Volltext: Deutsche Naturwissenschaft, Technik und Erfindung im Weltkriege

Die Meteorologie im Kriege 
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schung nötigt dazu, auch der gleichfalls aus der Erdbewegung entspringenden 
Zentrifugalkraft einen nicht zu unterschätzenden Einfluß zuzugestehen, der allerdings 
erst in größerer Höhe zum, Ausdrucke kommt. 
In der Mehrzahl der uns täglich bei näherer Betrachtung der Windverhält 
nisse begegnenden Fälle ist die Zyklonalbewegung kaum erkennbar. Tritt sie mit 
Entschiedenheit auf engbegrenztem Raume in die Erscheinung, so spricht man von 
einem Tornado oder einer Trombe; hierher gehören die immerhin auch in Deutschland 
nicht ganz seltenen Wind- und Wasserhosen, die selbstverständlich nicht am gleichen 
Orte verbleiben, sondern so lange im Fortschreiten bleiben, bis zumal die an der 
Unterfläche unvermeidliche Reibung ihren Zerfall herbeiführt. Ausgedehnte 
Wirbelsysteme sind in der Tropenregion heimisch; in Westindien kennt man sie 
als Hurricanes (aus Orkan verstümmeltes Wort), im Indischen und Westpazifi 
schen Ozean als Taifune. Bei solchen Wirbelstürmen ist selbst füi tadellos gebaute 
und gelenkte Schiffe, denen ein gewöhnlicher Seesturm nichts anhaben kann, 
eine gewisse Gefahr unverkennbar, der jedoch nach den neuesten Vorschriften der 
Admiralität mit großer Aussicht auf Erfolg begegnet werden kann. Die frühere 
preußische und die jetzige deutsche Marine hat mehrere Schiffe auf solche Weise 
in den indischen und chinesischen Gewässern eingebüßt. 
Bei all den Winden, die uns bislang beschäftigten, war die Richtung wenn 
auch keine horizontale im strengen Wortsinn, so doch eine solche, daß ihr Winkel 
mit der Horizontalebene nur klein war. Es gibt indessen auch Winde von ganz 
anderer Art, wie dies schon ihr Name Fallwinde ersehen läßt. Eir gewisses Luft 
quantum stürzt von einer Höhe herab, die ruhigen Luftschichten durchmessend 
und großenteils beiseite drängend. Ein zugleich heißer und trockener Fall wind 
heißt Föhn; erscheint ein Wind von solcher Beschaffenheit kalt und trocken, so 
heißt er Bora (schweizerische, respektive südslawische Bezeichnung). Beide können, 
falls eben die Verhältnisse für ihre Entstehung sonst günstig liegen, in jedem Ge- 
birgslande Vorkommen, aber ihre sozusagen klassischen Gebiete sind der Nord 
abhang der Alpen und die östliche Adriaküste. Steigt ein Luftstrom an der ihm 
zugekehrten Luvseite eines Gebirges auf, so gibt er, bei dieser Bewegung einer 
fortschreitenden Abkühlung unterliegend, die mitgebrachte Feuchtigkeit als Regen 
ab und hat schon beim Anlangen an der Leeseite (im Windschatten) das Wesen 
eines trockenen Windes angenommen. Beim Absteigen erwärmt sich die Luft, 
und zugleich ist ihr der ursprüngliche Wasserdampfgehalt zum größten Teile ver 
loren gegangen, so daß die Trockenheit eine beträchtliche Zunahme erfahren hat. 
Diese von Hann aufgestellte Theorie erklärt nicht allein die Eigenart des Föhns, 
sondern auch die, welche der Bora und dem ihr nahe verwandten südfranzösischen 
Mistral zukommt. Man muß sich nämlich fragen, wie es denn komme, daß diese 
letzteren Fall winde kalt sein sollen. Die Antwort lautet, daß sie, wie es den Gesetzen 
der mechanischen Wärmetheorie gemäß gar nicht anders sein kann, ebenfalls eine 
Erwärmung zuwege bringen, die thermometrisch nachweisbar ist, aber da ihre 
Anfangstemperatur äußerst niedrig war, so empfindet man ihr Wehen trotzdem 
als ein Kälte und hochgradige Trockenheit mit sich bringendes. Die österreichi 
schen Kämpfer auf dem Karstplateau leiden im Winter und Frühling stark unter 
der Bora, die freilich für den italienischen Gegner noch weitaus empfindlicher ist.
	        
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