Volltext: Deutsche Naturwissenschaft, Technik und Erfindung im Weltkriege

92 Siegmund Günther 
angewandte Methode verwendet dagegen das Schalenanemometer, welches die 
ein Maß der Windstärke liefernde Windgeschwindigkeit unmittelbar abzulesen 
gestattet. Man stellt den Apparat so auf, daß der Wind sich in einer der vier auf zwei 
senkrecht verbundenen horizontalen Stangen angebrachten Hohlhalbkugeln fängt, 
und indem nun dieses Drehkreuz in Bewegung gesetzt wird, liest man an den Index 
kreisen ab, wieviel Umdrehungen auf einen gegebenen Zeitabschnitt entfallen. 
In der Hauptsache genügt es, mit Trabert die rein empirischen, der sogenannten 
Beaufort-Skale entsprechenden Stärkegrade auf die gemessenen Geschwindigkeiten 
im Sinne des folgenden Schemas zurückzuführen: 
Intensität: .f 1 2 3 4 5 J 6 7 8 9 10 
Geschwindigkeit: A \ 1,5 3,7 6,2 8,8 11,8 ** \ 15,0 18,8 24,0 32,8 50,0 
Was in Gruppe A steht, gilt als Wind schlechtweg; jede Zahl der Gruppe B 
kennzeichnet einen Sturm; dieser steigert sich zwischen 9 und 10 zum Orkan. 
Im Binnenlande Europas sind Orkane eine Seltenheit. 
Veranlaßt wird jeder Wind, vom schwächsten Luftzuge bis zu Orkanen von 
furchtbarster mechanischer Kraftleistung, durch atmosphärische Temperatur 
unterschiede, denn die stärkere Erwärmung, die, wie wir wissen, von der Erde 
durch Leitung auf die Atmosphäre übertragen wird, zieht einen aufsteigenden Luft 
strom oder, wie man zutieffender sagt, eine Luftauflockerung nach sich, und mit 
dieser sind notwendig Ausgleichsströmungen gegen die Stelle geringerer Luftdichte 
hin verbunden. Bereits vor anderthalb Jahrhunderten hatte der große Physiker 
Lambert klar erkannt, daß der Druck der Luft ihrer Dichte entspreche, und daß 
von den Bezirken höheren Luftdruckes nahe der Erdoberfläche eine Strömungsbe 
wegung gegen die Gegenden niedrigeren Lufdrucks hin eintreten müßte, wogegen 
in größerer Höhe dann wieder eine Kompensation erfolge. Eine sehr wichtige 
Beeinflussung dieser Winde war ihm jedoch entgangen; auf sie wurden erst in den 
vierziger Jahren des vorigen Jahrhunderts die Amerikaner Coffin und Eerrel, vor 
allem aber der Holländer Buys Ballot aufmerksam. Dies war die Umdrehung der 
Erde um ihre Achse. Sie bewirkt, daß jede terrestrische Bewegung ohne alle Aus 
nahme einer Ablenkung unterliegt, deren Betrag dem Sinus der geographischen 
Breite proportional, am Äquator sonach nicht vorhanden ist. Auf der Nordhalb 
kugel hat sie rechtsseitigen, auf der Südhalbkugel linksseitigen Drehsinn. Man 
kann diese Abweichung an Bahngleisen und Flußufern nachweisen, und daß sie 
sogar bei weittragenden Geschossen noch in die Grenzen des Meßbaren falle, scheint 
nach Poisson festzustehen, wenn auch das Maß der Abirrung zu geringfügig ist, 
um artilleristisch in Betracht zu kommen. Bei Winden hingegen, mögen sie 
nun einen ganz kleinen oder, wie die sogenannten Fallwinde, einen großen 
Winkel mit der Horizontalebene einschließen, muß sich die Erdrotation geltend 
machen. 
Es tritt dies schon deutlich hervor in der allgemeinen Zirkulation der Atmo 
sphäre. Wäre die Außenseite der Erdkugel homogen, etwa eine zusammenhängende 
Wasserfläche, so würde, da erfahrungsgemäß in der durchschnittlichen geographi 
schen Breite von +35° ein Gürtel hohen Luftdruckes unseren Planeten umzieht, 
in den niederen Breiten ein Nordostwind und in den höheren ein Südwestwind auf
	        
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