Volltext: Deutsche Naturwissenschaft, Technik und Erfindung im Weltkriege

Die Meteorologie im Kriege 
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Ergebnissen zu gelangen. Hennig hat eine Reihe solcher vermeintlicher Tatsachen 
kritisch geprüft und als Phantasmen dargetan. Seiner Zusammenstellung sei hier 
angereiht, was aus der Völkerschlacht bei Leipzig zu folgern wäre, welche, was 
die Menge der in vier Tagen abgefeuerten Schüsse betrifft, gewiß keinen Vorgänger 
und für hundert Jahre auch keinen gleichwertigen Nachfolger gehabt hat. Es 
standen nahe an 200 000 Krieger Napoleons I. mindestens 400000 der Verbündeten 
gegenüber, und man wird kaum fehlgehen, wenn man annimmt, daß manchmal 
ungefähr 1000 Geschütze sich gegenseitig bekämpften. Der 16. Oktober, der heftigste 
Schlachttag, war trüb und nebelig, der 17., eine große Pause, direkt regnerisch; 
am 18. wurde, während es aufklarte, wieder erbittert gefochten, und der 19., an 
dem die Eroberung der Stadt Leipzig erfolgte, brach als strahlender Herbsttag 
an. Läßt sich aus diesen Gegensätzen auch nur entfernt ein Schluß auf eine Abhängig 
keit des Luftzustandes von den vielen tausend Kanonen- und Millionen Kleinge 
wehrschüssen ziehen? Auch das Jahr 1870 hat, mag immerhin keine der damals 
ausgefochtenen Schlachten hinsichtlich der Feuerwirkung mit Leipzig zu ver 
gleichen sein, da sogar bei Gravelotte nicht entfernt so viele Soldaten wie dort 
einander gegenüberstanden, keinen Anlaß geboten, einen tatsächlichen Einfluß 
der Feuerwaffen auf die Beschaffenheit des Wetters zu ermitteln. Da will es denn 
auch nicht viel besagen, daß General Kuropatkin in einem am 15. Oktober 1904 
an den Zaren gerichteten Dienstschreiben die allerdings gewaltigen mandschurischen 
Schlachten für die seine Operationen nachher behindernden heftigen Regengüsse 
verantwortlich machen wollte. Was aber der Völkerkrieg der neuesten Zeit uns 
in dieser Beziehung zu lehren scheint, kann durchaus nicht für, eine Beweisführung 
im einen oder anderen Sinne ausgenützt werden. An der Somme hat ein Geschütz - 
feuer von unerhörter Dauer und Intensität Monate hindurch angehalten, und in 
diesem Zeitabschnitte wechselten im nordwestlichen Frankreich schöne und regen 
reiche Perioden ganz ebenso ab, wie in ganz Europa. Hält man also noch daran 
fest, daß irgendwelche ursächlichen Momente zur Stellungnahme nach der einen 
oder anderen Richtung gänzlich fehlen, so wird man zu einem Erfahrungssatze 
von allerhöchster innerer Wahrscheinlichkeit gedrängt: Die meteorologischen 
Verhältnisse sind zwar von einschneidendster Wichtigkeit für den Kriegs verlauf, 
aber umgekehrt ist der Kriegsverlauf gleichgültig für die meteorologischen Ver 
hältnisse. Es liegt da ein ,,nicht umkehrbarer“ Satz vor. 
Das alles wird um so einleuchtender, wenn wir, so wie wir dies jetzt zu tun beab 
sichtigen, uns den meteorologischen Bewegungsgesetzen zuwenden. Bewegte Luft 
nennen wir Wind, und dessen Richtung bestimmen wir mittelst einer immer auf 
den einfachen Grundsatz der Windfahne zurückzuleitenden Vorrichtung, während 
die Windstärke direkt oder indirekt ermittelt werden kann. Ersteres geschieht 
mit Hilfe der Windtafel, indem eine rechteckige Fläche, um eine ihrer Seiten als 
horizontale Achse frei beweglich, der Richtung des Luftstromes in den Weg gestellt 
und, je nach der Stoßkraft des letzteren, um einen größeren oder geringeren Winkel 
aus der vertikalen Normalstellung herausgedreht wird. Auch ein Winddruckmesser 
ist diesen Dienst zu verrichten befähigt; eine horizontale Röhre ist durch eine 
federnde Platte abgeschlossen, und wenn auf diese die bewegte Luft einwirkt, 
so wird sie mehr oder minder tief in die Röhre hineingetrieben. Die gewöhnlich
	        
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