Volltext: Deutsche Naturwissenschaft, Technik und Erfindung im Weltkriege

Die Bakteriologie im Kriege 
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13 324 Liter 'Choleravaccine, 12 690 Liter Typhusvaccine hergestellt; das hygienische 
Institut Kiel lieferte innerhalb 3]/ 2 Monaten 4 000 Liter Choleraimpfstoff. In dem 
städtischen Untersuchungsamt der Stadt Berlin wurden innerhalb 8% Monaten 
8 644,4 Liter Impfstoffe hergestellt, darunter im Januar 1915 allein 2 723,8 Liter 
Typhusimpfstoff. 
Gewisse Schwierigkeiten machte zumeist die Abmessung der nötigen Bakterien 
mengen. Die Dosierung war im Großbetriebe natürlich nicht nach Oesen möglich. 
In den einzelnen Laboratorien half man sich da in verschiedener Weise. In Berlin 
nahm man den gut gewachsenen Bakterienrasen einer Petrischale zu 65 Oesen 
an; der Rasen einer Kolleschale ergab zirka 200, der einer Drigalskischale zirka 
400 Oesen. Vergleichende Zählungen im hygienischen Institut der Universität 
ergaben, daß die Dosierung den Anforderungen der Durchschnittswerte entsprach. 
Von verschiedenen Seiten (Neumann, Rembold, Bujwid) wurden zur Fest 
stellung der Konzentration der Vaccinen optische Methoden ausgearbeitet. Es 
wurden Testaufschwemmungen bekannten Gehaltes hergestellt, mit denen dann 
auf optischem Wege die herzustellenden Vaccinen in Übereinstimmung zu bringen 
sind. Solche Testaufschwemmungen wurden auch von der Kaiser-Wilhelms-Aka 
demie ausgegeben. 
Zur Abtötung der Bakterienkulturen, welche bei nicht über 55 Grad steigender 
Temperatur stattzufinden hat, damit die immunisatorische Kraft der Vaccinen 
nicht leidet, wurden z. B. in Berlin besondere Wasserbäder eingeführt. Auch sonst 
wurden mancherlei verschiedene Methoden und Apparate zur Vaccineherstellung ein 
geführt, auf' die wir hier nicht näher eingehen können. 
Auf die Herstellung der therapeutisch wichtigen Antitoxine (Diphtherie, 
Tetanus antitoxin), welche schon jahrelang in besonderen Großbetrieben ausgeübt 
wird, können wir an dieser Stelle nicht eingehen, wenngleich sie naturgemäß durch 
den Krieg — es sei nur an das letztere erinnert — ganz erheblich gesteigert wurde. 
Die im Kriege wichtigsten Bakterien. 
Das Reich der Bakterien ist groß und seine Glieder sind in ihrer Wirkungs 
weise und ihren Lebensverhältnissen ungeheuer mannigfaltig. Die äußere Form 
aber ist, wie wir mehrfach sahen, sehr wenig verschiedenartig. Bei den höheren 
Pflanzen und Tieren bietet im Gegenteil gerade diese die wichtigsten Anhaltspunkte 
zur systematischen Einteilung und zur Festlegung der verwandtschaftlichen Be 
ziehungen. Es ist unter diesen Umständen nicht zu verwundern, daß bei den Bak 
terien die Bemühungen, ein auf die Verwandtschaftsverhältnisse zu begründendes 
System aufzustellen, noch nicht zum befriedigenden Ergebnis geführt haben. Mannig 
faltige Versuche liegen allerdings vor, und zweifellos existieren bestimmte Gruppen, 
deren Glieder einander verwandtschaftlich besonders nahestehen. Wir müssen 
uns im folgenden für einen dieser Versuche entscheiden, und werden die im Kriege 
wichtigen Bakterien in der Hauptsache in der Reihenfolge darstellen, wie sie uns 
in dem bekannten Grundriß von K. B. Lehmann und Neumann geboten wird. 
Es werden dort drei Familien der Bakterien aufgestellt: die Coccaceen, die Bacteri- 
aceen und die Spirillaceen, während einige besonders wichtige, gewöhnlich als 
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