Volltext: Deutsche Naturwissenschaft, Technik und Erfindung im Weltkriege

Die Bakteriologie im Kriege 
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Mit der Feststellung typhusverdächtiger Kolonien auf den genannten 
Differentialnährböden ist aber die Diagnose noch nicht abgeschlossen. Einmal 
leben im Darm den Typhusbazillen ähnelnde, nichtpathogene Formen, zum anderen 
die Paratyphusbazillen. Die spezielle Differentialdiagnose bleibt da noch zu stellen. 
Um dies zuwege zu bringen, sticht man die verdächtigen, auf Endo-Milchzucker 
nicht vergärenden Kolonien ab und verimpft sie auf Bouillonröhrchen. Dort 
entwickeln sie sich und können nach einigen Stunden auf ihre Beweglichkeit geprüft 
werden und im bejahenden Falle mit Typhus und Paratyphusserum agglutiniert 
werden. Aber auch, wenn diese Prüfung positiv ausfällt, ist eine weitere Prüfung 
der so erhaltenen Stämme unbedingtes Erfordernis, da auch gewisse ungefährliche 
Colistämme in manchen Fällen von echtem Typhus oder Paratyphusserum agglu 
tiniert werden. Man bedient sich nun, um zu endgültiger Klarheit zu kommen, 
wieder vor allem der verschiedenen Gärfähigkeit von Coli-, Typhus- und Para 
typhusbazillen. 
Längst durch Petruschky in die bakteriologische Diagnostik eingeführt ist 
die Lackmusmolke. Sie wird durch vorsichtiges Ausfällen des Kaseins aus der 
Milch bei ganz schwach saurer Reaktion, Kochen des Filtrats und Vermischung 
der neutralisierten Flüssigkeit mit etwas Lackmus gewonnen. In dieser Flüssigkeit 
sind neben Milchzucker Eiweißsubstanzen in geringer Menge vorhanden. Die 
milchzuckervergärenden Colibazillen röten diese Lackmusmolke intensiv und 
bringen die Reste des darin vorhandenen Kaseins zur Ausfällung, wodurch die Molke 
getrübt wird. * B. typhi läßt die Molke wegen fehlender Milchzuckergärfähigkeit 
fast unverändert. Zwischen beiden stehen nun die B. paratyphi A und B, das 
erstere bildet etwas mehr Säure aus Milchzucker, rötet daher die Laclujiusmolke 
ein wenig, bringt es aber nicht zur Trübung. Para B bildet anfangs etwas mehr 
Säure, sodaß die Molke gerötet und etwas getrübt ist, nach mehreren Tagen aber 
bildet er Alkali aus den vorhandenen Eiweißspuren und bringt so eine Bläuung der 
Molke hervor. 
In ähnlicher Weise hat Barsiekow eine Lackmusnutroselösung, welche mit 
verschiedenen Zuckern oder Alkoholen versetzt wird, zur Diagnose herangezogen. 
Auch hier gibt die Rötung der Lackmuslösung und die Ausfällung der Nutrose 
den Grad der Säurebildung an. In den Barsiekowlösungen wird auch schon das 
bei der Gärung entstehende Gas zur Diagnose genützt. Bei den Barsiekowlösungen 
ergeben sich allerdings allerlei Gefahren bei der Diagnose, auf welche Ditthorn, 
Raubischeck, Natonek, Köhler und Lehmann hinwiesen. 
Die Gasbildung bei der Gärung wird in erster Linie auch bei der Verimpfung 
in Traubenzuckeragar diagnostisch genützt. Coli und Para B vergären Trauben 
zucker sehr intensiv und bilden viel Gas, Para A viel weniger, B. typhi gar nicht. 
In ähnlicher Weise wird die Gasbildung aus Galaktose und Xylose bei den vorzüg 
lichen, von Bieling während des Krieges aufgefundenen Differentialnährböden in 
der Coli-Typhus-Gruppe genützt. 
Außer der Gärung wird weiter, wie schon eingangs erwähnt, das verschiedene 
Reduktionsvermögen gegenüber allerlei Stoffen zur Diagnose herangezogen. Typhus 
bazillen sind nicht in der Lage, Neutralrot zu reduzieren, Para A nicht oder nur
	        
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