Volltext: Deutsche Naturwissenschaft, Technik und Erfindung im Weltkriege

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K. Kautzsch 
Es dürfte für einen Laien schwer sein, sich eine richtige Vorstellung zu machen, 
welche ungeheuren Mengen von Arzneimittelpräparaten für die einwandfreie und 
systematische Behandlung eines viele Millionen Mann zählenden Heeres erforder 
lich sind. 
Durch die Kriegslieferungen wurde der pharmazeutisch-chemischen Industrie 
zu einem nicht unbeträchtlichen Grade ein Ausgleich für die sehr bedeutsamen 
Ausfälle geschaffen, die sie durch die Behinderung des Auslandhandels während 
des Krieges erlitt, und die allgemein durch die feindlichen Kriegsmaßnahmen, 
durch die während des Kriegs erfolgten Ausfuhrverbote und schließlich auch, aller 
dings nur im geringeren Maße, durch die im Laufe des Kriegs festgesetzten 
hohen Exportpreise für gewisse pharmazeutische Präparate bedingt wurden. (Die 
Unterbindung des Arzneimittelhandels mit dem Auslande brachte übrigens vielfach 
deutlich die Abhängigkeit des Auslandes von der deutschen Arzneimittelindustrie 
zur Erkenntnis. Man denke z. B. nur an die Bedeutung der deutschen Salicyl- 
säure-, Veronal-, Salvarsanpräparate und die ausgezeichneten Fiebermittel der 
Pyrazolongruppe [Antipyrin, Pvramidon usw.], die das Ausland in großer Menge 
von Deutschland bezog.) 
Außer der dem Kriegssanitätswesen unmittelbar nutzbringenden Tätigkeit, 
die hauptsächlich das Fabrikationswesen betraf, hat der Krieg auch noch andere 
Aufgaben für Forschungsarbeiten, Anregungen für Neuerungen und Erfindungen 
auf dem Gebiete der Heilmittelbewegung gegeben. 
In erster Linie möge hier der sehr wichtigenAufgaben Erwähnung getan werden, 
die durch das Gebot„Durchhalten“ den pharmazeutisch-chemischen Kreisen gestellt 
wurden. 
Mit manchen Rohstoffen, Grundstoffen, die für Arzneimittelzubereitungen 
erforderlich sind, mußte sparsam und sparsamer umgegangen werden; zum Teil 
mußten sie aus anderen uns noch zugängigen Stoffen dargestellt oder auch durch 
andere ähnlichwertige Produkte ersetzt werden. Es sei an die nötigerweise geschaffenen 
Spar- und Ersatzmittel für Öle und Fette, die als Lösungs- oder Suspensionsmittel, 
als Salbengrundlagen wichtig sind, gedacht, an die Ersatzmittel für Lanolin, Vaseline, 
Seifen usw. Es sei vor allem an die eingeführten Ersatzmittel für das in Apotheken so 
viel gebrauchte Glycerin, das während des Krieges nach und nach imiqer seltener 
wurde, erinnert. 
Verschiedene Präparate sind vorgeschlagen und eingeführt worden, welche als 
Ersatz für Glycerin, teilweise auch in therapeutischer Hinsicht, gute Dienste leisten. 
Als solche Mittel sind zu nennen: Zuckerlösungen, ölhaltige Flüssigkeiten, Pflanzen 
schleimlösungen, Gelatine, leimartige Lösungen und gewisse Salzlösungen, wie 
milchsaure Salze, die dem Glycerin ähnliche physikalische Eigenschaften aufweisen 
(vgl. im Kapitel ,,Neue Arzneimittel" Perglycin und Perkaglycin). Als ein Präparat, 
das sich auf Grund seiner pharmazeutischen und therapeutischen Verwendungs 
fähigkeit als Glycerinersatzmittel recht günstig erwies, ist das Tegoglykol (Aethylen- 
glykol) zu erwähnen, das während der Kriegszeit nach einem neuen Verfahren 
in billiger Weise in größerem Maßstabe dargestellt werden konnte (vgl. Tegoglykol 
S. 197).
	        
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