende Methoden werden von Schmidt (D. M. W. 
1915, Nr. 2) und Schürmann (D. M. W. 1916, Nr. 6) vorgeschlagen, doch können 
wir diese hier nicht näher besprechen. 
Im Frieden war sodann eines der wichtigsten Glieder der Typhusdiagnose 
die sogenannte Widalsche Blutuntersuchung. Wir haben das Wesen dieser Unter 
suchungsmethode schon weiter oben besprochen. Mit ihrer Kenntnis gingen die 
Ärzte und Bakteriologen ins Feld. Gar bald aber setzte die allgemeine Typhusimpfung 
ein. Bei derselben werden abgetötete Typhusbazillen ins Blut gebracht, welche 
in der oben erörterten Weise erzogen wurden: Wenn man nun solches Blut von 
Typhusgeimpften zur Widalschen Probe benützte, erhielt man, wie sich bald heraus 
stellte, in sehr vielen Fällen mit echten Typhusbazillen auch eine Agglutinations- 
reaktion, was ja im Grunde nicht überraschend ist, da ja die Agglutinine bei der
	        
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