Volltext: Deutsche Naturwissenschaft, Technik und Erfindung im Weltkriege

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Rudolf Stüb© 
R. Stübe, Die Ukraine und ihre Beziehungen zum Osmanischen Reich. Leipzig 1915. 
O. Keßler, Die Ukraine. München 1915. 
Ostwald, Die Ukraine und die ukrainische Bewegung. Essen 1915. 
4. Litauer und Letten. Die Finnen. 
Dem indogermanischen Völkerkreise gehören die Litauer (1,6 Millionen) und 
die ihnen nahe verwandtenLetten (l,4Millionen)an. Sprachlich bilden sie innerhalb 
des indogermanischen Sprachstammes eine selbständige Gruppe von hoher Alter 
tümlichkeit, anthropologisch entfernen sie sich, vor allem durch Schmalschädelig- 
keit, von den Russen. Kulturell stehen die Litauer tiefer, etwa auf der Stufe des 
russischen Landvolkes, während die Letten durch deutschen Einfluß an Bildung 
und sozialer Lage sehr gehoben sind. Eine Darstellung der Zustände verdanken 
wir Gaigalat, G. vonLutzau und andern, die zum Teil freilich mit Kritik zu 
benutzen sind. 
Von den nicht-indogermanischen Völkern Rußlands gebührt die erste Stelle 
dem stämmereichen Volke der Finnen. Wir begreifen unter diesem Namen meist 
nur die Bevölkerung Finnlands. Das ist unzutreffend. Die Finnen nahmen etwa 
bis ins 10. Jahrhundert das ganze zentrale Rußland — das Wolgagebiet — und den 
Osten bis zum Ural ein. Als Jäger und Fischer siedelten sie sich verstreut, sodaß 
die koloniale Ausbreitung der Slawen nach Osten leicht unter ihnen Raum fand. 
Ohne Kämpfe sind Slawen und Finnen vielfach miteinander verschmolzen. Noch 
heute bekunden zahlreiche geographische Namen, daß Zentral- und Ostrußland 
altfinnischer Boden gewesen. So ist z. B. Moskau finnischen Ursprungs. Durch 
das Eindringen der russischen Kolonisation und durch Wanderung sind sie heute 
in zwei Gruppen geteilt, die Westfinnen und die Ostfinnen. Zu jenen gehören 
außer den Bewohnern Finnlands, die sich selbst Suomi nennen, kleinere 
Völker, wie die Esten, die ausgestorbenen Liven, die Tschuden, Ingrier und Kare 
lier um die Waldaihöhe. Im Typus sind diese Finnen schmalschädelig, blauäugig 
und blondhaarig. Sehr zersplittert erscheint die Masse der Ostfinnen, die noch 
heute im Osten Rußlands und an der Wolga sitzen. Von den Westfinnen unter 
scheiden sie sich körperlich durch kleinere Gestalt und zeigen eine Annäherung 
an den mongolischen Typus. Kulturell sind sie Jäger- und Fischer Völker. Zu ihnen 
gehören die Syrjänen, die Permier und Wogulen im Norden, die Wotjaken, Tschere- 
missen und Mordwinen an der Wolga. Wahrscheinlich sind anthropologisch auch 
die Tschuwaschen als Finnen zu betrachten; sie reden aber tatarisch. Alle diese 
Völker sind stark mit Slawen gemischt und scheinen, da sie kulturell dem russischen 
Volke nahe stehen und der orthodoxen Kirche angehören, der Einschmelzung in 
das Großrussentum unterworfen zu sein. Dagegen sind die Finnen in Finnland 
durch ihre politische Stellung wie durch ihre geistige Kultur von starkem nationalen 
Bewußtsein erfüllt und stehen für die Erhaltung ihres Volkstums in schweren 
Kämpfen mit der russischen Regierung, die sich über alle Rechte der Finnen und 
alle Zusagen der Kaiser hinweggesetzt hat. 
Otto Keßler, Die Bältenländer und Litauen. Berlin 1915. 
Vidünas, Litauen in Vergangenheit und Gegenwart. Tilsit 1916. 
Werbelis, Russisch-Litauen. Stuttgart 1916.
	        
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