Volltext: Deutsche Naturwissenschaft, Technik und Erfindung im Weltkriege

Die Meteorologie im Kriege 
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ist denn auch, von Ausnahmen abgesehen, immer vorhanden. Bei trockener Luft 
wird auf eine durchschnittliche Temperatur Verminderung von 1° für 100 m zu rech 
nen sein; bei feuchter Luft ist sie namhaft geringer, für gewöhnlich etwa y 2 °. Denn 
indem der Wasserdampf infolge der Abkühlung einer Verdichtung unterliegt, wird 
Wärme frei, und diese verlangsamt den Abkühlungsprozeß. Wesentlich bestimmt 
wird die Größe des Thermometerrückganges auch durch die in der Luft vor sich 
gehenden, gleich nachher zu besprechenden atmosphärischen Bewegungszustände. 
Wenn der Luftdruck hoch ist, so geht die Abnahme in einer natürlich stark wech 
selnden Höhe in ihr Gegenteil, in eine Zunahme über; wir sprechen von einer Tem 
peraturumkehr oder Inversion. Für Gebirge ist eine solche in der Winterszeit 
längst bekannt gewesen, und Hann hat sie auf die Stagnation der den Bergen auf 
ruhenden, von ihnen durchkälteten Luftmassen zurückgeführt. Daß sie indessen 
auch der freien Atmosphäre nicht fremd ist, wurde in neuerer Zeit durch Ballon 
aufstiege ganz außer Zweifel gestellt. Auch verbleibt es vielfach nicht bei einer 
einzigen Inversion. Bei den aerologischen Beobachtungen z.B., welche die holländische 
Station Suesterberg im Jahre 1914 ausführen ließ, ist eine doppelte Inversion 
beinahe die Regel. Isotherme Schichten, für deren ganze Mächtigkeit die Temperatur 
die gleiche bleibt, sind in der Troposphäre seltener, in der Stratosphäre häufiger. 
Von den Hilfsmitteln, die zu diesen Aufschlüssen bereits verhalten und jedenfalls 
in noch weit höherem Grade verhelfen werden, wenn aerologische Institute nach 
Art des von Aßmann und Hergesell in Lindenberg (südöstlich von Berlin) geschaffe 
nen sich mehren, wird weiter unten zu handeln sein. 
In der Atmosphäre betätigen sich Wellenbewegungen aller Art: Schall, 
Licht und Elektrizität. Was den ersteren betrifft, so hat der gegenwärtige Krieg 
noch weit mehr als Waffengänge der Vergangenheit dazu Anlaß gegeben, akustische 
Studien zu machen. Gewisse dumpfe Detonationen, die man lange Zeit als atmo 
sphärisch verursacht ansehen wollte, und für die man, weil sie angeblich im Nebel 
am häufigsten sich einstellten, das holländische Wort Mistpoeffers annahm, könnten 
leicht zu Verwechselungen mit fernem Kanonendonner Anlaß geben, wie es denn 
auch schon wiederholt vorgekommen ist. Es wird jedoch immer wahrscheinlicher, 
daß da seismische Geräusche vorhegen, die man besser Bodenknalle nennt. Wichtig 
sind, wie übrigens auch schon 1870 und in den Befreiungskriegen, die Untersuchungen 
über dieHörbarkeit artilleristischerWirkungen geworden. Man weiß, daß am 6.August 
1870 bei Spichern französische und preußische Truppen nicht der üblichen Regel 
des Marschierer ,,au bruit du canon“ Folge leisten konnten, weil eben an ihrem 
Standorte dieser Lärm überhaupt nicht vernehmbar w’ar. Ebenso sahen die Bayern 
am 1. Dezember zwar den ganzen Himmel über Villepion mit den bekannten weißen 
Schrapnellwölkchen bedeckt, ohne aber in einer Entfernung von etwa einer Stunde 
den Donner selbst zu hören. Auch der Schreiber dieser Zeilen erinnert sich an 
ähnliches bei dem Treffen von Plessis-Piquet am 19. September. Weiter abwärts 
war dann wieder weit mehr zu vernehmen. Der neueste Krieg hat eine erheblich 
größere Zahl von zuverlässigen Feststellungen dieser Art geliefert, indem namentlich 
die Belagerungen von Antwerpen und Verdun ein reiches Material an die Hand 
gaben. Eine ganze Reihe von Forschern, unter denen wir vorzugsweise den Deutschen 
Meinardus und den Niederländer van Everdingen nennen wollen, hat sich mit dem
	        
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