Volltext: Deutsche Naturwissenschaft, Technik und Erfindung im Weltkriege

Die Bakteriologie im Kriege 
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Wie überall, kann sich natürlich die bakteriologische Diagnostik nicht anf 
eingehende chemische Untersuchungen einlassen, sie bedarf schnellerer Methoden, 
um zu entscheiden, welche Bakterienformen in Frage kommen. Bei der Ver-^ 
gärung von Kohlehydraten wird Säure und Gas gebildet; man kann also, wenn 
man die Bildung von Säure oder Gas in bestimmten Nährböden, deren Komponenten 
bekannt sind, beobachtet, erkennen, ob der betreffende Organismus auf diesen 
Nährböden zu wachsen imstande ist und die darin befindlichen Kohlehydrate 
spaltet. Die Bildung von Säure und Alkali wird durch Verfärbung des dem Nähr 
stoff beigesetzten Lackmusfarbstoffs erkannt, die Bildung von Gas durch Zerreißung 
der als Nährboden benützten Agarsäule durch die entstehende Gasspannung. 
In ähnlicher Weise nützt man auch die verschiedenen Bakterien eigener 
Reduktionsfähigkeit gegenüber einzelnen Farbstoffen. In der bakteriologischen 
Diagnostik benützt man beispielsweise häufig Neutralrot. 
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In die Stoffwechselvorgänge greifen aber dann auch mancherlei Stoffe 
hemmend und schädigend ein. Wir können auf den Mechanismus dieser Schädigungen 
hier nicht näher eingehen, wollen hingegen der praktischen Bedeutung derselben 
einige Aufmerksamkeit widmen, da sie im Kriege eine große Rolle spielt. Eine ganze 
Reihe von Stoffen töten den Bakterienkörper, wenn sie in genügender Menge hinein- 
gelangen, ab. Vor allem sind es wasserlösliche Stoffe, welche hier in Frage kommen 
und durch Abtöten der Bakterien desinfizierend wirken. Am bekanntesten von 
solchen Desinfizientien sind Quecksilbersalze (Sublimat), Silbersalze (Protargol), 
Phenole (Karbolsäure), Kresole Usw. Inwiefern diese Stoffe zur Desinfektion im 
großen herangezogen werden, bleibt Gegenstand zur Besprechung des hygienischen 
Teils. 
Der Tierversuch. 
Zu den wichtigsten Bedingungen, deren Erfüllung Koch zur Sicherung der 
Aetiologie eines Bakteriums für eine bestimmte Krankheit forderte, gehört der 
Tierversuch. Man hat schon längst versucht, durch Übertragung kranken Materials 
vom Menschen auf das Tier dieselbe Erkrankung wie beim Menschen auch beim 
Tiere hervorzurufen, und so zu beweisen, daß das betreffende Material wirklich 
die fragliche Erkrankung auslösen kann. Wenn man aber die Aetiologie bestimmter 
Bakterien für eine Krankheit feststellen will, so muß man die Bakterien in Rein 
kultur auf das Versuchstier in geeigneter Weise übertragen. Das wurde zuerst 
mit Erfolg von Koch ausgeführt. Der wichtigste Zweck des Tierversuchs besteht 
also darin, festzustellen, daß eine aus einem kranken Organ gezüchtete Bakterienart 
wirklich die fraglichen Krankheitserscheinungen oder Schädigungen hervorrufen 
kann. Damit gewinnt man zugleich wichtige Merkmale für die in Frage kommenden 
Bakterien. 
Als Versuchstiere haben sich besonders Kaninchen, Meerschweinchen, weiße 
Mäuse und Ratten eingebürgert, aber auch größere Tiere werden je nach dem zu 
untersuchenden Material gelegentlich verwendet. Wir können auf die Einzelheiten 
des Tierversuchs hier naturgemäß nicht eingehen. Es sei nur betont, daß es bei
	        
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