Volltext: Deutsche Naturwissenschaft, Technik und Erfindung im Weltkriege

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Ernst Lehmann 
Stoffgewinnung aus der Luft, zum anderen aus tierischen und menschlichen Urinen 
usw. gewonnen werden. Kalium findet sich in Deutschland in unermeßlichen Mengen. 
Hayduck beschreibt nun das Hefegewinnungsverfahren mit Hilfe der 
eben erwähnten Nährstoffe folgendermaßen: Melasse, etwa 50 Prozent Zucker 
enthaltend, wird in sehr dünner Lösung mit den genannten Nährsalzen versetzt 
und kommt in ein großes Gärgefäß, etwa so groß als der Baderaum eines Schwimm 
bades, an dessen Boden Lüftungsrohren zum Einblasen von Luft liegen. In diese 
Nährlösung wird nun eine genügend große Menge Hefe eingesät, und zwar eine 
Sorte, die keinen Alkohol bildet, also ihre ganze Lebenskraft der eigenen Fort 
pflanzung widmet. Die verwendete Hefe vermehrt sich bei weitem schneller als 
Getreidepreßhefe. Man nennt diese Hefe Mineralhefe. Sie hat eine große Bedeutung 
bei der Ernährung gefunden. Es ist ein Kriegsausschuß für Ersatzfutterstoffe ins 
Leben gerufen worden, der die Herstellung der Mineralhefe organisiert. Nähr 
präparate verschiedener Art sind aus ihr hergestellt worden. Das Institut für 
Gärungsgewerbe in Berlin hat die Nährhefeherstellung in größtem Umfange auf 
genommen, Hefekochrezepte sind herausgegeben worden, die Mediziner haben ihre 
Verdaulichkeit kontrolliert, so daß die Nährhefe heute in weiten Kreisen benützt 
wird. Die Hefe kommt aber gleichzeitig als Fettbildner in Frage. Im Impffluß von 
Bäumen polnischer Wälder fand der Brauereiingenieur Schrettenseger eine Hefe 
form, die Endomyces vernalis, welche er Professor Lindner in Berlin sandte, der 
feststellte, daß sie erhebliche Mengen Fett zu bilden imstande war. Sie benützt 
den dargebotenen Zucker nicht zur Alkoholbildung, wie Bier- und Weinhefen, 
sondern zur Bildung von Zellwänden, und vor allem zur Fettbildung. Dasselbe 
erfüllt nach einigen Tagen die Zelle zu einem großen Teile an. Zur Gewinnung 
dieses Fettes ist ebenfalls eine Versuchsfabrik eingerichtet worden, in welcher die 
Züchtung in großem Maßstabe vorgenommen wird. Leider sind uns nur in der 
Züchtung solcher Eiweiß- und Fetthefen durch die beschränkten Mengen vorhan 
denen Zuckers in gewissem Grade die Hände gebunden, zumal die Hefe auch noch 
zur Gewinnung von Glyzerin aus Zucker herangezogen wird, was für die Kriegs 
bedürfnisse von ganz besonderer Bedeutung ist. 
Genugmittel (Kaffee- und Tee-Ersatz). 
Nicht nur bei so wichtigen Nährmitteln, wie den pflanzlichen Fetten und 
Ölen, war man gezwungen, nach Ersatz zu suchen, auch allerlei gewohnte Genuß- 
mittel wurden uns im Kriege entzogen, die wir zu ersetzen genötigt sind. 
Kaffee. 
Ungefähr seit Beginn des 18. Jahrhunderts hatte man in Europa gelernt, 
aus den Früchten des in den Tropen Asiens und Afrikas heimischen Kaffeebaumes 
(Coffea arabica), der botanisch zu derselben Familie gehört wie der Waldmeister, 
die Rubiazeen, das bekannte Getränk zu brauen. Es erfreute sich bald steigender 
Beliebtheit und kam trotz vielfacher Anfeindungen schnell zum allgemeinen 
Gebrauch. Große Kulturen wurden in allen Tropen angelegt, und England, als 
der Welthandelsmann, verdiente ungeheure Reichtümer durch Versendung nach
	        
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