Volltext: Deutsche Naturwissenschaft, Technik und Erfindung im Weltkriege

Die Meteorologie im Kriege 
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zu einem der drei oben festgelegten Erdräume in Frage kommt. Sodann mag 
auch, wie Brand des näheren ausgeführt hat, die Jahreszeit eine gewisse unter 
stützende oder hemmende Rolle spielen, was damit Zusammenhängen kann, daß die 
Schallgeschwindigkeit der Quadratwurzel aus der Temperatur proportional ist. 
Wir erinnern uns, daß letztere mit der Höhe abnimmt, und ein gleiches muß mithin 
auch für die Fortpflanzung des Schalles zutreffen. Diese Verminderung wird 
bewirken, daß der Schallstrahl nicht, wie man im allgemeinen annimmt, gerad 
linig verläuft, daß er gegenteils eine gekrümmte, gegen unten konvexe Linie dar 
stellt, ähnlich wie es auch beim Lichtstrahl bei der sogenannten anormalen Re 
fraktion (Fata morgana) der Fall ist. Sowie der Schallstrahl in die uns bereits 
bekannte Stratosphäre eintritt, wo fast gleichbleibende Temperatur die Regel 
bildet, wo die Schwankungen derselben um den Normalwert — 55° nur ganz gering 
sind, setzt sich die Geradlinigkeit der Fortpflanzung wieder fort. Wir haben in 
dessen gesehen, daß Unstetigkeitsflächen, jenseits deren sich der Erwärmungs 
zustand der Luft wieder hebt, auch schon im Bereiche der Troposphäre keine 
Seltenheit sind, und es ist wohl denkbar, daß an diesen Flächen nicht allein eine 
starke Refraktion des Schalles stattfindet, sondern daß auch das akustische Seiten 
stück jener Erscheinung sich ergeben kann, welches man in der Optik als Total 
reflexion kennt. Strahlen, die dieser unterliegen, würden somit die Erdoberfläche 
wieder erreichen und da, wo sie auf treffen, das anormale Schallgebiet liefern, 
während dem optischen Begriffe des Schattens, hier also des Schallschattens, 
die Schweigzone entspräche. Die rechnerische Untersuchung von dem Bornes 
wird sich nun freilich mit dieser Hypothese, die zunächst nur die Möglichkeit ins 
Auge faßt, nicht recht vereinbaren lassen. Insbesondere ist es auch nicht eben 
wahrscheinlich, daß die Stärke der Schallenergie, nachdem die Wellen abgelenkt, 
absorbiert und zurückgeworfen sind, noch ausreichen könnte, um die nach der 
Angabe vieler Beobachter so wenig abgeschwächte Deutlichkeit des Kanonendonners 
zu erklären. Man hat ferner auch daran gedacht, daß die Reflexion hauptsächlich 
nicht an einer der unteren Inversionsflächen, sondern wesentlich an jener Fläche 
vor sich ginge, welche die Wasserstoff hülle unserer Erde nach unten ab grenzt. 
Allein gerade bei einem solchen Echo, denn von einem solchen könnte man mit 
allem Rechte sprechen, wenn also die Schallspiegelung in einer ganz beträchtlichen 
Höhe erfolgte und die reflektierten Wellen auf ihrem weiten Wege noch weit mehr 
Energie einbüßen müßten, wäre die volle Vernehmbarkeit der Detonationen eigent 
lich noch unerklärlicher. Diesen Einwurf hat der Wiener Meteorologe W. Schmidt 
näher begründet, und er scheint sehr berechtigt zu sein. 
Daß vor allem auch der herrschende Wind einen gewichtigen Faktor dar 
stellen kann, wird meist auch von Denen zugestanden, die in der Hauptsache einer 
anderen Deutung der Phänomene zuneigen. Diesen Gedanken hat, mit allgemeinen 
Erwägungen sich nicht begnügend, vor kurzem R. Emden bis zum Ende durch 
gedacht und analytisch eingekleidet; wie er angibt, liegt auch von dem Japaner 
Fujiwhara eine sinnverwandte Arbeit vor. Die erfahrungsmäßig nachgewiesene 
Windzunahme in größeren Höhen leitet den Schallstrahl wieder in die Tiefe, d. b. 
herab zum Erdboden, und so entsteht jenseits des Gebietes, innerhalb dessen nichts 
mehr zu hören war, ein neuer Raum der Hörbarkeit. Auf der Leeseite dehnt sich dieser
	        
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