Volltext: Deutsche Naturwissenschaft, Technik und Erfindung im Weltkriege

Die Bakteriologie im Kriege 
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wortet, ist es bei Bakterientoxinen, wie Behring zuerst für das Diphtherietoxin 
zeigte, anders. Hier bildet der Körper nach Einverleibung von Diphtheriegift ein 
Antitoxin, welches spezifisch auf das Diphtherietoxin antwortet und den Körper 
gegen Diphtherietoxin schützt. Ganz dasselbe ist auch nach Einverleibung des 
Toxins des Tetanusbazillus, eines Ruhrbazillus usw. der Fall. Wenn man nun 
bestimmte Tiere mit bestimmten Mengen eines Toxins behandelt, so kann man an 
der Reaktion die Art des infizierenden Organismus erkennen. In dieser Weise spielen 
die Toxine in der Tuberkulosediagnostik eine besondere Rolle. In erster Linie 
aber von Bedeutung ist die Bildung der Antitoxine bei der Therapie von Diphtherie 
und Tetanus. Gerade das letztere ist in diesem Kriege ungeheuer wichtig geworden 
und wird im medizinischen Teile näher erörtert werden. 
Bakteriolysine. 
Durch das Einbringen von Bakterien in den Körper der Organismen wird 
aber weiter noch die Bildung von anderen spezifischen Substanzen ausgelöst, deren 
Zustandekommen naturgemäß wieder auf bestimmte, in den Bakterien vorhandene, 
von den Toxinen verschiedene Stoffe zurückgeht, deren Anwesenheit wir aber 
wieder nur in der Wechselwirkung zwischen Bakterium und befallenem Organismus 
erkennen können. 
R. Pfeiffer hat zuerst für die Cholera, dann gemeinsam mit Kolle auch für 
den Typhus festgestellt, daß sich unter dem Einfluß des in die Gewebe des mensch 
lichen oder tierischen Körpers eingedrungenen Krankheitserregers im Blute eigen 
artige Stoffe bilden, welche auflösend auf die eindringenden Bakterien wirken. 
Indem er Typhusbazillen im Gemisch mit Blutserum einer Ziege, welche durch Ein 
spritzungen von lebenden oder abgetöteten Typhusbazillen vorbehandelt war, 
in die Bauchhöhle von Meerschweinchen einführte und einige Zeit darauf mit der 
Spritze etwas Bauchhöhlenflüssigkeit ansog, konnte er in der letzteren unter dem 
Mikroskop den Zerfall der Typhusbazillen unmittelbar beobachten. Dieser Zerfall 
blieb aus, wenn das Serum eines nicht vorbehandelten Tieres verwendet oder andere 
Bakterien als Typhusbazillen eingespritzt wurden. Es wurde dagegen in gleicher 
Weise regelmäßig beobachtet, wenn statt des Ziegenserums das Blutserum von 
Menschen genommen wurde, welche den Typhus kürzlich überstandenjaatten oder 
sich in der Genesung von der Krankheit befanden. Die hierbei auf tretenden Stoffe 
wurden als Bakteriolysine bezeichnet. Ihre Bildung wird in rein spezifischer Weise 
ausgelöst, sodaß die Bakteriolysine als wichtiges Diagnostikum für mancherlei Bak 
terien heranziehbar sind. Der oben beschriebene, sogenannte Pfeiffersche Ver 
such kam besonders zu Anfang des Krieges noch häufig zur Diagnose der Cholera 
in Anwendung, während er später mehr und mehr anderen, einfacheren Methoden 
weichen mußte. 
Agglutination. 
Von ganz besonders praktischer Bedeutung für die Diagnostik der Bakterien 
im Kriege ist die sogenannte Agglutination. Nachdem Pfeiffer gezeigt hatte, 
daß nach Einverleibung von Bakterien in den Körper bestimmte Stoffe gebildet 
werden, welche die Bakterien auflösen, teilten im Jahre 1896 Gruber und Durham 
Deutsche Naturwissenschaft, Technik und Eifindung im Weltkriege. 41
	        
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