Volltext: Deutsche Naturwissenschaft, Technik und Erfindung im Weltkriege

36 
Robert Sommer 
Ich hebe dabei folgende geistigen Vorgänge hervor: 
I. Sinnliche Wahrnehmung. II. Das Gedächtnis und die Merkfähigkeit, so 
wie die Erwerbung von Vorstellungsmaterial. III. Die Assoziationen. IV. Die Bil 
dung von psychischen Komplexen. V. Affektzustände. VI. Willenscharakter. 
VII. Aussage. VIII. Verstand und Begriffsbildung. IX. Erfindertätigkeit. 
Nach Besprechung dieser elementaren Gebiete der Psychologie läßt sich 
eine Anzahl von Erscheinungen verstehen, in denen sich eine Reihe von ver 
schiedenen Grundeigenschaften in besonderer Weise kombiniert, wobei es sich 
einerseits um den Individual-, andererseits um den Nationalcharakter handelt. 
Die Untersuchung der Einzelfunktionen führt auch im Gebiet der Kriegspsychologie 
weiter zu einer Untersuchung der angeborenen Anlage Einzelner oder ganzer Gruppen 
von Menschen. 
I. Die sinnliche Wahrnehmung. 
Die gute Beschaffenheit der Sinnesorgane und der ihnen entsprechenden 
Sinnessphären im Gehirn gehört zu den Grundlagen der militärischen Befähigung. 
Es würde über den Rahmen dieser Darstellung weit hinausgehen, wenn ich hier die 
ganze Psycho-Physiologie der Sinne im Hinblick auf unser Thema entwickeln 
wollte. Es müssen jedoch zum mindesten in diesem Zusammenhang drei Sinnes 
sphären herausgehoben und behandelt werden, nämlich 1. der Gesichtssinn, 2. das 
Gehör, 3. der Raumsinn. 
1. Gesichtssinn. 
Der Gesichtssinn hat schon in der Militärpsychologie des Friedens stets eine 
hervorragende Bedeutung gehabt. Die elementare Leistung des Werfens nach 
einem Ziel, die in dem Schießen eine technische Fortsetzung gefunden hat, beruht 
'einerseits auf der Anwendung und Übung des Gesichtssinnes, andererseits auf einer 
Muskelarbeit, die so reguliert sein muß, daß der geworfene Gegenstand das Ziel 
erreicht. Im psychologischen Sinne enthält also jedes Werfen nach einem Ziel 
und besonders das Schießen ursprünglich eine sensible und eine motorische 
Komponente. Das Schießen stellt im Kern einen optisch-motorischen Vorgang 
dar, bei dem die Bewegungen auf die Erreichung des ins Auge gefaßten Zieles gerich 
tet sind. Allerdings hat sich im Lauf der technischen Entwicklung besonders bei 
den modernen Steilfeuergeschützen, bei denen das Ziel überhaupt nicht gesehen 
wird, scheinbar eine vollständige Abkehr von dieser ursprünglichen Beschaffenheit 
des Zielens mit dem Gesichtssinn vollzogen, und doch stellt sich bei genauerer 
Prüfung heraus, daß die verschiedenen Zieleinrichtungen nur eine Art von tech 
nischem Ersatz des Sehens bedeuten, indem sich an dessen Stelle eine Reihe von 
Hilfsmitteln, die der angewandten Mathematik entspringen, einschieben. Das 
Ursprüngliche beim Zielen, wie es jetzt noch besonders im Infanteriekampf, ferner 
beim Bombenwurf und anderen Kriegshandlungen hervortritt, besteht immer in 
einer Verbindung von optischen Wahrnehmungen mit Bewegungen, mittels derer 
das Ziel getroffen werden soll. 
Bei der Ausbildung im Schießen ist es von größter Wichtigkeit, diese beiden 
Teile genau auseinanderzuhalten und die eventuell in ihnen vorhandenen Fehler
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.