Volltext: Deutsche Naturwissenschaft, Technik und Erfindung im Weltkriege

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Robert Sommer 
Eine rasche und richtige Orientierung im Raum ist für viele militärische 
Zwecke, besonders bei Patrouillengängen während der Nacht, bei längeren Märschen 
in unbekannter Gegend, ferner in eigenartiger Weise unter bestimmten Umständen 
beim Fliegen von der größten Bedeutung. Unter den gewöhnlichen Bedingungen 
des Friedens kommt die große Verschiedenheit der Menschen in dieser Beziehung 
viel weniger zutage, da sich für die Orientierung eine große Zahl von Hilfsmitteln 
(Wegzeiger, Karten, Auskünfte, Führer usw.) bietet. Kritisch wird die Frage erst 
dann, wenn solche äußere Anhaltspunkte fehlen, und der einzelne Mensch im wesent 
lichen auf seine natürlichen Hilfsmittel angewiesen ist. Auch hierbei kann selbst 
verständlich zunächst eine bedeutende Schärfe der Wahrnehmung im optischen 
und akustischen Gebiet von größter Bedeutung für die räumliche Orientierung 
werden, indem z. B. Helligkeitsunterschiede am Horizont oder auf Straßen und 
Feldern, Erkennung von Sternen trotz dunstiger Beschaffenheit der Atmosphäre, 
ferner im akustischen Gebiet leichte Gehörseindrücke, z. B. Rauschen von Wasser, 
Rascheln von Laub, Brausen von marschierenden Truppen usw. bei besonderer 
Sinnesschärfe zur Wahrnehmung kommen. 
Andererseits muß man damit rechnen, daß manchmal solche Eindrücke 
vollständig fehlen, sodaß andere Hilfsmittel der räumlichen Orientierung heran 
gezogen werden müssen. Hier spielt nun offenbar nach meiner persönlichen Beob 
achtung der Tastsinn an den Füßen beim Gehen eine außerordentliche Rolle. 
Es gibt Menschen, die beim Wandern von den geringen Unterschieden in der Steigung 
des Weges nichts wahrnehmen, während andere hierfür ein außerordentlich feines 
Gefühl haben. Dies beruht auf den Tast- und Widerstandsempfindungen, die beim 
Gehen an den Füßen ausgelöst werden. Kommt hierzu ein gutes Gedächtnis für 
diese Art von Empfindungen, so kann die Tastempfindung beim Marschieren ein 
ausgezeichnetes Hilfsmittel der räumlichen Orientierung werden. Sehr merkwürdig 
ist es, daß sich meist schon in der Art des Gehens der einzelnen Menschen diese 
besondere Beziehung zu der Tastempfindung ausdrückt, sodaß die Menschen, die 
diese Eigenschaft haben, in der Regel schon an der Gangart erkennbar sind. 
Aus den Erfahrungen an Blinden, die der optischen Hilfsmittel völlig beraubt 
sind, wissen wir, welche Feinfühligkeit der Tastsinn bekommt. Hier treten auch 
noch andere Hilfsmittel in Kraft, z. B. wenn ihre Hände in die Nähe eines Gegen 
standes kommen und sie dabei das Gefühl von Wärme oder Kälte, sowie Feuchtig 
keitsempfindungen haben. Dies kommt jedoch im Gebiet der Militärpsychologie in 
dieser Weise kaum in Betracht. Andererseits muß auf die Bedeutung der Tast 
empfindungen an den Füßen bei der räumlichen Orientierung hingewiesen werden. 
Von großer Bedeutung ist die räumliche Orientierung aus Schalleindrücken 
mit Lokalisation der Gehörsreize im Raum. Dabei erscheinen Hörschärfe und 
Beurteilung der Richtung, aus der ein Schall kommt, als gesonderte Funktionen, 
die zwar manchmal bei einzelnen Menschen verknüpft sind, jedoch eigentlich 
getrennt werden müssen. Die vielfachen Fehler in der Beurteilung der Schall 
richtung beruhen vielfach auf äußeren mechanischen Bedingungen, welche den 
Rückschlag des Schalles aus bestimmter Richtung hervorrufen und dadurch Täu 
schungen über die eigentliche Richtung der Schallquelle verursachen. Jedoch auch, 
wenn man diese äußeren Ursachen abzieht, bestehen offenbar persönliche Unter
	        
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